Wien (bmlfuw/aiz) - Die österreichische Weinernte dürfte heuer deutlich über dem Vorjahresniveau
(2,63 Mio. hl) liegen. Die jüngsten Vorschätzungen der Statistik Austria belaufen sich auf 2,84 Mio.
hl, die Menge könnte letztendlich aber aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre auch bei gut 3 Mio.
hl liegen. Dies berichtete der Präsident des Österreichischen Weinbauverbandes, Josef Pleil, am Abend
des 04.11. bei der Delegiertenversammlung in Wien. Die Qualität habe sich - verschiedenen Befürchtungen
zum Trotz - zum Guten gewendet, 2008 könnte "ein großartiger Jahrgang" werden, so Pleil.
Aufgrund der sich abzeichnenden Mengenzuwächse werde heuer die 1992 eingeführte und bisher praktisch
kaum relevante Hektarertrags-Beschränkung (6.750 Liter maximal pro ha) einige Regionen treffen, erklärte
der Präsident. Dies sei aber "kein Grund zur Panik". Man solle die bisherige Qualitätswein-Strategie
fortsetzen und diese Ertragsregelung umsetzen, unterstrich Pleil. Es werde auch heuer einen Markt für Tafelwein
geben.
Weinbestand auf sehr niedrigem Niveau
Wie der Präsident in seinem Bericht weiter ausführte, befindet sich der österreichische
Gesamtweinbestand auf einem sehr niedrigen Niveau, wobei eine Verschiebung vom Weiß- zum Rotwein zu beobachten
ist. Zum Stichtag 31.07.2008 umfasste der Weinbestand 2,7 Mio. hl, wovon 1,4 Mio. hl auf Weißwein und 1,3
Mio. hl auf Rotwein entfielen.
Positive Exportentwicklung fortsetzen
Auf die Außenhandelsentwicklung eingehend, freute sich der Präsident über die Zuwächse auf
der Exportseite. Hier kam es 2007 gegenüber dem Vorjahr zu einem mengenmäßigen Anstieg um 8% auf
55,9 Mio. Liter. Wertmäßig ergab sich jedoch eine Steigerung um 29% auf EUR 105 Mio. "Die Forcierung
der höherwertigen Flaschenweinexporte zulasten des Fassweines hat sich hier ausgewirkt. Der Exporterlös
pro Liter hat kontinuierlich auf EUR 1,88 zugenommen. Dazu hat auch die Arbeit der ÖWM wesentlich beigetragen",
unterstrich Pleil. Auf der Importseite stieg 2007 die Menge um 7% auf knapp 75 Mio. Liter und der Wert um 8,5%
auf EUR 167 Mio.
Weinmarktreform umsetzen
Ab dem kommenden Jahr werde den heimischen Winzern die Umsetzung der reformierten EU-Weinmarktordnung ins Haus
stehen, erinnerte der Präsident an den Beschluss des EU-Kompromisses Ende 2007 und die Verlautbarung der Durchführungsverordnung
im Juni dieses Jahres. Die ursprünglichen Reformvorschläge hätten "zahlreiche Grauslichkeiten"
enthalten, davon habe man allerdings viel auf dem Verhandlungswege beseitigt, so Pleil. Es sei beispielsweise gelungen,
die ursprünglichen Weingarten-Rodungspläne von 400.000 auf 175.000 ha zu verringern. Mittlerweile seien
bereits 160.000 ha Rodungsfläche beantragt, das Kontingent dafür wäre also nahezu ausgeschöpft.
Aufgrund der knappen Budgetverfügbarkeit sei daher ein Kürzungsfaktor von 54% fixiert worden. In Österreich
seien 579 ha für Rodungen angemeldet, was insgesamt keine größeren Probleme bringen dürfte.
"Bevorzugt werden bei den Rodungen Betriebe, die ihre gesamte Weinbaufläche roden, also komplett aussteigen,
oder wo der Betriebsinhaber mindestens 55 Jahre alt ist. Die anderen Betriebe müssen wir derzeit auf das Folgejahr
vertrösten", erläuterte der Präsident.
Nationales Stützungsprogramm bietet Chancen für innovative Winzer
Große Bedeutung im Zuge der Reform-Umsetzung hat laut Pleil das neue nationale Stützungsprogramm. In
Österreich geht es dabei, erstens, um die Umstrukturierung im Weinbau. Hier sind die Fördersätze
im Schnitt deutlich angehoben worden, neu ist etwa die Unterstützung für den Ankauf von Schutznetzen
gegen Hagel oder Vogelfraß. Anträge für das laufende Wirtschaftsjahr können bereits gestellt
werden. Zweiter Schwerpunkt ist die Förderung von Investitionen in die Verarbeitung und Vermarktung. Neu ist
hier unter anderem, dass die Förderintensität 40% der Nettokosten umfasst. Zu den unterstützten
Maßnahmen gehören beispielsweise Investitionen in die Rotweinverarbeitung, in Flaschenabfüllanlagen
oder die Einrichtung von Verkaufs- und Repräsentationsräumlichkeiten. In diesem Bereich wird die Umsetzung
noch verzögert, weil die Abgrenzung dieser Maßnahme zur Ländlichen Entwicklung noch mit der EU-Kommission
ausgehandelt werden muss.
Der dritte Schwerpunkt umfasst Absatzförderungsmaßnahmen auf Drittlandmärkten. Dafür eingereichte
Programme werden vom Nationalen Weinkomitee auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft und können zu 50% gefördert
werden. Das Budget für den nationalen Finanzrahmen beträgt im kommenden Jahr EUR 8 Mio. und steigt bis
zum Jahr 2014 auf EUR 13,7 Mio.
Die Weinmarktreform regelt auch (ab August 2009) die önologischen Verfahren. Pleil informierte in diesem Zusammenhang
darüber, dass die Kompetenz für Anreicherung, Säuerung und Entsäuerung wie bisher beim Agrarrat
verbleibt, sonstige Verfahren sollen im Verwaltungsausschuss geregelt werden. Die Anreicherung mit Saccharose bleibt
weiter zulässig, die Spannen dafür werden allerdings gesenkt (in Österreich von derzeit 2,5 auf
2 Volumprozent beziehungsweise von 1 auf 0,5% für die zusätzliche Anreicherung bei schlechter Witterung).
Bezeichnung "Tafelwein" wird abgeschafft
Wenig Freude hat Pleil mit den neuen EU-Qualitätskategorien. Ab August 2009 wird bekanntlich die Bezeichnung
"Tafelwein" abgeschafft, es handelt sich dann um "Wein" ohne Herkunftsbezeichnung. Weine mit
Herkunftsangabe werden unterteilt in solche mit Angabe des Ursprungs oder mit geografischer Angabe. Begriffe wie
"Qualitätswein" und "Landwein" können national weitergeführt werden. Problematisch
aus österreichischer Sicht ist, dass künftig auch für Wein ohne Herkunft (bisher: Tafelwein) Sorten-
und Jahrgangsangaben zulässig sind, wenn die Mitgliedstaaten entsprechende Kontrollverfahren erlassen (bestimmte
Rebsorten können im Hinblick auf Marktstörungen ausgenommen werden). "Wir müssen es schaffen,
dass wir nicht guten österreichischen Qualitätswein zugunsten eines sortenbezeichneten Tafelweines zu
Grabe tragen", gab Pleil die Zielrichtung vor. Darüber hinaus sollte das System der Pflanzrechte (das
national bis 2018 weitergeführt werden kann) beibehalten werden, so der Präsident. Positiv sei, dass
Branchenorganisationen (Nationales Komitee) durch die Weinmarktreform weiter gestärkt werden. |