OeNB-Gouverneur: Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten in Österreich
Hauptproblem – Sinkende Inflation lässt EZB Spielraum für weitere Zinssenkung
Wien (pwk) - Fehlende Finanzierungen für langfristige Investitionen sind derzeit das größte
Problem der österreichischen Wirtschaft, sagte OeNB-Gouverneuer Ewald Nowotny am 26.11. vor dem Wirtschaftsparlament
der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). „Was derzeit wirklich zählt, ist die Sicherstellung einer
zusätzlichen Kreditversorgung.“
Trotz Bankenpaket sei derzeit noch kein Euro an konkretem Geld als Eigenkapitalspritze an die Banken geflossen.
Ausschlaggebend dafür ist, dass die Bedingungen für die Inanspruchnahme staatlichen Partizipationskapitals
durch die Banken nicht allein in Österreich geregelt werden, sondern den Sanktus der EU-Kommission erfordern.
„Das dauert leider lang, ich fürchte zu lange“, klagte Nowotny. Rasches Handeln sei gefragt. „Das ist derzeit
unsere Priorität und da müssen wir alle an einem Strang ziehen.“ Nach Unterzeichnung der entsprechenden
Verträge müssten vor allem den Klein- und Mittelbetrieben Kredite zur Verfügung gestellt werden.
Der OeNB-Gouverneur warnte davor, von der Regierung beschlossene Maßnahmen wie die Ausdehnung der Einlagensicherung,
die Bereitstellung von Garantien und von Eigenkapitalspritzen für die Banken als reines „Bankenhilfspaket“
zu sehen. „Das ist ein Wirtschaftshilfspaket, denn es geht darum, dass die Banken ihre wichtigste volkswirtschaftliche
Aufgabe wieder erfüllen können, die Kreditvergabe.“
Eurozone: Schrumpfen der Wirtschaft, aber deutlicher Rückgang der Inflation
Kurzfristig sieht Nowotny keine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. In den vergangenen Wochen hat jede neue
Prognose eine Revision nach unten gebracht. Auch bei der nächsten EZB-Konjunkturprognose, die am 4. Dezember
präsentiert wird, „müssen wir davon ausgehen, dass es eine neuerlich eine Revision nach unten geben wird“,
sagte Nowotny. Für die Europäische Union und speziell die Eurozone sei mit einem Schrumpfen der Wirtschaft
rechnen, allerdings begleitet durch einen deutlichen Rückgang der Inflation auf unter 2 Prozent. „Das heißt
auch, dass die EZB wieder Spielraum hat, um mit den Zinssätzen hinunter zu gehen“, sagte Nowotny.
Kritisch äußerte sich der OeNB-Gouverneur zu jenen negativen Stimmen, die das Osteuropa-Engagement der
österreichischen Unternehmen als Schwäche und zusätzlichen Unsicherheitsfaktor für die österreichische
Wirtschaft darstellen. „Mit Wachstumsraten von 2 bis 3 Prozent ist Mittel- und Osteuropa nach wie vor die dynamischste
Region in Europa.“ Vor allem die neuen EU-Mitglieder aus dieser Region hätten eine stärkere und sicherere
Position, betonte Nowotny. Die österreichische Wirtschaft müsse zeigen, dass das Engagement in Mittel-
und Osteuropa weiterhin positiv gesehen wird und „Österreich auch in schwierigen Zeiten ein verlässlicher
Partner ist“.
Nowotny geht davon aus, dass die verschiedenen Konjunkturpakete, die derzeit beschlossen werden, bis spätestens
Mitte 2009 wirken werden. „Wir befinden uns in schwierigen Zeiten, die eine Herausforderung sind. Aber es ist eine
Herausforderung, vor der man nicht kapitulieren soll. Daran wollen wir gemeinsam arbeiten“, schloss der OeNB-Gouverneur. |