WKÖ-Präsident urgiert vor Wirtschaftsparlament Ausweitung bei Kredit- und Exportgarantien
sowie Investitionsanreize – Lob für Steuersenkung und „Jahressechstel“
Wien (pwk) - „Ja, die Wirtschaft hat ernstzunehmende Probleme. Aber ich warne davor, sich an den
Problemen zu weiden. Vom Schlechtreden wird nichts besser. Wir müssen uns daher an den möglichen Lösungen
orientieren“, verwies Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl in seiner Rede vor dem Wirtschaftsparlament
der WKÖ im Gegensatz den täglichen Negativmeldungen darauf, dass 2007 und 2008 insgesamt 100.000 neue
Arbeitsplätze geschaffen wurden.
Trotz täglicher Negativmeldungen: Gründerboom ungebrochen
Auch die Zahl der Lehrplätze sei auf 131.000 gestiegen und der Gründerboom sei ungebrochen: „Heuer werden
wieder rund 30.000 neue Betriebe gegründet. Das sind umgerechnet 150 Arbeitsplätze täglich. Das
ist ein starkes Zeichen für mehr Optimismus.“ Die Prognosen für 2009 seien nicht erfreulich, so Leitl:
„Daher müssen wir jetzt darauf reagieren, um doch noch zu befriedigenden Ergebnissen zu kommen.“ Derzeit wisse
allerdings niemand, welche Herausforderungen konkret noch bevorstehen: „Wir sind wie bei einer Fahrt im Nebel.
Daher sollten wir nicht jetzt das gesamte Pulver verschießen, sondern uns etwas für neue Probleme aufheben.“
Leitl verwies darauf, dass die Wirtschaftskammerorganisation laut einer aktuellen Umfrage ein sehr großes
Vertrauen in der österreichischen Bevölkerung genießt und sah die Ursache im Bemühen der Wirtschaft,
positive Lösungen in den verschiedensten Bereichen für das Land und seine Bevölkerung zu erreichen.
So würde etwa der Ausbau und die bessere Bezahlung der Postpartner sowohl die Versorgung der BürgerInnen
mit Postdiensten als auch die Stärkung der Nahversorgung sicherstellen.
Verhinderung von Kündigungen: Unternehmen in Kooperation mit öffentlicher Hand
Der WKÖ-Präsident appellierte auch an die Politik, gewisse wichtige Dinge wie etwa die Sicherung des
Wirtschafts- und Arbeitsstandortes als nationales Anliegen zu definieren, bei dem ein nationaler Konsens erforderlich
ist. Dabei wandte er sich gegen „reflexhafte Kritik“ an einem Beschäftigungsmodell, welches Industrie-Präsident
Veit Sorger vorgestellt hatte. Dieser habe vorgeschlagen, dass Betriebe, Arbeitnehmer und öffentliche Hand
etwas beitragen sollten, um Kündigungswellen zu verhindern - das sei ein „guter Anstoß“.
Kreditvergabe an KMU: Investitionsanreize schaffen
Bei den Konjunkturmaßnahmen urgierte der WKÖ-Chef eine Schwerpunktsetzung auf die thermische Sanierung,
die Abschaffung der Kreditvertragsgebühr sowie einen Beteiligungsfreibetrag von 50.000 Euro. Er verwies auf
Aussagen von Banken, wonach sich die Kreditgewährung an die Betriebe in absehbarerer Zeit wieder normalisieren
werde: „In wenigen Wochen sollen und müssen die Euros von den Banken zu den Klein- und Mittelbetrieben wieder
rollen. Zugleich müssen wir aber neben Investitionsanreizen wie etwa einer degressiven Abschreibung auch die
Kredit- bzw. Exportgarantien beim aws, der Hoteltreuhand und der Kontrollbank ausweiten und verbessern. Vordringliches
Ziel muss sein, den Finanzkreislauf für die Realwirtschaft sicherzustellen.“
Jahressechstel-Freibetrag: Selbständige endlich entdiskriminiert
In Bezug auf das Regierungsprogramm begrüßte Leitl neben der vorgezogenen Steuerreform 2009 vor allem
den „Durchbruch beim begünstigten Jahressechstel auch für Selbständige ab 2010“. Mit dem Jahressechstel-Freibetrag
von 13 Prozent statt der „bürokratischen Totgeburt“ der Begünstigung nicht entnommener Gewinne sei ein
Ende der Steuerdiskriminierung für Selbständige endlich in Sicht und werde bei den kleinen Betrieben
eine Substanzbildung in schwierigen Zeiten ermöglicht. Sehr positiv sei neben der seit langer Zeit verlangten
steuerlichen Absetzbarkeit von Betreuungskosten auch die mit zwei mal 25 Millionen Euro dotierte Internationalisierungsoffensive,
so Leitl: „Wir werden unsere Außenwirtschaftsaktivitäten ausbauen, wir werden versuchen, die Auftragsbücher
wieder aufzufüllen und wir werden versuchen, uns vom kleiner werdenden Kuchen ein größeres Stück
abzuschneiden.“
Nicht zuletzt sei positiv, was nicht im Koalitionspakt stehe: keine Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer,
keine Vermögenssteuer, keine Erhöhung der Lohnnebenkosten. Schmerzhaft sei allerdings, dass die notwendigen
Strukturreformen wie etwa eine Verfassungs- und Verwaltungsreform eher unkonkret erwähnt sind. Leitl bekannte
sich aber zu einer Finanztransaktionssteuer, damit könne der EU-Haushalt finanziert werden. |