Konjunktureinbruch hält 2009 an – Stabilisierung 2010 erwartet - Erste globale Nullzinspolitik
– vorübergehend leichte Aufwertung des US-Dollars
Wien (rzb) - Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (RZB),
erwartet die Talsohle für die konjunkturelle Entwicklung Mitte 2009. "In der zweiten Jahreshälfte
lässt der Schmerz nach, auch wenn der Weg nach oben steinig sein wird", so Brezinschek. „In Verbindung
mit rasch abnehmenden Inflationsdaten bis Sommer 2009 trauen wir den Staatsanleihenrenditen daher neue historische
Tiefstände zu.“
Für Helge Rechberger, Leiter der RZB-Aktienmarktanalyse, scheint die Finanzkrise in ihrem eigentlichen Sinne
gemeistert. "Trotz der staatlichen Stützungsmaßnahmen und der Anstrengungen der Notenbanken werden
die extrem tiefen Konjunkturvorlaufindikatoren in Kombination mit den stark einsetzenden Gewinnrevisionen die Börsen
anfangs nach unten ziehen“, sagt Rechberger.
Konjunktureinbruch hält 2009 an – Stabilisierung 2010 erwartet
"Die Konjunkturvorlaufindikatoren sind dramatisch eingebrochen. Ob Unternehmens- oder Konsumentenumfragen,
seit Jahrzehnten wurden keine so tiefen Werte registriert," meint Brezinschek. Wie stark somit die Produktion
im Jahresverlauf 2009 zurückfallen wird, ist mangels historischer Vergleichsdaten schwer einzuschätzen.
Ein drastischer Wettlauf der Konjunkturprognosen nach unten hat eingesetzt.
Die Zahlen für die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung – kurz reales Bruttoinlandsprodukt (BIP) genannt
– zeigen allesamt das Ende einer fünfjährigen Hochkonjunktur. Die Kombination aus globaler Finanz- und
Wirtschaftskrise lässt keine schnelle Überwindung der Abwärtsbewegung erwarten. So findet 2010 höchstwahrscheinlich
nur eine Stabilisierung des BIP auf niedrigem Niveau statt.
Erste globale Nullzinspolitik – wieder leichte Aufwertung des US-Dollars
Die Zentralbanken haben sich fast überall auf eine Nullzinspolitik festgelegt. Die Europäische Zentralbank
(EZB) dürfte zwar eine Sonderstellung einnehmen, aber ebenfalls auf historische Zinstiefs zusteuern. Mit 1,25
Prozent beim Leitzins bis Sommer 2009 hat die EZB aber noch deutlich mehr Senkungspotenzial als der Markt ihr zutraut.
Damit wird den Geldmarktzinsen auch in der Eurozone eine anhaltende Talfahrt beschert. In Verbindung mit einer
leichten Entspannung der hohen Risikoaufschläge unter den Banken wird der 3MonatsEURIBOR ab Jahresmitte die
2 Prozentmarke nach unten durchbrechen (aktuell: 3,0 Prozent).
Die zur Jahresmitte an die Nullmarke zurückfallenden Inflationsraten und die tiefen Geldmarktzinsen erlauben
auch neue Renditetiefs bei den US- und Euro-Staatsanleihen. Allerdings sollte in Zeiten unterschiedlicher Risikoeinschätzung
der extreme Aufschlag zu deutschen Benchmarks innerhalb der Eurozone beachtlich bleiben. Ebenfalls rekordverdächtig
hoch werden sich die Renditeaufschläge bei Unternehmensanleihen darstellen. Während für schlecht
geratete High Yield-Anleihen noch keine Wende in Sicht ist, bahnt sich für Industrie- und Finanztitel guter
Bonität eine Abnahme der hohen Renditeabstände zu Staatsanleihen im Verlauf des ersten Halbjahres an.
Das markante Abschmelzen der Zinsdifferenzen wird 2009 für eine Unterbrechung der US-Dollarschwäche im
ersten Quartal sorgen. Auf längere Sicht bahnt sich jedoch eine noch nie dagewesene Dollarschwemme an. Daher
erwartet Brezinschek den US-Dollar zum Euro bei zumindest 1,50 auf 12-Monatssicht.
Schwächere Aktienbörsen im ersten, Erholung im zweiten Halbjahr
Die Zinsreduktionen auf Nullzinsniveau werden sehr bald ihre stabilisierende Wirkung auf die Aktienbörsen
verlieren. Mit einbrechenden Aufträgen und markanten Gewinnrückgängen konfrontiert, dürften
die Ertragsrevisionen der Unternehmen im Verlauf des ersten Quartals neuerliche Rückgänge der Aktienindizes
mit sich bringen. Die Anleger rechnen bei den Aktien weltweit mit rund 30 Prozent Gewinnrückgang. Entsprechend
starke Revisionen ihrer Gewinnschätzungen werden auch die Analysten noch vornehmen müssen. „Verlierer“
der ersten Monate 2009 dürften somit neuerlich die Sektoren Industrie, zyklischer Konsum und Grundstoffe sein,
während sich Aktien der Bereiche Gesundheit und defensiver Konsum vergleichsweise gut halten sollten.
"Für die zweite Jahreshälfte und 2010 erwarten wir eine Stabilisierung der Gewinne. Somit könnte
ab dem Frühjahr eine turbulente Berg- und Talfahrt mit versöhnlichem Jahresausklang eingeleitet werden,
" schließt Rechberger. |