Asyl- und Fremdenwesen  

erstellt am
10. 12. 08

 Fekter: Neuregelung des Humanitären Aufenthalts
"Die Änderung des Asylgesetzes 2005 ist notwendig geworden aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2008
Wien (bmi) - Innenministerin Dr. Maria Fekter präsentierte am 10.12. im Innenministerium in Wien den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über einen Beirat des Landeshauptmannes zur Beratung in Fällen besonderen Interesses erlassen wird.

"Die Änderung des Asylgesetzes 2005 ist notwendig geworden aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2008. Im Regierungsprogramm ist die Neuregelung des Humanitären Aufenthaltes vereinbart worden", sagte Innenministerin Fekter. Der Begutachtungsentwurf befindet sich seit 10. Dezember 2008 in Begutachtung, die Begutachtungsfrist endet am 9. Jänner 2009. Der Begutachtungsentwurf ist auf der Homepage des Bundesministeriums ersichtlich (siehe Link).

Ziel dieser Neuregelung:

  • Es soll zu keinen neuerlichen, zusätzlichen Verfahren und Instanzenzügen kommen, die wiederum zur Verlängerung des Aufenthaltes und zu einer Verzögerung der Verfahren führen
  • Rechtliche Klarstellung ob das Recht auf Asyl oder Subsidiären Schutz oder Humanitäre Gründe vorliegen, die einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich begründen
  • Unter Berücksichtung der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes werden humanitäre Gründe, wie etwa die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration oder die Dauer des Aufenthaltes in die bestehenden Verfahren integriert und geprüft
  • Zur Vermeidung von humanitären Härtefällen wird die Möglichkeit der Einrichtung eines Beirates in den Bundesländern und die Übernahme von Patenschaften geschaffen
  • Durch diese Patenschaften soll eine Belastung des Staates und somit der Steuerzahler vermieden werden


Es bedarf dazu Änderungen im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Asylgesetz und Fremdenpolizeigesetz. Zudem wird ein Bundesgesetz über einen Beirat des Landeshauptmannes zur Beratung in Fällen besonderen Interesses erlassen.

Künftig müssen die humanitären Gründe bereits im jeweiligen Verfahren angegeben werden und werden direkt im jeweiligen Verfahren mitgeprüft. Dazu werden jene Prüfkriterien, die der VfGH festgelegt hat explizit in den Gesetzen verankert.

Die berücksichtungswürdigen Kriterien für die Behörden sind:

  1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war oder durch offenkundig aussichtlose oder unzulässige Anträge ermöglicht wurde;
  2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität;
  3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
  4. der Grad der Integration, wie die Intensität der familiären und privaten Bindungen, die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Teilnahme am sozialen Leben, die Beschäftigung und ähnliche Umstände;
  5. die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;
  6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
  7. Verstöße gegen das Asyl- und Fremdenrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung;
  8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

Bei Vorliegen eines Aufenthalts- oder Rückkehrverbotes ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels jedenfalls ausgeschlossen.


Die Gesetzesänderungen im Überblick

Änderungen im Asylgesetz:
Die Asylbehörde prüft künftig neben den Gründen für das Recht auf Asyl oder Subsidiären Schutz ebenso die festgelegten humanitären Kriterien. Liegt kein Recht auf Asyl oder subsidiären Schutz vor, aber humanitären Gründe, dann erteilt die zuständige Aufenthaltsbehörde einen Aufenthaltstitel. Liegen keine humanitären Gründe vor, erfolgt auch keine neuerliche Prüfung durch die Aufenthaltsbehörde.

Beispiel: Nach einem abgeschlossenen, negativen Asylverfahren kann der Aufenthalt in Österreich nicht dadurch verlängert werden, indem ein Antrag auf neuerliche Prüfung der humanitären Gründe bei der Aufenthaltsbehörde gestellt wird. Die humanitären Gründe werden künftig direkt im Asylverfahren mitgeprüft.

Änderungen im Fremdenpolizeigesetz:
Analog zu den Regelungen im Asylgesetz werden die humanitären Kriterien im Zuge eines Ausweisungsverfahrens mitgeprüft. Ist aufgrund der humanitären Kriterien eine Ausweisung nicht zulässig, dann erteilt die zuständige Aufenthaltsbehörde einen Aufenthaltstitel. Liegen keine humanitären Gründe vor, erfolgt auch keine neuerliche Prüfung durch die Aufenthaltsbehörde.

Beispiel: Ein illegal Aufhältiger wird in Österreich von der Fremdenpolizei aufgegriffen, ein Ausweisungsverfahren wird eingeleitet, in welchem das eventuelle Vorliegen humanitärer Kriterien mitgeprüft wird. Liegen diese nicht vor, werden aufenthaltsbeendende Maßnahmen gesetzt.

Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz:
Das Zustimmungsrecht des Innenministeriums wird durch eine Mitteilungspflicht der Aufenthaltsbehörden ersetzt. Wenn wesentliche Voraussetzungen nicht erfüllt werden kann die Erteilung eines Aufenthaltstitels als nichtig erklärt werden.

In Zukunft wird es keine amtswegige Erteilung von Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen mehr geben. Die bisherigen Regelungen entfallen. Stattdessen werden die humanitären Gründe bei jedem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels von der zuständigen Aufenthaltsbehörde mitgeprüft. Liegen humanitäre Gründe vor ist der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen.

Beispiel: Eine rechtmäßig in Österreich aufhältige Person stellt einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Liegen die erforderlichen Erteilungsvoraussetzungen nicht vor, aber die humanitären Kriterien sind erfüllt, so wird ein Aufenthaltstitel erteilt.

Zur Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie wird für Opfer oder Zeugen von Menschenhandel oder für Opfer von Gewalt in der Familie ein eigener Aufenthaltstitel geschaffen. Dazu wurden objektive Kriterien definiert: Anhängiges Strafverfahren wegen Menschenhandels, bestehende zivilrechtliche Ansprüche wie etwa Schadenersatz oder einstweilige Verfügungen bei Gewalt in der Familie.

Bundesgesetz über einen Beirat des Landeshauptmannes zur Beratung in Fällen besonderen Interesses (Beiratsgesetz):
Bei jenen Personen, die zumindest seit 1.1.2003 nachweislich und durchgängig im Bundesgebiet aufhältig sind kann ein Beirat zur Beratung in Fällen besonderen Interesses durch den Landeshauptmann eingerichtet werden. Dieser Beirat besteht aus fünf Mitgliedern, basierend auf Vorschlägen des Landeshauptmanns, des Sicherheitsdirektors, humanitären oder kirchlichen Einrichtungen und des betroffenen Bürgermeisters. Dieser Beirat gibt eine Empfehlung ab, aufgrund derer der Landeshauptmann einen Aufenthaltstitel erteilen kann.

Voraussetzung für die Empfehlung an den Landeshauptmann ist das Vorliegen einer Patenschaft. Diese Patenschaft umfasst jedenfalls eine Haftung für all jene Kosten, die dem Staat und damit dem Steuerzahler durch den Aufenthalt entstehen können, insbesondere betrifft dies Krankenversicherung, Unterhalt und Unterkunft. Dazu ist ein Notariatsakt mit einer Gültigkeitsdauer von zumindest fünf Jahren erforderlich.
Patenschaften übernehmen können etwa Privatpersonen oder Vereine. Wesentliche Voraussetzung dafür ist jedoch, dass diese Personen oder Vereine dafür keine staatlichen Förderungen oder öffentliche Mittel verwenden. Eine mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit darf nicht durch Steuergelder finanziert werden.

Beispiel: Eine Familie, die seit 2002 durchgängig in Österreich aufhältig ist, die humanitären Kriterien aber nicht erfüllt kann durch eine Empfehlung des Beirates und die Übernahme einer Patenschaft einen Aufenthaltstitel erlangen.


 

 Pendl begrüßt Entwurf zur Neuregelung des humanitären Bleiberechts
Entwurf entspricht gemeinsamen Regierungsübereinkommen
Wien (sk) - "Der Entwurf zur Neuregelung des humanitären Bleiberechts entspricht dem, was SPÖ und ÖVP im Regierungsübereinkommen ausgemacht haben", begrüßte SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl den von Innenministerin Maria Fekter präsentierten Begutachtungsentwurf. Er betonte dabei, dass es interessant sein werde, wie die betreffenden Stellen im Rahmen der Begutachtung reagieren und erwartet eine spannende und breite Diskussion. "Wir werden uns die Vorschläge zur Neuregelung genau ansehen und die guten sicherlich berücksichtigen", so Pendl am Mittwoch gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Als wichtig und positiv wertete der SPÖ-Sicherheitssprecher auch, dass neue Fälle sofort im Rahmen des Asylverfahrens geprüft und damit auch rasch Entscheidungen getroffen werden können.

 

 Strache: Rot-schwarze Erhöhung der Niederlassungsquote ist unverantwortlich und empörend!
SPÖ und ÖVP nehmen kaltlächelnd Verschärfungen am heimischen Arbeitsmarkt in Kauf
Wien (bmi) - "Die Regierung erhöht die Quote für die Niederlassungsbewilligungen und setzt damit die unverantwortliche Massenarbeitszuwanderung nach Österreich fort", zeigt sich FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache nach dem Hauptausschuss im Parlament empört. Nach heftigen Debatten hätten die Freiheitlichen selbstverständlich gegen diese unverantwortliche Erhöhung gestimmt.

"Laut Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist die Einwanderung in unser Sozialsystem durch Familiennachzug kein Grund- und Menschenrecht", betont der FPÖ-Chef und weist darauf hin, dass in den letzten Jahren durch die rot-schwarze Zuwanderungspolitik nicht nur Parallelgesellschaften, sondern sogar bereits Gegengesellschaften entstanden seien, wo man spätestens jetzt gegensteuern müsse.

Strache, der bereits in der Vergangenheit und auch im heutigen Ausschuss wiederholt darauf aufmerksam machte, dass es weder ein Grund- noch ein Menschenrecht auf Familiennachzug gebe, wirft der rot-schwarzen Bundesregierung und speziell Innenministerin Fekter vor, sich in ihren Begründungen zur Niederlassungsverordnung 2009 am Vorjahr zu orientieren, in dem es ein Wirtschaftswachstum gegeben habe. Die besorgniserregenden Prognosen der Nationalbank nehme sie nicht zur Kenntnis. Gestern erst habe Nationalbankpräsident Novotny die bisherige Prognose scharf nach unten revidiert, was bedeute, dass das BIP 2009 um 0,3 Prozentpunkte schrumpfen werde. Eine Rezession sei jetzt sicher.

"Die deutliche Wachstumsdämpfung - allein die Exporte werden im Jahr 2009 um 2,7 Prozent schrumpfen - beeinflusst das Beschäftigungswachstum", warnte Strache. "Dieses wird 2009 auf 0,2 Prozent zurückgehen. Dadurch wird es zu eine prognostizierten Arbeitslosenquote von 4,2 Prozent 2009 und 4,8 Prozent 2010 kommen."

Für viele andere Bereiche nehme man Prognosen ernst. In diesem so wichtigen allerdings nicht, erklärt Strache die freiheitliche Kritik an der heutigen Entscheidung zur Niederlassungsverordnung. "Statt einer deutlichen Senkung der Quote für Niederlassungsbewilligungen nimmt man mit dieser Entscheidung kaltlächelnd eine Verschärfung am Arbeitsmarkt in Kauf und ist nicht bereit gegenzusteuern." Die konkrete Erhöhung der Quote für die Niederlassungsbewilligungen im Vergleich zum Vorjahr umfasse mehr als 1.095 Personen. Das seien insgesamt über 23.645 Personen, die über die Niederlassungsbewilligungen für befristet Beschäftigte und befristete Erntehelfer, Familienzusammenführung etc. anstreben würden, nach Österreich zu kommen.

 

 Scheibner: Humanitäres Bleiberecht bedeutet Asyl über die Hintertür
Mit Patenschaft wird Willkür Tür und Tor geöffnet
Wien (bzö) - Scharfe Ablehnung zu den heute von Innenministerin Maria Fekter vorgestellten Plänen für ein humanitäres Bleiberecht kommt vom geschäftsführenden BZÖ-Obmann Herbert Scheibner. "Das Vorhaben der Innenministerin, zusätzlich zum Asyl und dem subidiären Schutz mit dem Aufenthalt aus humanitären Gründen eine dritte Rechtsmöglichkeit für eine dauerhafte Niederlassung in Österreich zu schaffen, ist völlig unsinnig. Entweder erfüllt ein Asylwerber die Voraussetzungen für Asyl oder eben nicht. Wenn Ja, darf der Asylwerber selbstverständlich bleiben, wenn Nein muss er Österreich schnellstmöglich wieder verlassen. Da braucht es keine neue Sonderregelung, mit dem humanitären Bleiberecht als Asyl über die Hintertür. Der Begutachtungsentwurf der ÖVP-Innenministerin bedeutet nichts anderes als eine Umgehung und Aushöhlung des derzeitigen strengen Asylrechts", so Scheibner.

Auch dem Vorschlag der Innenministerin, bei Altfällen ein humanitäres Bleiberecht mittels Verordnung der Landeshauptleute auf Empfehlung eines Beirates auszusprechen, kann Scheibner nichts abgewinnen. "Hier wird der Willkür Tür und Tor geöffnet und Rechtsunsicherheit geschaffen. Humanitären Aufenthalt von einer Patenschaft abhängig zu machen ist nur mehr absurd", betont Scheibner. Eine derartige Patenschaft könne nie funktionieren, denn wie könne jemand rechtlich, beispielsweise bei einem kriminellen Asylwerber, für einen Aufenthaltstitel haften, stellt Scheibner fest. Das BZÖ verlangt bei Altfällen eine klare gesetzliche Regelung und zwar nur dann, wenn beispielsweise mindestens fünf Jahre Behördenverzug vorliege und nicht der Asylwerber mit Hilfe der NGO-Industrie sein Verfahren über Jahre hinausgedehnt hat. "Bei Altfällen eine klare Regelung und bei neuen Asylwerbern eine schnelle Entscheidung ohne neue juristische Hintertüren. Wenn binnen 48 Stunden entschieden wird, dann stellt sich die Frage eines humanitären Bleiberechts niemals", betont Scheibner abschließend.

 

 Korun: "Fekter verhöhnt Verfassungsgerichtsurteil"
Regierung verweigert Bleiberecht und vertröstet Integrierte auf den St.Nimmerleinstag
Wien (grüne) - "Die neue Regierung hält am Gnadenakt fest", erklärt die Menschenrechts- sprecherin der Grünen, Alev Korun. Der Entwurf von Innenministerin Maria Fekter entspricht nicht der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, so eine erste Analyse. Fekter befasst sich im wesentlichen mit jenen Menschen, die in einem asylrechtlichen oder aufenthaltsrechtlichen Verfahren sind. Für die tausenden von anderen Betroffenen, die keinen Zugang mehr zu einem Verfahren haben, aber trotzdem integriert sind und seit vielen Jahren in Österreich leben, gibt es keine rechtsstaatliche Lösung. "Fekter tut dies in vollem Bewusstsein und stellt sich damit gegen die klare Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs." Ein kompliziertes System aus Kann-Bestimmungen, Beiräten und Patenschaften kann den Rechtsstaat nicht ersetzen. "Dies degradiert die Betroffenen wieder zu Bittstellern und genau das hat der Verfassungsgerichtshof bemängelt", so Korun.

 

Katholische Aktion kritisiert Pläne für Bleiberecht und Zuwanderung
KAÖ-Präsidentin Luitgard Derschmidt: Ankündigungen von Innenministerin Fekter sind "jenseits aller Realität"
Wien (kap) - Die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) ist enttäuscht über die Absage der neuen Bundesregierung an ein gesetzlich geregeltes Bleiberecht. Diesbezügliche Vorstellungen von Innenministerin Maria Fekter sind für die KAÖ "jenseits aller Realität". "Es hätte eine Regelung ohne Huld und Güte geben müssen", so KAÖ-Präsidentin Luitgard Derschmidt. Sie fordert vehement, die derzeit angekündigte Vorgangsweise zu überdenken. Auch mit den vorgeschlagenen "Patenschaften" entziehe sich der Staat seiner humanitären Verantwortung.

Laut Innenministerin Maria Fekter sollen humanitäre Gründe für einen Verbleib in Österreich künftig bloß im normalen Asyl-Verfahren stärkere Beachtung finden. Nach Ablehnung wird man aber nicht wie bisher noch einmal mit einer Art Gnadengesuch eine Chance erhalten, im Land zu bleiben.

Anders gelagert ist die Sache bei früheren Fällen, wo im Asylverfahren humanitäre Aspekte noch nicht berücksichtigt worden sind. Hier gibt das Regierungsprogramm die Möglichkeit, dass der zuständige Landeshauptmann einen Beirat einsetzt und dieser dann anhand von Kriterien wie Unbescholtenheit und guter Integration einen weiteren Aufenthalt im Land ermöglicht. Zusätzlich könnten "Patenschaften" zum Einsatz kommen, in deren Rahmen Österreicher den Lebensunterhalt des mittlerweile gut integrierten Zuwanderers garantieren.

Zuwanderung nach Österreich außerhalb des Asylwesens und des Familienzuzugs wird nach Angaben Fekters künftig im Normalfall nur noch möglich sein, wenn Deutschkenntnisse vorhanden sind. Ein entsprechender Beleg wird beim Antrag auf die geplante "Rot-Weiß-Rot-Card" noch im Ausland zu hinterlegen sein. Die weiter bestehende Quote zum Familiennachzug soll "sehr restriktiv gehandhabt" werden.

"Widersinnig und unrealistisch"
Der KAÖ erscheint die Forderung von Ministerin Fekter, dass die deutsche Sprache schon bei der Einreise beherrscht werden muss, zwar wünschenswert, aber in der Praxis als "widersinnig und unrealistisch". Es fehlten in den Herkunftsländern weitgehend zugängliche Deutschkurse. Die Unsinnigkeit dieser Bestimmung werde klar, wenn man Expertisen aus Deutschland zu Rate zieht, die zeigen, dass Deutschkurse erst dann sinnvoll und effektiv sind, wenn Migranten mit den Abläufen des Alltags im Gastland vertraut sind, so Derschmidt.

Die von der neuen Regierung vorgesehenen Regelungen in diesen Bereichen erweckten den Anschein, dass sie abseits der Komplexität der Situation am grünen Tisch erdacht wurden - oder dass man sich einfach der Realität verschließen wolle. Derschmidt: "Nach wie vor zeugt die Art und Weise, wie Fragen der Integration angegangen werden, von Phantasie- und Planlosigkeit. Die so oft zitierte Humanität wird vermisst".

Schließlich leiste die Rigidität und Vehemenz, mit der in diesen Fragen agiert wird, dem Eindruck bei der Bevölkerung Vorschub, Probleme der Integration könnten einfach durch Abschottung gelöst werden. Integration sei aber viel mehr als nur eine Frage der inneren Sicherheit, so Luitgard Derschmidt.

 

Evangelische Kirchen und Diakonie fordern "Klimaänderung" im Umgang mit Asylsuchenden
Aktion "Protect" als Zeichen der Solidarität mit Flüchtlingen - Bünker: Einsatz für Flüchtlinge "in die Krippe gelegt" - Chalupka: "Gegen ein Klima des Misstrauens"
Wien (epdoe) - "Mit der Aktion 'Protect' möchten wir ein Zeichen setzen, dass sich Österreicherinnen und Österreicher der großen Tradition dieses Landes, das hunderttausende Schutzsuchende aufgenommen hat, bewusst sind und bewusst gegen ein Klima des Misstrauens, des Generalverdachts und der Intoleranz auftreten", sagte Diakonie-Direktor Michael Chalupka bei einer Pressekonferenz am 09.12. in Wien. Getragen wird die Aktion vom Diakonie Flüchtlingsdienst in Kooperation mit den Evangelischen Kirchen in Österreich. Literatinnen und Literaten wie Josef Haslinger und Julya Rabinowich unterstützen die Aktion.

Der Einsatz für Asylsuchende, Flüchtlinge und MigrantInnen sei Kirche und Diakonie quasi "in die Krippe" gelegt, sagte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker bei der Pressekonferenz. Kirche und Diakonie hätten ihre anwaltliche Funktion wahrzunehmen, wo Menschen mit Migrationshintergrund in ihren Rechten verletzt werden. So fordern die Evangelischen Kirchen und die Diakonie weiterhin ein "grundrechtlich geregeltes Antragsrecht beim Bleiberecht". Die Vorschläge der neuen Regierung, dass Gemeinden oder NGOs Verpflichtungserklärungen für gut integrierte AusländerInnen übernehmen, seien "kein geeignetes Mittel".


Auf Quotenregelung bei Familienzusammenführung verzichten
Begrüßt wird hingegen der Vorstoß der EU, den Flüchtlingsschutz solidarischer auf die Mitgliedsländer zu verteilen. Bünker: "Es geht nicht an, dass die sowohl finanziell als auch logistisch schwächsten Länder der EU die gesamte Arbeitslast für das Herz Europas zu tragen haben." Kritisiert wird hingegen die "schroffe Zurückweisung" der Ideen der EU-Kommission durch die österreichische Bundesregierung, die Argumentation für eine solidarische Aufteilung von Flüchtlingen in Österreich werde dadurch "unglaubwürdig", das "Florianiprinzip" sollte nicht zum Grundsatz gemacht werden, warnen Kirche und Diakonie. Nach den Vorstellungen der Evangelischen Kirchen und der Diakonie sollte "unbedingt auf die Quotenregelung bei der Familienzusammenführung verzichtet" werden, der positive Integrationseffekt von Familiennachzug sei ausreichend bekannt, betonte Bischof Bünker, der "die evangelischen Christinnen und Christen und alle Menschen guten Willens" dazu aufrief, die Aktion "Protect" zu unterstützen.

Wenn auch im Regierungsprogramm im Bereich Integration "fast ausschließlich schwammige Absichtserklärungen" stünden, sei zumindest positiv, dass Österreich als Zuwanderungsland gesehen werde, sagte Diakonie-Direktor Chalupka. Es brauche allerdings eine massive "Klimaänderung", damit sich AusländerInnen in Österreich "willkommen fühlen". Die Regierung sollte "endlich zur Besinnung kommen", denn derzeit bestimmen, so Chalupka, Abwehr, "Draußenhalten" und Generalverdacht den Umgang mit Asylsuchenden. Eine "beschämende Situation" angesichts der langen Tradition Österreichs im positiven Umgang mit Flüchtlingen.

Als sie 1977 nach Österreich kam, sei sie noch "offen empfangen" worden, sagte die Schriftstellerin und Übersetzerin Julya Rabinowich. Heute würden Flüchtlinge nicht nur mit ihrer traumatischen Vergangenheit, sondern auch mit den vorgefassten Meinungen vieler Österreicherinnen und Österreicher kämpfen. Gemeinsam mit Seher Cakir, Josef Haslinger, Sabine Gruber, Vladimir Vertlib und Ekaterina Wladigerova wird Rabinowich an einer Benefizlesung am Freitag, 12. Dezember, im Kasino am Schwarzenbergplatz teilnehmen. Von ihren Erfahrungen als tschetschenischer Flüchtling berichtete bei der Pressekonferenz Suchra Sulieva, die heute als Germanistin und Dolmetscherin für den Diakonie Flüchtlingsdienst arbeitet. Zwei Jahre habe sie auf die Anerkennung als Flüchtling warten müssen, ohne die Unterstützung durch den Diakonie Flüchtlingsdienst sei der Neustart in Österreich nicht möglich gewesen.
 
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