Neujahrsansprache 2009 von Bundespräsident Heinz Fischer  

erstellt am
02. 01. 09

Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich hoffe, Sie hatten ein friedliches Weihnachtsfest und einen guten Start in das Neue Jahr!

Dieses Jahr 2009 wird wirtschaftlich ein schwieriges Jahr sein.

Eine schwere Finanzkrise hatte schon im zweiten Halbjahr 2008 weltweit – und auch in Österreich – negative Auswirkungen auf Konjunktur und Realwirtschaft.

Vor knapp zwei Wochen hat das österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut seine neueste Prognose für das Jahr 2009 vorgelegt und für Österreich zum ersten Mal seit Jahrzehnten kein Wachstum, sondern sogar einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um – 0,5 % vorhergesagt.

Das ist eine ernste Warnung und wir müssen alles tun, damit die Kurve des Abschwunges so flach wie möglich bleibt und der Aufschwung so bald wie möglich wieder einsetzt.

Der Kampf gegen steigende Arbeitslosigkeit hat dabei ganz besondere Priorität.

Zu diesem Zweck muss u.a. die Kaufkraft gestärkt werden, um den Motor unserer wirtschaftlichen Entwicklung in Gang zu halten.

Dem dienen auch die Konjunkturbelebungsmaßnahmen der Österreichischen Bundesregierung, die durch gezielte Maßnahmen im Bereich der Bildungs- und Forschungspolitik ergänzt werden müssen.


Liebe Österreicherinnen und Österreicher!

In schwierigen Zeiten ist die Rücksichtnahme auf die Schwächeren und der Kampf gegen die Armut eine ganz besondere soziale aber auch moralische Verpflichtung. Daher sollte z.B. das Projekt einer bedarfsorientierten Mindestsicherung in Zusammenarbeit mit den Bundesländern zum frühest möglichen Zeitpunkt verwirklicht werden.

Nicht zuletzt müssen wir darüber nachdenken, was aus dieser Krise zu lernen ist, um Fehler nicht zu wiederholen und uns den Zielen einer humanen und lebenswerten Gesellschaft weiter anzunähern, in der die Rücksichtnahme auf den Mitmenschen stärker ausgeprägt ist als rücksichtsloser Egoismus.

Gerade in schwierigen Zeiten dürfen wir auch Grundrechte und Menschenrechte keinesfalls außer acht lassen.

Insgesamt bin ich überzeugt, dass wir in Österreich gute Chancen haben, die Auswirkungen dieser Wirtschaftskrise in Grenzen zu halten, wenn wir entschlossen handeln und Vertrauen in unsere Fähigkeiten mit Zuversicht verbinden.

Österreich ist es wert, dass wir uns gemeinsam anstrengen.


Liebe Österreicherinnen und Österreicher!

Auch bei der Bildung einer neuen Bundesregierung nach der letzten Nationalratswahl war auf die soeben geschilderte Situation und auf das internationale Umfeld Bedacht zu nehmen.

Ich war und bin überzeugt, dass die Bildung einer stabilen Bundesregierung, die über eine solide Mehrheit im Nationalrat verfügt, gerade jetzt im Interesse unseres Landes gelegen ist.

Die neue Bundesregierung ist in sichtbarer Weise bemüht, aus Fehlern vergangener Jahre zu lernen und ihre Energie vor allem in die Lösung von bestehenden Problemen und von Zukunftsaufgaben zu investieren.

Darüber hinaus wünsche ich mir eine sachliche Zusammenarbeit zwischen Regierung und Opposition, zu der beide Seiten ihren Beitrag leisten müssen.


Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Noch etwas ist mir in letzter Zeit aufgefallen:

Dass nämlich die Europäische Union bei einigen sehr wichtigen Fragen durchaus positiv in Erscheinung getreten ist.

Sie hat rasch und energisch gehandelt, um an Maßnahmen gegen die Finanzkrise mitzuwirken, und auch selbst Maßnahmen ergriffen.

Es hat sich eindeutig herausgestellt, wie wertvoll der EURO zur Abwehr von Währungsturbulenzen ist.

Die EU hat bei der Entschärfung des auch für Europa nicht ungefährlichen Konfliktes zwischen Russland und Georgien eine wichtige Rolle gespielt.

Ich denke, dass damit auch das Verständnis für Europa und für die Zweckmäßigkeit europäischer Zusammenarbeit erleichtert wird.

Denn jeder kann erkennen, dass wir gemeinsam stärker sind als allein.

Das Match lautet ja nicht: Österreich gegen die EU, sondern es geht darum, dass alle 27 in der EU zusammengeschlossenen Staaten durch nationale Anstrengungen, aber auch durch gemeinsame europäische Maßnahmen das Match gegen die Krise, wenn ich so sagen darf, gewinnen.


Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie in Österreich leben oder auch im Ausland für Österreich tätig sind!

Das Jahr 2009 wird also kein einfaches Jahr sein. Es wird unpopuläre Entscheidungen geben müssen, und es wird nicht alles möglich sein, was wünschenswert wäre.

Aber ich vertraue darauf, dass wir – wie schon öfters in der Geschichte unseres Landes – die richtigen Antworten finden, in die Zukunft investieren und Chancen gemeinsam wahrnehmen.

Ich bedanke mich bei allen, die sich im vergangenen Jahr 2008 in den verschiedensten Bereichen für das Gemeinwohl und für unsere Mitmenschen eingesetzt haben, und das sicher auch im Jahr 2009 tun werden.

Gemeinsam mit meiner Frau darf ich Ihnen und Ihren Familien für dieses noch ganz junge Jahr 2009 alles Gute und unserem Land Frieden und Sicherheit wünschen. Das wünschen wir aus aktuellem Anlass ganz besonders auch den leidgeprüften Menschen im Nahen Osten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
     
Die TV-Ansprache können Sie hier ansehen.    
     
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