Schlüsselakteure der österreichischen Scientific Community einigen sich auf die Konstruktion
der einzurichtenden Agentur für wissenschaftliche Integrität.
Wien (bmwf) - In einer am 27.11. an der Universität für Bodenkultur abgehaltenen Gründungsversammlung
wurden die Statuten des Trägervereins für die Agentur für wissenschaftliche Integrität beschlossen.
Damit ist die formale Gründung dieser neuen, unabhängigen Institution vollzogen. Die Agentur für
wissenschaftliche Integrität wurde als ein Verein nach dem österreichischen Vereinsgesetz gegründet.
Gründungsmitglieder sind 12 österreichische Universitäten, die Akademie der Wissenschaften sowie
der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF), das I.S.T.-Austria und der FWF.
Bundesminister Johannes Hahn begrüßt die Gründung der Agentur für wissenschaftliche Integrität
und "dankt dem Präsidenten des Wissenschaftsfonds, Christoph Kratky, und seinen 15 Mitstreitern für
die rasche Umsetzung seiner in Alpbach 2008 erhobenen Forderung nach Gründung einer solchen Einrichtung".
"Damit können Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens an Universitäten und Forschungseinrichtungen
an eine unabhängige Kommission delegiert werden, die diese Vorwürfe prüft und wertet.", so
Forschungsminister Hahn weiter und erinnert daran, "dass das Wissenschaftssystem seine Fähigkeit zur
Selbstreinigung somit unter Beweis gestellt hat!"
Ordentliche Mitglieder des Trägervereins können Universitäten und Hochschulen, Forschungsförderungsorganisationen
sowie andere Trägerorganisationen wissenschaftlicher Forschung sein, womit zum Ausdruck kommt, dass die Einrichtung
der Agentur für wissenschaftliche Integrität dem Prinzip "Fähigkeit zur Selbstreinigung"
folgt.
Der Agentur kommt die Aufgabe zu, Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in Österreich auf professionelle
Weise nachzugehen und auf Grundlage der von ihr angestellten Untersuchung zu bewerten. Diese Aufgabe wird durch
ein unabhängiges, mit hochkarätigen WissenschafterInnen aus dem Ausland besetztes Gremium wahrgenommen
werden. Dieses Gremium ist die "Kommission für wissenschaftliche Integrität".
Die Mitglieder der Kommission werden von der Generalversammlung des Vereins auf Vorschlag des österreichischen
Wissenschaftsrats für zwei Jahre bestellt. Insgesamt wird die Kommission aus sechs Personen bestehen, die
die wissenschaftlichen Hauptrichtungen (Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften, Life Sciences, Medizin, Naturwissenschaften
und Technik) abdecken werden. Zusätzlich wird die Kommission über ein beratendes Mitglied mit Kompetenz
im österreichischen Recht verfügen. Im Zuge der Vereinsgründung wurde eine Liste hochrangiger, ausländischer
WissenschafterInnen auf Vorschlag des Wissenschaftsrates beschlossen, die zur Mitarbeit in der Kommission eingeladen
werden.
Die Agentur wird über eine Geschäftsstelle verfügen, die die Kommission bei ihrer Tätigkeit
unterstützen wird. Kernaufgabe der Geschäftsstelle wird es sein, die an die Kommission herangetragenen
Fälle zur Entscheidung vorzubereiten.
Die Agentur für wissenschaftliche Integrität ist weder eine Entscheidungsinstanz noch eine rechtssprechende
Organisationseinheit. Ihr kommt die Aufgabe zu, eine neutrale und sachorientierte Plattform zu bieten, um (vermeintlichen)
Fällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens objektiv auf den Grund gehen zu können. Betroffene Personen
und Institutionen erhalten die Chance, diese neue und unabhängige Ressource zu nutzen, um eine unvoreingenommene,
kompetente Auskunft zu erhalten, wie ein vorgelegter Fall eines allfälligen wissenschaftlichen Fehlverhaltens
zu beurteilen ist. Die normative Kraft der Kommissionsarbeit soll aus der vorbehaltlosen, sachorientierten Prüfung
von Verdachtsfällen resultieren und soll sie zu einer wichtigen Orientierungsgröße für wissenschaftliche
Integrität in Österreich werden lassen.
Die Gründung der Agentur für wissenschaftliche Integrität zeigt exemplarisch, dass Initiativen zur
Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Forschung sehr wohl 'bottom up‘ zustande kommen können.
Voraussetzung dafür ist ein ausgeprägtes Problembewusstsein bei allen Beteiligten und ein Grundkonsens,
dass die Fähigkeit zur Selbstreinigung ein tragfähiges Fundament der Scientific Community ist.
Österreich hatte im Bereich der Bekämpfung wissenschaftlichen Fehlverhaltens deutlich wahrnehmbare Strukturdefizite.
Die nunmehr erfolgte Gründung der Agentur für wissenschaftliche Integrität soll deutliche Verbesserungen
bringen. Seitens der Wissenschaftspolitik wurde der Bedeutung dieses Schrittes durch die Aufnahme in das Anfang
dieser Woche präsentierte Regierungsprogramm entsprochen.
Liste der Institutionen, die an der Gründungsversammlung der Agentur für wissenschaftliche Integrität
teilgenommen haben:
Universität Wien
Medizinische Universität Wien
Medizinische Universität Graz
Universität Salzburg
Technische Universität Graz
Montanuniversität Leoben
Universität für Bodenkultur
Veterinärmedizinische Universität Wien
Wirtschaftsuniversität Wien
Universität für angewandte Kunst Wien
Universität für Musik und darstellende Kunst Graz
Akademie der bildenden Künste Wien
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Wiener Wissenschafts,- Forschungs- und Technologiefonds (WWTF)
I.S.T.-Austria
Vorstand des Trägervereins (in alphabetischer Reihenfolge):
Christoph Badelt (Wirtschaftsuniversität Wien)
Christoph Kratky (FWF, Vorsitzender der Vereins)
Peter Schuster (Österreichische Akademie der Wissenschaften)
Josef Smolle (Medizinische Universität Graz)
Georg Winckler (Universität Wien, Stellvertretender Vorsitzender)
Heribert Wulz (Österreichische Universitätenkonferenz) |