Fünf Zentimeter großes Bernsteinstück aus der Kreidezeit zeigt ungewöhnliche
fossile Gemeinschaft
Göttingen (idw) - Erstmals haben Wissenschaftler mikroskopische Bernsteineinschlüsse von
Meeresbewohnern gefunden. Zu den aus der Kreidezeit stammenden marinen Mikroorganismen gehören unter anderem
zahlreiche Arten von Algen. Zusammen mit einer Vielzahl weiterer Einschlüsse, darunter waldbewohnende Insekten,
Pflanzenreste sowie winzige Federn von Dinosauriern oder Vögeln, bilden sie die "wohl ungewöhnlichste
Gemeinschaft, die jemals in einem Bernsteinstück entdeckt wurde", betont Dr. Alexander Schmidt. Der Paläontologe
von der Universität Göttingen hat den Bernsteinfund aus Südwestfrankreich mit französischen
Kollegen untersucht. Die Ergebnisse werden heute in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht.
Die kreidezeitlichen Bernsteinwälder Frankreichs wuchsen direkt an der Küste des vor etwa 100 Millionen
Jahren noch jungen Atlantiks. Es waren Mischwälder, die von Nadelholzgewächsen wie Araukarien dominiert
wurden. Wie Dr. Schmidt erläutert, wurden mikroskopisch kleine Schalen und Stacheln der Meeresbewohner wahrscheinlich
durch Wind oder Gischt vom Strand her in die nahen Küstenwälder getragen. Dort kamen sie mit flüssigem
Harz in Kontakt. Zusammen mit Insekten und anderen Organismen wurden sie in den fossil gewordenen Baumharzen eingeschlossen.
Als einer der ersten Wissenschaftler hat Dr. Schmidt Mikroeinschlüsse in Bernsteinen zum Gegenstand der geobiologischen
Forschung gemacht.
Unter den mikroskopisch kleinen Inklusen fanden die Wissenschaftler Kieselalgen und Foraminiferen - das sind schalentragende
Amöben - sowie Schwammnadeln und Strahlentierchen. Erhalten wurde auch der Stachel einer Seeigellarve. Bei
den Insekten identifizierte das Forscherteam rund 80 verschiedene Arten in dem nur fünf Zentimeter großen
Bernsteinstück, das für die Detailuntersuchungen in 30 Scheiben zersägt wurde. "Diese Organismen
bieten heute wertvolle Einblicke in die Lebenswelt vergangener Erdzeitalter", sagt Dr. Schmidt. Der Wissenschaftler
beschäftigt sich im Courant Forschungszentrum Geobiologie der Universität Göttingen mit der Landpflanzenevolution
und der Entwicklung terrestrischer Ökosysteme.
Originalveröffentlichung: Girard, V., Schmidt, A. R., Saint-Martin, S., Struwe, S., Perrichot,
V., Saint Martin, J.-P., Grosheny, D., Breton, G. & Néraudeau, D. 2008. Evidence for marine microfossils
from amber. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 105, 17426-17429. |