Mediengesetz: Ablieferungspflicht künftig auch für Online-Medien
Wien (pk) - In Anlehnung an die neue EU-Mediendiensterichtlinie werden die Beschränkungen für
Privatsender in Bezug auf Fernsehwerbung und Teleshopping gelockert. Eine entsprechende Regierungsvorlage passierte
am 14.01. teils mit den Stimmen der Koalitionsparteien, teils mit S-V-F-G-Mehrheit den Verfassungsausschuss des
Nationalrats. Es handelt sich, wie Staatssekretär Josef Ostermayer erklärte, um einen ersten Umsetzungsschritt,
mit dem die Wettbewerbsfähigkeit von österreichischen Privatsendern vor allem im Verhältnis zur
ausländischen Konkurrenz gestärkt werden soll. Der zweite Schritt zur Umsetzung der EU-Richtlinie soll
im Herbst erfolgen.
Gemäß der Gesetzesnovelle wird künftig nur noch für Filme, Nachrichtensendungen und Kinderprogramme
ein zeitlicher Mindestabstand zwischen zwei Werbeunterbrechungen vorgeschrieben. Außerdem entfällt die
bisherige Limitierung für Teleshopping-Fenster. Auch im Privatradiogesetz werden einzelne Adaptierungen vorgenommen.
In Kraft treten soll die Gesetzesnovelle einem Abänderungsantrag zufolge am 1. März 2009.
Im Rahmen der Diskussion kritisierte die Opposition vor allem die Möglichkeit von Werbeunterbrechungen bei
Kindersendungen. So sprachen sich etwa die beiden FPÖ-Abgeordneten Norbert Hofer und Harald Stefan sowie Grün-Abgeordneter
Dieter Brosz dafür aus, in dieser Frage sehr restriktiv vorzugehen. Den anderen Punkten der Novelle stimmten
die beiden Parteien hingegen zu, auch wenn sich der Kultursprecher der Grünen Wolfgang Zinggl skeptisch zeigte.
Zinggl wandte sich gegen eine zunehmende Werbeüberflutung der Konsumenten und äußerte die Befürchtung,
dass der ORF aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit nachziehen wolle.
Grundsätzliche Kritik an der Novelle kam von BZÖ-Abgeordnetem Herbert Scheibner. Er habe zwar Verständnis
für Unterbrecherwerbung in Privatsendern, da diese keine Rundfunkgebühren erhielten, meinte er, die Unterbrecherwerbung
habe aber ein Ausmaß angenommen, das die Konsumenten zunehmend verärgere. Scheibner äußerte
zudem die Vermutung, dass die bestehenden Werbebeschränkungen nicht eingehalten würden und erkundigte
sich nach dem Umfang der Kontrolle.
Seitens der Koalitionsparteien appellierte Abgeordneter Josef Cap (S) in Zusammenhang mit der Auswahl des Kinderprogramms
an die Selbstverantwortung der Eltern. Abgeordneter Wilhelm Molterer (V) hob hervor, dass ein zweiter Schritt zur
Umsetzung der Mediendiensterichtlinie der EU notwendig sei, bei dem auch das ORF-Gesetz geändert werden müsse.
Staatssekretär Ostermayer wies darauf hin, dass die Frist zur Umsetzung der EU-Richtlinie bis zum 19. Dezember
laufe. Zu manchen Fragen würden noch Arbeitskreise und Diskussionsrunden tagen, erklärte er, es werde
aber fristgerecht ein Gesetzentwurf vorliegen. Mit dem Abschluss des EU-Verfahrens zum ORF rechnet Ostermayer für
April bzw. Mai.
Die Einhaltung der Werbebeschränkungen durch die Privatsender werden Ostermayer zufolge regelmäßig
von der KommAustria geprüft, wobei es nur relativ wenige Gesetzesverstöße gebe.
Mediengesetz-Novelle sieht Ablieferungspflicht für Online-Medien vor
Einstimmig billigte der Verfassungsausschuss eine Novelle zum Mediengesetz, mit der die bestehende Anbietungs-
und Ablieferungspflicht für gedruckte Publikationen an öffentliche Bibliotheken in adaptierter Form auf
Online-Medien ausgedehnt wird.
Der Gesetzesänderung zufolge wird die Österreichische Nationalbibliothek ermächtigt, österreichische
Internet-Seiten bzw. Internet-Seiten mit Österreich-Bezug und "periodische" Online-Medien zu sammeln.
Ist eine selbständige Erfassung, etwa durch Passwortschutz, nicht möglich, müssen die Inhalte auf
Anforderung vom Medieninhaber zur Verfügung gestellt werden, vorausgesetzt dass an den Inhalten, wie es in
den Erläuterungen heißt, "bibliothekarisches Bewahrungsinteresse" besteht.
Die Rechte der Medieninhaber sollen durch genaue Regelungen über die Benutzung der abgelieferten Medien durch
die BibliotheksbenutzerInnen geschützt werden. So sollen etwa Sperrfristen verhindern, dass im Internet kostenpflichtige
Medienangebote in einer Bibliothek gratis genutzt werden können. Zudem ist, um eine übermäßige
Kostenbelastung der Medieninhaber durch die Ablieferungspflicht zu vermeiden, eine Kostendeckelung von 250 € vorgesehen,
etwaige Mehrkosten müssen von der Nationalbibliothek selbst getragen werden.
Begründet wird die Regierungsvorlage damit, dass immer mehr sammelwürdige Publikationen nur noch online
verlegt werden und dadurch zunehmend die Gefahr von Sammellücken bei den Bibliotheken entsteht. Zudem bestärkt
die besondere Flüchtigkeit von Online-Medien nach Ansicht der Regierung die Notwendigkeit ihrer Sammlung und
Bewahrung. Die Österreichische Nationalbibliothek geht von ca. 1.500 Aufforderungen zur Ablieferung in einem
Fünfjahreszeitraum aus.
Die einzelnen Fraktionen äußerten sich grundsätzlich positiv zur Gesetzesnovelle, BZÖ-Abgeordneter
Ewald Stadler beklagte allerdings, dass diese nicht zum Anlass genommen worden sei, den Grundrechtsschutz im Mediengesetz
generell zu verbessern, etwa was gerichtlich bewirkte Berichtigungen betrifft. Einen von ihm eingebrachten Abänderungsantrag
zog er allerdings wieder zurück, nachdem ÖVP-Abgeordneter Wilhelm Molterer und SPÖ-Abgeordneter
Josef Cap die Bereitschaft signalisiert hatten, über die von Stadler beantragten Änderungen zu einem
späteren Zeitpunkt zu sprechen. Die einzelnen Punkte sollen Molterer zufolge gemeinsam mit den JustizsprecherInnen
diskutiert werden. Zur vorliegenden Gesetzesnovelle merkte Molterer an, die Frage der Ablieferungspflicht für
Online-Medien sei lange zwischen der Nationalbibliothek und den Betroffenen diskutiert worden.
Seitens der FPÖ hob Abgeordneter Peter Fichtenbauer hervor, dass auch seine Fraktion Änderungswünsche
im Bereich des Medienrechts habe, vor allem was die Verfahren betreffe.
Anträge der Opposition vertagt
Vom Verfassungsausschuss vertagt wurde sodann ein Antrag der FPÖ, in dem sich Abgeordneter Norbert Hofer dafür
aussprach, das ehemalige TV-Wirtschaftsformat "Made in Austria" in ähnlicher Form wiederzubeleben.
Bei dieser ORF-Sendung hätten an der Wirtschaft interessierte Bürger jede Woche fundierte Informationen
über heimische Unternehmen und deren Produkte erhalten, eine Neuauflage könne eine verstärkte Nachfrage
nach heimischen Produkten bewirken, argumentierte Hofer.
Diese Idee sei überlegenswert, sagten die Abgeordnete Stefan Prähauser und Josef Cap (S). Politiker sollten
sich aber von der Programmgestaltung des ORF fernhalten, meinte Prähauser und legte einen auch von Abgeordnetem
Wilhelm Molterer (V) mit ähnlichen Argumenten unterstützten Vertagungsantrag vor.
Diese Vertagung problematisierten unisono die Abgeordneten Dieter Brosz und Wolfgang Zinggl(beide G), sowie Herbert
Scheibner (B) und Ewald Stadler (beide B), indem sie sich entschieden gegen jede Einmischung der Politik beim ORF
wandten und daher eine Ablehnung des Antrages verlangten. Über das ORF-Programm sei nicht im Parlament abzustimmen,
sagte G-Abgeordneter Dieter Brosz und auch für Abgeordneten Scheibner zählte es nicht zu den Aufgaben
des Gesetzgebers, Entscheidungen für bestimmte Fernsehsendungen zu treffen. Abgeordneter Stadler hielt den
Antrag zudem für rechtswidrig, weil er der gesetzlichen Unabhängigkeit des ORF widerspreche. "Die
Opposition kann kein Interesse daran haben, dass die Bundesregierung dem Staatsfunk sagt, was zu senden ist".
Gegen die Vertagung wandte sich schließlich auch Antragsteller Hofer, wer gegen eine Wirtschaftssendung im
ORF sei, möge seinen Antrag ablehnen und dies im Plenum begründen, so Hofer.
Schließlich befassten sich die Abgeordneten mit einem Antrag der Grünen, in dem diese neuerlich die
Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung einmahnten. Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill erinnerte
daran, dass Österreich die UN-Kinderrechtskonvention bereits vor 16 Jahren ratifiziert habe, an das Engagement
vieler NGOs sowie an die diesbezügliche positive Stellungnahme des Österreich-Konvents. Es gehe um einen
verbesserten Grundrechtsschutz, die Einführung einer Kinderverträglichkeitsprüfung und generell
um ein Zeichen der Politik für Kinder, argumentierte die Abgeordnete.
Abgeordnete Beatrix Karl (V) hielt das Anliegen für wichtig, begründete ihren - letztlich mit S-V-Mehrheit
beschlossenen - Vertagungsantrag aber mit der Notwendigkeit, die Verankerung der Kinderrechte in die Beratungen
zur Erweiterung des Grundrechtskatalogs einzubeziehen. In dieser Diskussion seien überdies auch die Konsequenzen
der Grundrechtscharta nach dem - noch nicht rechtskräftigen - Vertrag von Lissabon für Österreich
zu beachten, führte die Abgeordnete aus.
Da keine Aussicht auf eine Gesamtreform der Verfassung bestehe, hielt es Abgeordneter Herbert Scheibner (B) dagegen
für sinnvoll, Kinderrechte als Teilaspekt der Grundrechtsdebatte gesondert zu beraten und zu beschließen.
Scheibner unterstützte daher den Antrag der Grünen ebenso wie F-Abgeordneter Christian Höbart (F),
der sich Scheibners Argumentation anschloss und für eine Weiterentwicklung des Grundrechtskatalogs "Stück
für Stück" plädierte.
Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) appellierte an die Mitglieder des Verfassungsausschusses und insbesondere an
Ausschussobmann Peter Wittmann, das Thema Grundrechtskatalog in Angriff zu nehmen. Fichtenbauer lehnte es ab, die
österreichische Grundrechtsgesetzgebung vom Vertrag von Lissabon abhängig zu machen.
Ausschussobmann Peter Wittmann sprach sich dafür aus, die Erweiterung des Grundrechtskatalogs im Verfassungsausschuss
in Angriff zu nehmen und dabei auch die Kinderrechte zu behandeln. |