Regierungsverhandlungen abgeschlossen  

erstellt am
24. 11. 08

SPÖ-Chef Werner Faymann und der gf. ÖVP-Bundesparteiobmann Josef Pröll
verkünden gemeinsam die Einigung auf eine große Koalition. Foto: Jakob Glaser

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 Faymann: Konsequent, gemeinsam und engagiert für Österreich arbeiten
Ausgaben von 5 Milliarden vereinbart, um Konjunktur anzukurbeln und negativen Tendenzen entgegenzuwirken
Wien (sk) - "Es gibt aus meiner Sicht nur einen Gewinner: Das ist die Glaubwürdigkeit in die Politik, daß wir beide behaupten können, wenn wir uns das Regierungsprogramm ansehen, wir werden nach der Wahl das erfüllen können was wir vor der Wahl versprochen haben", so SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann im Rahmen eines gemeinsamen Pressestatements mit dem designierten ÖVP-Vorsitzenden Josef Pröll am Abend des 23.11. anlässlich des Abschlusses der Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP. Eine Regierung sei eine Form der Partnerschaft, die zwar nicht die Unterschiede der Parteien verleugne, die aber Entschlossenheit zeige, im gemeinsamen Weg für Österreich. "Daher gibt es aus meiner Sicht keine Verlierer, sondern als Gewinn etwas, was der Politik dringend nottut - Glaubwürdigkeit bei den Wählerinnen und Wählern. Daß zwei Parteien, die das Beste für das Land wollen, in der Lage sind, konsequent, gemeinsam und engagiert zu arbeiten", unterstrich Faymann.

"Wir haben in sehr intensiven Verhandlungen, nachdem ich den Auftrag vom Bundespräsidenten zur Bildung einer Bundesregierung erhalten habe, keine Zeit verstreichen lassen, um uns klarzuwerden, ob wir in der Lage sind, eine gemeinsame Regierung zu bilden, die sich von den letzten 20 Monaten unterscheiden soll", bemerkte Faymann. Die neue Regierung solle sich durch Teamgeist, gute Zusammenarbeit und intensiven Einsatz dafür, daß Österreich von den Auswirkungen der Finanzkrise erspart bleibe, auszeichnen. Man habe es sich nicht leicht gemacht, so Faymann, vor allem in Fragen der Konjunkturbelebung, der Verhinderung der Arbeitslosigkeit und dem Vorziehen der Steuerreform, um vor allem jene zu entlasten, die zwischen 1.200 Euro und 4.000 Euro verdienen. Aber man wolle auch Maßnahmen für alle anderen setzen, um die Wirtschaft und Beschäftigung anzukurbeln "und um das zu tun, was man sich von einer Regierung erwartet, nämlich für das Land zu arbeiten".

Faymann führte aus, daß man Ausgaben von mehr als fünf Milliarden Euro vereinbart habe, um das Wachstums anzukurbeln und international negativen Tendenzen entgegenzuwirken. Diese betreffen die unterschiedlichsten Bereiche wie etwa direkte Investitionen, Banken, kleinere und mittlere Unternehmen aber auch den Forschungs- und Bildungsbereich. Wer soviel an Investitionen vereinbare, so Faymann, müsse auch über Sparmaßnahmen nachdenken, deshalb sei es nötig, die Vorschläge des Rechnungshofes und auch die eigenen Einsparungsvorschläge genauso konsequent umzusetzen wie die geplanten Investitionen.

Zum Thema der EU-Volksabstimmung bemerkte Faymann, daß man beschlossen habe, einander in den Regierungsverhandlungen nicht zu überfordern. Deshalb habe man festgelegt, daß man einander nicht überstimmen werde, dies gelte nicht nur für den Themenbereich Europa, sondern für alle Bereiche. "Würde es zu einer Überstimmung kommen, dann würde dies Neuwahlen auslösen", so Faymann. Seiner Meinung nach bestehe noch genügend Zeit, die Standpunkte zum Thema Europa zu klären, daß es möglich sein werde den Koalitionspartner zu überzeugen.

Verbessern wolle man auch die Abläufe in der Regierung. Man habe vor, die Koordination auf verschiedenen Ebenen anzusiedeln, so Faymann, aber es werde auch an ihm und Josef Pröll liegen, für eine gute Zusammenarbeit zu sorgen. Des Weiteren plane man, nicht nur in Wien, sondern auch in den Bundesländern Regierungssitzungen abzuhalten, denn man wolle keine Bundesregierung sein, die man nur dadurch kennen lerne, wenn es einen neuen Streit gebe. Der SPÖ-Vorsitzende betonte, daß es keine "Glaswand" zwischen der Regierung und der Bevölkerung geben dürfe, man müsse der Bevölkerung zeigen, daß man in Zeiten der Krise zusammenstehe.

 

 Pröll: Bewältigung der Wirtschaftskrise ist anspruchsvollstes Regierungsprojekt
Krise meistern, Wirtschaft stärken und den Menschen helfen
Wien (övp-pd) - "Nach fünf Wochen harter Verhandlungen haben wir einen Boden für fünf Jahre gute Arbeit gelegt", so der gf. ÖVP-Bundesparteiobmann Josef Pröll zur Einigung von ÖVP und SPÖ auf ein Regierungsprogramm. "Das gemeinsame Ziel heißt Österreich", so Pröll, der darauf verwies, daß es gerade in diesen schwierigen Zeiten eine Regierung brauche, "die auf der Höhe der Zeit die richtigen Antworten geben kann". Die neue Bundesregierung stehe vor der Bewältigung einer Wirtschaftskrise, wie das Land sie noch nicht gesehen habe. "Das ist das anspruchsvollste Projekt, das wir gemeinsam anzugehen haben." Die ÖVP werde sich mit der Verantwortung für die Kernressorts Finanzen, Wirtschaft und Außenpolitik auf die Bewältigung dieser großen Krise konzentrieren. "Die Grundlagen sind gelegt, die Arbeit beginnt erst", betonte Pröll.

Es gelte jetzt, die Krise zu meistern, die Wirtschaft zu stärken und den Menschen zu helfen. "Zu all diesen drei großen Bereichen haben wir im Regierungsübereinkommen auch die entsprechenden Antworten gegeben", so Pröll.

Pröll skizzierte die Ecksteine der neuen Bundesregierung: Erstens gelte es die Wirtschaft - und gerade Klein- und Mittelbetriebe - mit Konjunkturpaketen und konjunkturbelebenden Maßnahmen zu stärken. Zweitens gehe es darum, die Menschen zu entlasten, die täglich hart und fleißig arbeiten. "Daher ist eine der größten Steuerreformen Österreichs ein Signal dafür, die Kaufkraft zu stärken. Mit dem Vorziehen der Steuerreform geben wir den Haushalten Geld. Zum dritten sei das Familienpaket mit 900 Millionen Euro eines der größten Pakete, das die Regierung für Kinder und Familien in Österreich umsetzen werde. Außerdem werde es eine Sicherheitsoffensive geben, "damit sich die Menschen auch in Zukunft sicher fühlen können", so der gf. ÖVP-Bundesparteiobmann.

Pröll weiter: "Es ist wichtig, Geld zu platzieren und den Menschen, der Wirtschaft und der Konjunkturbelebung zu helfen. Man darf aber trotzdem gerade in diesem Moment das Prinzip des ordentlichen Haushaltens nicht über Bord werfen." Pröll bezeichnete es als "große Herausforderung für die Regierung, diesen Bogen zu spannen".

"Die ÖVP will diesen konstruktiven Weg einschlagen, Österreich energisch und zielgerichtet gemeinsam regieren. Es wird auch Klippen geben, wo es nicht so einfach werden wird", fügte Pröll an, aber ergänzte: "Der Wille ist insgesamt da." Das Regierungsübereinkommen könne sich im internationalen Wettbewerb jedenfalls sehen lassen.

In der EU-Frage haben man sich "aufeinander zubewegt", so Pröll. "Es gibt ein gemeinsames klares Bekenntnis zur Weiterentwicklung der EU, zu einer starken Stellung Österreichs in der EU. Eine starke Teilnahme ist sicher gestellt. Zum zweiten sei gesichert, daß es gegen den Willen der ÖVP keine Volksabstimmung geben kann. "Das ist ein Weg, den wir gemeinsam gehen können, der auch die Stellung der österreichischen Entwicklung in Europa entsprechend sichern kann", unterstrich Pröll.

Zum weiteren Prozedere sagte Pröll: "Ich gehe morgen mit meinem Vorschlag in den Bundesparteivorstand der Österreichischen Volkspartei, dort werde ich auch meine personellen Vorstellungen skizzieren." Die Angelobung soll nach dem ÖVP-Bundesparteitag Anfang der nächsten Woche stattfinden. Dort werde es selbstverständlich Diskussionen über das Regierungsprogramm geben, aber der Bundesparteitag stehe im Zeichen der Wahl des Bundesparteiobmannes.

Der gf. ÖVP-Bundesparteiobmann abschließend: Für die ÖVP sei klar, daß die Regierungsarbeit gemeinsam aufgenommen werde. "Dabei sollen aber weder Konturen noch Unterschiede verwischt werden, aber die ÖVP wird ihren Beitrag für Österreich leisten."

 

 Strache: Koalition der Verlierer unter Dach und Fach
Stillstand und EU-Hörigkeit werden prolongiert
Wien (fpd) - "Die Koalition der Verlierer ist jetzt also unter Dach und Fach." Mit diesen Worten kommentierte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache die Einigung von SPÖ und ÖVP. Um eine Überraschung handle es sich dabei nicht, die Koalition sei im Grunde ja schon vor den Wahlen ausgepackelt gewesen. Nach ein paar Wochen Theaterdonner seien sich die beiden Busenfreunde Faymann und Pröll nun wie nicht anders zu erwarten in die Arme gefallen.

Der Stillstand werde damit prolongiert, echte Reformen seien von dieser Truppe nicht zu erwarten, meinte Strache weiter. Das Duo Faymann-Pröll werde nicht anders verfahren als das Duo Gusenbauer-Molterer. Gespannt dürfe man auf die Personalentscheidungen bei den Ministerposten sein. Dass die EU-Fanatikerin Ursula Plassnik der neuen Bundesregierung nicht mehr angehöre, sei zwar erfreulich, aber ihr Nachfolger bzw. ihre Nachfolgerin werde sicher genauso wenig Brüssel-kritisch sein wie sie. Die EU-Hörigkeit sei schließlich der verbindende Kitt zwischen SPÖ und ÖVP. Dass im Koalitionspakt die Frage der Volksabstimmungen über EU-Themen ausgeklammert worden sei, zeige überdeutlich, wohin die Reise gehe. Der angebliche "Wandel" der SPÖ in dieser Frage habe sich damit endgültig als Lug und Trug erwiesen.

Angesichts dieses heute geleisteten politischen Offenbarungseids von Rot und Schwarz komme die Arbeit der FPÖ als größter Oppositionspartei nun noch mehr Bedeutung zu. "Wir werden dieser Verlierer-Koalition keine ruhige Minute gönnen", kündigte HC Strache an.

 

 Scheibner: Rot-schwarze Verliererkoalition zum Schaden des Landes!
BZÖ als rechtsliberale, bürgerliche Kraft bessere Alternative für Österreich
Wien (bzö) - "Jetzt ist es fix. In Österreich bildet sich eine rot-schwarze Verliererkoalition ohne Ideen und Reformen zum Schaden der Menschen und des Landes. Rot und Schwarz haben nichts dazugelernt. Die abgewählten Parteien tun sich gegen den Willen der Bevölkerung wieder zusammen. In Wahrheit geht es SPÖ und ÖVP nur um Machterhalt, Posten und Proporz und nicht um die Arbeit für Österreich", stellte der geschäftsführende BZÖ-Obmann Abg. Herbert Scheibner in einer ersten Reaktion auf die von Faymann und Pröll verkündete Koalitionseinigung fest.

Offenbar sei die Einigung jetzt deshalb so rasch erfolgt, um die ÖVP-Funktionäre am Parteitag vor vollendete Tatsachen zu stellen. Damit habe man den vielen Funktionären aus den Bundesländern, die massiv gegen eine rot-schwarze Koalition sind, die Möglichkeit zur Mitbestimmung genommen. "Nicht die Inhalte und die Lösungskompetenz sind für die Koalitionseinigung ausschlaggebend gewesen, sondern die Angst vor dem Widerstand der ÖVP-Delegierten am Parteitag", so Scheibner.

Scheibner sagte, dass die Faymann-Pröll Koalition von vornherein zum Scheitern verurteilt sei. "Streit und Stillstand werden auch diese Große Koalition prägen. Nicht einmal die eigenen Parteifunktionäre wollen die Koalition. Man kann sich daher leicht ausdenken, was die Österreicherinnen und Österreicher in den kommenden Monaten erwartet." Gerade in einer Zeit der Wirtschaftskrise wäre es notwendig, rasch Maßnahmen zu setzen und die Menschen zu entlasten beziehungsweise die Kaufkraft zu stärken. "Der Mittelstand und die klein- und mittelständischen Unternehmen bleiben bei Rot-Schwarz wieder auf der Strecke. Auch längst überfällige Reformen im Gesundheitsbereich sowie Einsparungen in der Verwaltung werden unter der Großen Koalition nicht kommen", bedauert der BZÖ-Chef.

"Das BZÖ wird als rechtsliberale, bürgerliche Kraft einerseits die Verfehlungen der Großen Koalition schonungslos aufzeigen, andererseits als konstruktive Kraft Lösungen und Vorschläge präsentieren. Wir werden in Opposition zeigen, dass wir für Österreich inhaltlich und personell das bessere Angebot haben", so Scheibner abschließend.

 

 Glawischnig: Krisenkoalition statt Krisenlöser
Grünen-Chefin kritisiert visionsloses Programm
Wien (grüne) - "Österreich steckt in einer massiven Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise, die weltweite Klimakrise wird zudem zur Finanzkrise des Landes - milliardenschwere Kyoto-Strafzahlungen sind unabwendbar. Die Koalition, die SPÖ und ÖVP nun geschlossen haben, verspricht aber keine Lösungen, sondern droht selbst zu einer Krise zu werden", konstatiert Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Die Inhalte des Regierungsprogramms - soweit bekannt - seien "mehr Lippenbekenntnisse und Absichtserklärungen als wirkungsvolle, zukunftsweisende Maßnahmenpakete". Einmal mehr verpasste die immer kleiner werdende "große" Koalition die Chance, Österreich auf Zukunftsschienen zu setzen: Statt das Steuersystem zu ökologisieren und den Faktor Arbeit endlich zu entlasten, stehe eine reine Entlastung der Besserverdienenden ins Haus; statt Wirtschafts- mit Umweltpolitik zu verknüpfen und damit neue Arbeitsplätze in neuen Branchen zu schaffen, sei das Thema Klimaschutz ausgespart worden. Glawischnig: "Diese große Koalition ist nicht nur aufgrund des Wahlergebnisses eine Miniaturausgabe, auch das Programm ist höchstens ein Programmchen." Umso mehr ist die Grüne Klubobfrau entschlossen, mit der neuen Stärke der Opposition alles daran zu setzen, "den Schlendrian der vergangenen zwei Jahre zu Ungunsten Österreichs nicht mehr durchgehen zu lassen. Es kann nicht sein, daß die Bevölkerung wählen mußte, damit zwei schrumpfende Altparteien die Posten neu verteilen können."
 
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