Österreichs Außenwirtschaft: Rückblick und Ausblick   

erstellt am
14. 01. 09

Außenwirtschaftsjahrbuch 2008 erschienen
Wien (wifo) - Das österreichische Außenwirtschaftsjahrbuch ist eine kompakte und informative Zusammenstellung der wesentlichen globalen und Österreich-spezifischen außenhandelsrelevanten Entwicklungen. Es wird heuer zum zweiten Mal vom Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) herausgegeben. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. "Österreichs Außenwirtschaft 2008" bietet der wirtschaftlich interessierten Leserschaft zahlreiche Analysen und umfangreiches Datenmaterial zu den institutionellen und konjunkturellen Rahmenbedingungen des Welthandels, zum österreichischen Waren- und Dienstleistungshandel und den ausländischen Direktinvestitionen von und nach Österreich. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf den Entwicklungen des Jahres 2007, darüber hinaus wird ein Ausblick auf die Jahre 2008 und 2009 gegeben, auch unter Berücksichtigung der aktuellen Finanzkrise.

Österreichs nominelle Exporte gemäß VGR erreichten im Jahr 2007 mit 161 Mrd. € einen neuen Höchststand, ebenso die ausländischen Direktinvestitionen (FDI). Dies spiegelt die weltweit günstigen Rahmenbedingungen des Welthandels wider, denn auch die globalen Waren- und Dienstleistungsexporte verzeichneten mit real +7,1% hohe Zuwächse, und die aktiven FDIStröme erreichten ein Rekordniveau von knapp 2 Bio. $. Jedoch zeigten sich in den realen Importen der USA bereits 2007 erste Anzeichen des Konjunkturabschwungs. 2008 dürfte sich aufgrund der Finanzkrise das weltweite Exportwachstum 2008 auf 4,6% verlangsamen. Die Verflechtung der Länder durch internationale Handels- und Kapitalsflüsse bewirkt, dass die Finanzkrise Konjunktur und Export weltweit belastet. So wird auch in Österreich das reale Exportwachstum 2008 nur mehr 3,6% betragen.

Die Finanzkrise hat die Phase der weltweiten Hochkonjunktur und des raschen Wachstums des Welthandels beendet. Einer der Gründe ihrer Intensität liegt in den Bankbilanzen: Viele weltweit agierende Banken weisen ein äußerst ungünstiges Verhältnis zwischen Gesamtvermögen und Eigenkapital auf. Diese als "Leverage" bezeichnete Kennzahl lag in den europäischen Großbanken Mitte 2008 bei durchschnittlich 35. Ein hohes Leverage ist problematisch, da es die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Bank erhöht. Um die teils massiven Verluste aufgrund der Immobilienkrise in den USA und des damit einhergehenden Eigenkapitalrückgangs zu kompensieren, mussten zahlreiche Banken ihre Bilanzen verkürzen. Verstärkt wurde diese Tendenzdurch den Verfall der Aktienkurse. Damit schlägt sich die Finanzkrise nun in der Realwirtschaft nieder: Die Banken agieren restriktiver bei der Vergabe neuer Kredite, sodass Konsum und Investitionen der Haushalte und Unternehmen gebremst werden. Der Liquiditätsengpass auf dem Interbankenmarkt, hervorgerufen durch die Unsicherheit über künftige Verluste von Partnerbanken, verstärkte die zurückhaltende Kreditpolitik der Banken auf beiden Seiten des Atlantiks.

Infolge der Finanzkrise werden sich die größten Industrieländer 2009 gleichzeitig in einer Rezession befinden. Die Hoffnung, die aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens könnten sich von dieser Rezession in den Industrieländern entkoppeln, hat sich nicht bestätigt. Auch in den mittel- und osteuropäischen Ländern wird sich das Wachstum aufgrund der engen Handelsverflechtung mit dem Euro-Raum und des hohen externen Finanzierungsbedarfs verlangsamen. Während die Dynamik der österreichischen Außenwirtschaft 2008 bereits nachließ, entwickelten sich der österreichische Außenhandel und die Direktinvestitionstätigkeit 2007 noch außergewöhnlich gut. Die Quote der Warenexporte (43,7% des BIP) und der Dienstleistungsexporte zum BIP (15,9%) laut VGR sowie die Direktinvestitionstätigkeit Österreichs in Prozent des BIP (aktive FDI 38,8%, passive FDI 39,2%) stiegen 2007 erneut. Trotz der guten Entwicklung werden allerdings mittelfristig im österreichischen Warenexport weiterhin Strukturdefizite sichtbar. Die Exportspezialisierung auf traditionelle Güter der Sachgütererzeugung (2006 28,6% der Gesamtexporte) ist weiterhin zu hoch, um die Herausforderungen an ein Hochlohnland zu meistern. Der notwendige Wechsel Österreichs vom Technologienehmer zum Technologiegeber erfordert eine vermehrte Spezialisierung auf technologieorientierte Branchen. 2006 entfielen nur 26,5% der österreichischen Exporte auf diese Branchen, im Durchschnitt der EU 15 hingegen 36,2%. Weiters muss ein Fokus auf Branchen mit hohem Anteil hochqualifizierter Arbeitskräfte gelegt werden (2006 20,7% der Gesamtexporte, EU 15 24,2%). Etwas besser ist das Bild für Branchen, in denen Qualitätswettbewerb überwiegt (2006 Österreich 46,7% der Exporte, EU 15 50,0%) - der Rückstand gegenüber dem EU-Durchschnitt verringerte sich zwischen 1996 und 2006 deutlich.

Die Verhandlungen im Rahmen der Doha-Runde der WTO, in der die Zölle auf Handelsgüter weiter gesenkt werden sollten, sind im Juli 2008 gescheitert. Deshalb setzen alle wichtigen Handelsnationen verstärkt auf bilaterale Abkommen, um die Handelsliberalisierung voranzutreiben. Die EU, traditionell dem Multilateralismus verpflichtet, bildet hier keine Ausnahme, sondern intensiviert mangels konsensfähigem WTO-Vorschlag ihre Bemühungen um Freihandelsabkommen mit rasch wachsenden Volkswirtschaften wie Indien, Südkorea und den ASEAN-Ländern. Die Vielzahl an bilateralen Handelsverträgen ist jedoch nur schwer überschaubar ("Spaghetti Bowl") und verursacht unweigerlich auch Handelsverzerrungen. Das österreichische Außenwirtschaftsjahrbuch 2008 wird vom Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) herausgegeben. Das FIW ist eine Kooperationdes Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) und des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Rechenzentrums (WSR). Das FIW bietet eine Forschungsplattform zu außenwirtschaftsrelevanten Themenbereichen und geht auf eine Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit im Rahmen der Internationalisierungsinitiative "go international" zurück.

Weitere Informationen sowie das gesamte Jahrbuch "Österreichs Außenwirtschaft 2008" stehen auf der FIW-Website http://www.fiw.ac.at zum freien Download zur Verfügung.
     
zurück