ORF unterstützt acht neue Kinofilmprojekte   

erstellt am
13. 01. 09

Mittelaufstockung für zwei weitere Filme – Neues u. a. von Robert Dornhelm, Ulrich Seidl und Kurt Mündl
Wien (orf) - In der 137., gleichzeitig auch finalen Sitzung des Jahres 2008 der Gemeinsamen Kommission von ORF und Österreichischem Filminstitut, die seit 1981 über die Finanzierung heimischer Filmproduktionen entscheidet, hat der ORF im Dezember 2008 die Unterstützung von acht neuen Kinofilmprojekten beschlossen. Weiters wurden die finanziellen Mittel für zwei bereits geförderte Dokumentarfilmproduktionen aufgestockt. Unter den acht neuen Filmen finden sich u. a. die jüngsten Spielfilmarbeiten von Robert Dornhelm und Ulrich Seidl sowie eine Semidokumentation von „Universum“-Filmer Kurt Mündl über die österreichische Kaiserin Elisabeth. Für insgesamt drei Spielfilme, drei Dokumentarfilme, eine Spieldoku und einen Experimentalfilm stellt der ORF insgesamt 1.769.000 Euro an Herstellungs- und Innovationsförderung zur Verfügung. Die Mittelaufstockung beläuft sich auf weitere 45.000 Euro, sodass im Rahmen der 137. Sitzung insgesamt 1.814.000 Euro zugesagt wurden. Im gesamten Kalenderjahr 2008 hat der ORF somit 7.152.500 Euro für den österreichischen Kinofilm vergeben.

Die Projekte im Detail
„Victor Kaufmann“: Die Tragikomödie, die Österreichs Hollywood-Regieexport Robert Dornhelm nach einem Drehbuch von Paul Hengge realisieren wird, schildert das Schicksal des Juden Victor Kaufmann im Dritten Reich. Seine Beziehung zu dem vermeintlichen besten Freund Rudi Smekal hält dem NS-Terror nicht stand. Rudi entpuppt sich nach Hitlers Einmarsch als Nazi-Anhänger, der sich mit Victors „Familienschatz“ – einem unbekannten Michelangelo-Bild – die Gunst des Führers sichern will. Doch Victor, dessen Familie bereits ins KZ deportiert wurde, jubelt Rudi eine brillante Fälschung unter. Als dies bekannt wird, hat Victor Rudi in der Hand – und nimmt auch sein eigenes Schicksal in dieselbige. Für die österreichisch-deutsche Koproduktion zeichnet die Oscar-preisgekrönte Aichholzer Film („Die Fälscher“) verantwortlich.

„Paradies“: Als „Sehnsuchtsfilm“ bezeichnet Erfolgsregisseur und Produzent Ulrich Seidl sein jüngstes Spielfilmprojekt. Episodenartig erzählt er darin die zeitgleich stattfindenden Geschichten von drei Frauen und ihren sehr unterschiedlichen Reisen. „Paradies“ handelt vom Sextourismus, der ersten Liebe und der Hingabe zu Gott. Der Film erzählt von jungen Frauen und alten Männern; von alten Frauen und jungen Männern; von Afrikanern, die nach Europa wollen, und Europäerinnen, die in Afrika und mit afrikanischen Männern ihre Erfüllung suchen; vom Dicksein und vom Marktwert der Sexualität; von der Liebe zu Gott und falsch verstandener Religionen; von der Kluft zwischen Kulturen, zwischen Moslems und Christen und der Schuld, die man sich gegenseitig gibt. Und er erzählt von der Sehnsucht nach Liebe. Das Drehbuch zu dieser österreichisch-deutsch-französischen Koproduktion verfasste Ulrich Seidl gemeinsam mit Veronika Franz.

„Habermanns Mühle“: Von Österreich, Deutschland und Tschechien koproduziert wird das von Wega Film eingereichte Spielfilmprojekt „Habermanns Mühle“. Frei nach dem gleichnamigen Roman von Josef Urban schildert das Drehbuch von Wolfgang Limmer ein bewegendes Drama, das auf einer wahren Geschichte basiert. Der Film, der vom preisgekrönten tschechischen Filmemacher Juraj Herz in Szene gesetzt wird, beschäftigt sich mit der Vertreibung im tschechoslowakischen Grenzgebiet und spiegelt das Leben im Sudetenland vor dem Hintergrund der Weltpolitik in den Jahren zwischen 1938 und 1946 wider. August Habermann, ein wohlhabender und hoch geachteter Bürger, ist zu dieser Zeit der größte Unternehmer seines Dorfes. Verheiratet ist er mit der Tschechin Jana, die Halbjüdin ist. Obwohl Habermann nie an Politik oder Ideologien interessiert war, wird seine Familie in die Judenverfolgung und später in die Wirren des Zweiten Weltkriegs verwickelt.

„Sisi Royal“: Der vielfach preisgekrönte „Universum“-Filmer Kurt Mündl will in seinem semidokumentarischen Projekt „Sisi Royal“ den Dauermythos um die legendäre österreichische Kaiserin Elisabeth zerstreuen, vor allem das „zuckersüße“ Bild aus der Marischka-Trilogie durch ein wahrhaftigeres ersetzen. Mündl arbeitet u. a. mit aufwendigen historischen Darstellungen, Computeranimationen, Experteninterviews und Originalausschnitten aus Ernst Marischkas „Sisi“-Trilogie mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm. Produziert wird „Sisi Royal“ von Power of Earth.

„R.I.P., Requiescat in pace“: Filmemacherin Andrea Morgenthaler widmet sich in ihrem, von DOR Film eingereichten Dokumentarfilm, dem universellen, polarisierenden und häufig tabuisierten Thema Tod. Dabei richtet sie ihren Blick auf unterschiedliche Erd- und Kulturkreise, um irrationales und oft paradoxes Verhältnis zu den Toten aufzuzeigen. So begraben Europäer ihre Verstorbenen Toten, während Inder sie verbrennen und die Asche in den Ganges streuen. Afroamerikaner wollen ein letztes Foto des schön hergerichteten Leichnams, dem berühmten russischen Leichnam Lenins wird ein Begräbnis verweigert, in Phoenix lassen Kunden von Alcor in der Hoffnung auf zukünftige wissenschaftliche Möglichkeiten ihre sterblichen Überreste einfrieren und eine schwedische Ökologin sucht nach Kompostierungsmöglichkeiten menschlicher Leichen, damit die Welt zukünftig Tonnen an Toten bewältigen kann.

„The Future's Past – Creating Cambodia“: Die Amour Fou Film produziert Susanne Brandstätters jüngstes Dokumentarfilmprojekt über die Auswirkungen der Schreckensherrschaft der Roten Khmer in Kambodscha. Unter deren Guerilla-Regime ist in den 1970er Jahren ein Drittel der Bevölkerung Kambodschas ums Leben gekommen. In den nächsten Wochen soll in Phnom Penh das Tribunal gegen fünf hohe Funktionäre der Khmer Rouge beginnen. So steht zum Beispiel Kaing Guek Eav alias Duch unter Anklage, der einst Gefängnisdirektor von Tuel Sleng und Chefideologe der Khmer war. Als Einziger der fünf Angeklagten zeigte er Reue. Die anderen behaupten, von den Gräueltaten nichts gewusst zu haben.

„Die Evolution der Gewalt“: Der Republik Guatemala, die als eines der gewalttätigsten Länder der Welt gilt, widmet sich Fritz Ofner in seinem jüngsten Dokumentarfilmprojekt. Die Menschen dort nehmen die Justiz oft in die eigenen Hände. In vier ineinander überfließende, durch Archivmaterial ergänzte Episoden, will Ofner ein universelles Bild eines Landes erstellen, in dem der globale Hunger nach billigen Ressourcen Gewalt gesät hat. So führt u. a. ein Kriminalberichterstatter in die Welt der „Notas Rojas“, der blutigen Nachrichten, und Bewohner eines Maya-Dorfes sprechen über den vergessenen Genozid, den die Dorfgemeinschaft nicht länger verschweigen will. Produziert wird „Die Evolution Gewalt“ von Freibeuter Film.

„Herna“: Unter Verwendung eines Hörspiels von Bruno Pellandrini produziert Filmemacher Josef Dabernig den Experimentalfilm „Herna“, das frei übersetzt aus dem Tschechischen „Casino“ bedeutet. Die Handlung spielt in Brünn: Der Fahrer eines Kleinbusses lässt Frau und Kind im Auto zurück, um in einen kleinen Provinzspielsalon zu gehen. Während der Mann seiner Spielleidenschaft nachgeht, ist ein Dialog aus einem kurzweiligen Hörspiel Pellandrinis zu vernehmen.

Eine Mittelaufstockung erhält das von Coop99 Film produzierte Dokumentarfilmprojekt „Vergessene Kinder“ von Ed Moschitz, das von moldawischen Kindern und Jugendlichen handelt, die allein gelassen von ihren Müttern in ihren Heimatdörfern leben. Denn die Mütter lassen sich in Scharen illegal über die Grenzen schleppen, um dort Geld für die Familie zu verdienen. Ebenfalls aufgestockt werden die Mittel für Tina Leischs Dokumentarfilm „Gangster Girls“ (ehemals „Schwarzau“). Im Mittelpunkt steht eine engagierte Theateraufführung in der Justizanstalt für Frauen in der Schwarzau. Die meist jungen Insassinnen erzählen – unkenntlich gemacht durch Masken – ihre Lebensgeschichten. Produziert wird vom Verein Kinoki.
     
Informationen: http://    
     
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