Starke Wettbewerbspolitik und Finanzinnovationen als Voraussetzung für rasch wachsende, dynamische Unternehmen   

erstellt am
02. 01. 09

Wien (wifo) - Unternehmensgründungen sowie kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) stehen immer mehr im Mittelpunkt der österreichischen und europäischen wirtschaftspolitischen Diskussion um Wettbewerbsfähigkeit und Innovation. Dabei wird oft auf die höhere unternehmerische Dynamik in den USA verwiesen. Allerdings bleiben Österreich und die EU im Gegensatz zur herkömmlichen Vorstellung nicht hinter den USA zurück, wenn man unternehmerische Dynamik an der Zahl der Unternehmensgründungen oder Selbständigkeitsquoten misst. Die empirische Evidenz zeigt, dass alle EU-Länder einen höheren Anteil von Kleinstunternehmen aufweisen als die USA. Das zentrale Defizit der EU und auch Österreichs ist aber die zu geringe Besetzung mit wachstumsstarken Unternehmen ("Gazellen"). Sie sind äußerst wichtig für die Wirtschaftsdynamik, weil sie den größten Teil der Arbeitsplatzschaffung beitragen.

In einem neuen Beitrag (Europa Innova Paper 6/2008) haben Werner Hölzl vom WIFO und Erkko Autio vom renommierten Imperial College in London diese wachstumsstarken "Gazellen" genauer untersucht. Die Studie hinterfragt auch populäre Vorstellung über diese wachstumsstarken Unternehmen kritisch:

  • Gazellen sind nicht notwendigerweise junge Unternehmen, obwohl junge Unternehmen in der Regel ein sehr volatiles Wachstum aufweisen.
  • Gazellen sind nicht unbedingt in der Sachgütererzeugung tätig. Viele wachstumsstarke Unternehmen bieten Dienstleistung und hier insbesondere wissensbasierte Dienstleistungen an.
  • Gazellen sind innovative Unternehmen, aber nicht zwingend Hochtechnologieunternehmen. Sie finden sich ebenso häufig in Niedrigtechnologie- oder alten Sektoren wie in Hochtechnologiesektoren.
  • Gazellen sind innovativ. Schnell wachsende Unternehmen schaffen aber in der EU 15 ihre Vorteile überwiegend aus eigenen Innovationstätigkeiten, während die Wettbewerbsvorteile schnell wachsender Unternehmen in neuen EU-Ländern nicht auf Innovation in einem strengen Sinn beruhen (siehe dazu WIFO Working Papers 327/2008).
  • Gazellen müssen nicht als kleine Unternehmen beginnen. Die verfügbaren Studien zeigen, dass den größten Beitrag zur Arbeitsplatzschaffung jene wenigen großen Unternehmen leisten, die außerordentlich schnell wachsen.
  • Schnell wachsende Unternehmen sind also ein vielfältigeres Phänomen, als oft angenommen wird. Hohes Unternehmenswachstum ist nicht beschränkt auf kleine oder neue Unternehmen oder auf F&E-intensive Sektoren. Auf der europäischen Ebene, aber auch auf der Ebene der Nationalstaaten sind deshalb koordinierte Politikmaßnahmen notwendig, um die Rahmenbedingungen für schnell wachsende Unternehmen zu verbessern.
  • Der europäische Binnenmarkt muss durch eine starke Wettbewerbspolitik weiter gestärkt werden. Wettbewerbshemmende Regulierungen und andere Hemmnisse sollen beseitigt werden, denn nur ein vollkommener Binnenmarkt ohne Grenzen ermöglicht es Unternehmen mit hohem Potential, dieses auszuschöpfen und mit etablierten Unternehmen in Konkurrenz zu treten.
  • Die Insolvenzgesetzgebung sollte verändert werden, um das soziale Stigma des Scheiterns zu reduzieren, und gleichzeitig starke Kreditorenrechte einräumen, um Finanzierungslücken für schnell wachsende Unternehmen zu vermeiden.
  • Neben Regulierungen, welche das Finanzsystem stabilisieren, müssen auch Finanzinnovationen möglich bleiben, die adäquate Finanzierungsformen für schnell wachsende Unternehmen bieten. Traditionelle Bankkredite sind in der Regel nicht geeignet, um explosives Unternehmenswachstum zu finanzieren.
  • Noch häufiger als finanzielle Ressourcen nennen schnell wachsende Unternehmen den Mangel an hochqualifiziertem Personal als Engpass. Das Bildungssystem und das Hochschulsystem sind hier der zentrale Ansatzpunkt. Schnell wachsende Unternehmen brauchen gut ausgebildete Arbeitskräfte, die motiviert sind, in kleinen und mittelgroßen Unternehmen ihre Karriere zu beginnen.
     
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