Karlsruhe (idw) - Die Chancen und Grenzen der Elektromobilität aus Sicht des Energieverbrauchs analysieren
Studien des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Zwei Szenarien zeigen auf, wie
sich die Flottenstruktur in der Automobilbranche durch Elektrofahrzeuge und der damit verbundene Energiebedarf
bis 2050 entwickeln könnten. Laut dem Fraunhofer ISI beeinflussen Antriebssystem, Batterie und CO2-Grenzwerte
die Flottenstruktur.
Angesichts steigender CO2-Emissionen durch Verbrennung von Diesel- und Benzinkraftstoffen und knapper werdender
fossiler Energieressourcen sind im Automobilbau innovative Antriebssysteme von zentraler ökologischer wie
ökonomischer Bedeutung. Fahrzeuge mit Elektroantrieb spielen deshalb für die Zukunft der mobilen Gesellschaft
eine entscheidende Rolle. Technisch betrachtet sind für die Verbreitung der Akkus die Parameter Reichweite,
Ladezeiten und Lebensdauer entscheidend. Im weltweiten Wettbewerb entscheiden darüber hinaus die Kosten und
die klimapolitischen Faktoren über den Erfolg alternativer Antriebssysteme.
"Elektromobilität eröffnet für deutsche Autobauer wie für Energieversorger viel versprechende
Chancen. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilwirtschaft hängt mehr denn je von der Leistungsfähigkeit,
den Kosten für Schlüsseltechnologien sowie der Kooperation der Akteure in For-schung, Wirtschaft und
Politik ab", sagt Univ.-Prof. Dr. Marion Weissenberger-Eibl, Institutsleiterin des Fraunhofer ISI. Vor diesem
Hintergrund haben Fraunhofer-Forscher die wesentlichen Parameter in einer Wirtschaftlichkeitsanalyse identifiziert
und zwei alternative Szenarien für Elektromobilität in Deutschland entwickelt. Die Basisparameter sind:
die Entwicklung der Kosten für Batterie und An-triebstrang sowie die Spanne zwischen Strompreis und konventionellen
Kraftstoffen unter Einbezug der Steuerbelastung.
Das so genannte Dominanz-Marktszenario nimmt als optimistische Alternative den fast vollständigen Ersatz des
konventionellen Fuhrparks von mindestens 45 Millionen Autos durch Plug-in-Hybrid- und Elektro-Fahrzeuge in Deutschland
bis 2050 an. Demzufolge würde der hierdurch notwendige Energiebedarf bei jährlich 70 bis 90 Terawattstunden
(TWh) liegen. Ausgedrückt in der Kapazität eines Kohlekraftwerks mittlerer Größe müssten
hierfür acht Kraftwerke bereitgestellt werden. Wenn der Strom wie politisch festgelegt aus erneuerbaren Quellen
stammt, beträgt die Gesamtemissionsbilanz nur etwa 10 g CO2 pro gefahren Kilometer - zum Vergleich: Die Emissionen
erdölbasierter Fahrzeuge einschließlich der Vorkette der Energieproduktion liegen heute bei knapp 200
g CO2.
In einem heute realistischer erscheinenden Pluralismus-Szenario stellt die Elektromobilität eine von mehreren
Lösungen dar. Hierbei gehen die ISI-Experten von einer Diversifikation an Kraftstoffen und Antriebssystemen
aus. Den Studien nach werden sich diese primär in den Märkten durchsetzen, in denen ihre spezifischen
Vorteile genutzt werden: beispielsweise kleine Fahrzeuge für den innerstädtischen Verkehr, Elektroroller
oder Leichttransporter für den innerstädtischen Lieferverkehr. Hierbei schätzt das ISI die Nachfrage
auf etwa acht Millionen Elektro- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge bis zum Jahr 2050, das entspricht 17% des heutigen
Fahr-zeugbestandes. Der Energiebedarf hierfür: 10 bis 15 TWh. Diese zusätzlich notwendige Strommenge
stellt keine besondere Anforderung an den Bau von Kraftwerken dar.
"Die Elektromobilität weist aufgrund ihrer deutlich höheren Energieeffizienz wesentliche Vorteile
gegenüber anderen individuellen Mobilitätslösungen auf und trägt zu einer nachhaltigen Entwicklung
bei. Selbst beim aktuellen Strommix ergibt sich eine positive CO2-Bilanz, die sich durch stärkere Marktdurchdringung
von erneuerbaren Energien sowie intelligente Lastverlagerung noch weiter verbessern könnte", erläutert
Prof. Martin Wietschel, Leiter des Geschäftsfeldes Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI. "Wie schnell
sich die Flottenstruktur wandelt, hängt zum einen von der Entwicklung der technischen Parameter ab. Zum anderen
entscheiden darüber die Öl- und Batteriepreise, die Kundenakzeptanz sowie insbesondere die klimapolitischen
Instrumentarien wie Steuern und Emissi- onsgrenzwerte", so Wietschel.
Der Hintergrund: Derzeit wird die Zukunft der Elektromobilität in Flottenversuchen tiefergehend analy-siert.
Im Juni dieses Jahres ist der Flottenversuch Elektromobilität angelaufen. Ein von der Bundesre- gierung gefördertes
Forschungskonsortium aus Volkswagen, E.ON, den Batterietechnologieanbietern GAIA und Evonik / Li-Tec sowie Forschungspartnern
wie Fraunhofer, dem Heidelberger Ifeu, dem Institut für Verkehrsforschung des DLR, der Rheinisch-Westfälische
Technische Hochschule Aachen sowie der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster soll die Potenziale
von Plugin-Hybrid- und Elektrofahrzeugen und den effizienten Einsatz erneuerbarer Energien im Verkehr erforschen.
Auch die Daimler AG und die RWE AG entwickeln im E -Mobility-Projekt alternative Antriebssysteme. |