Ökumene braucht mehr Basisbezug   

erstellt am
22. 01. 09

Ostkirchenexperte Prof. Rudolf Prokschi folgt Oberin Christine Gleixner als Vorsitzender der Wiener "Diözesankommission für ökumenische Fragen" nach
Wien (pew) - Der Ostkirchenexperte und neue Vorsitzende der Wiener "Diözesankommission für ökumenische Fragen", Prof. Rudolf Prokschi, plädiert für eine Verbesserung der innerkonfessionellen Informationsflüsse in der Ökumene. So wichtig die theologischen Debatten der unterschiedlichen Dialogkommissionen auf hoher Ebene auch seien, so wichtig sei es auf der anderen Seite, dass die Ergebnisse dieser Dialoge an der Basis in den Pfarrgemeinden ankommen, betonte Prokschi - der Ordinarius für Patrologie und Ostkirchenkunde an der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät ist und längere Zeit in Moskau gelebt hat - bei einem Journalistengespräch in Wien.

Erste Schritte in diese Richtung will Prokschi, der mit 1. Jänner den Vorsitz der Diözesankommission und die Vertretung der Erzdiözese Wien im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich und in der Ökumene-Kommission der Österreichischen Bischofskonferenz übernommen hat, durch einen gemeinsamen ökumenischen Studiennachmittag sowie die Einrichtung eines gemeinsamen ökumenischen Gebets setzen.

Das ökumenische Gebet findet am 29. Jänner um 18.30 Uhr im Wiener Priesterseminar statt. Laut Prokschi soll es eine geistliche Einstimmung auf das zeitgleich stattfindende Treffen der offiziellen ökumenischen Dialogkommission der orientalisch-orthodoxen Kirchen mit der katholischen Kirche in Rom vom 26. bis 30. Jänner darstellen. Das Dialogtreffen soll die Frage nach den Voraussetzungen für eine volle Kircheneinheit zwischen altorientalischen Kirchen und katholischer Kirche klären. Die altorientalischen Kirchen hatten sich nach dem Konzil von Chalcedon (heute: Kadiköy) im Jahr 451 von der allgemeinen Kirche getrennt.

Das gemeinsam mit der Stiftung "Pro Oriente" und dem St.Thomas-Kolleg ausgerichtete Gebet wird gemeinsam mit Vertretern der koptisch-orthodoxen, syrisch-orthodoxen, armenisch-apostolischen, äthiopisch-orthodoxen sowie der indisch-orthodoxen Kirchengemeinden in Wien stattfinden. Zugleich soll das Gebet dem gegenseitigen Kennenlernen und der Begegnung der christlichen Konfessionen auf pfarrlicher Ebene dienen. Eine ähnliche Initiative soll es auch im Herbst zur Begleitung der nächsten offiziellen Gesprächsrunde der internationalen orthodox-katholischen Dialogkommission auf Zypern geben.

Der Studiennachmittag am 13. Februar (16-20 Uhr, Stephansplatz 3, 1010 Wien) wird sich um eine ökumenische Sicht auf den Apostel Paulus und die paulinische Theologie bemühen. Im derzeitigen Paulus-Jahr sei dieser Aspekt der paulinischen Impulse für die Ökumene bislang zu wenig beachtet worden, so Prokschi. Als Referenten werden erwartet: der Prior der römischen Benediktinerabtei San Paolo fuori le Mura, P. Johannes Paul Abrahamowicz, der Frankfurter Neutestamentler em. Prof. Norbert Baumert, der orthodoxe Münchener Theologe Prof. Konstantin Nikolakopoulos sowie Volker Stolle, emeritierter Neutestamentler der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel.

"Gewaltiges Erbe"
Wie Prokschi betonte, habe er mit der Nachfolge von Oberin Gleixner als Vorsitzender der Wiener "Diözesankommission für ökumenische Fragen" ein "gewaltiges Erbe" angetreten. Oberin Gleixner habe entscheidend daran mitgewirkt, dass man heute in Österreich ein positives Dialogklima habe, so Prokschi. Die Kirchen seien Oberin Gleixner für ihre "durch Jahrzehnte hindurch mit Diskretion, Zähigkeit und Klugheit geleistete Arbeit für die Ökumene in Österreich" zu Dank verpflichtet. Er selbst wolle das bestehende gute ökumenische Klima weiterhin pflegen und zugleich für eine stärkere Vernetzung der bereits bestehenden ökumenischen Initiativen eintreten, sagte Prof. Prokschi.

Ein weiteres Ziel seiner Tätigkeit als Vorsitzender der Diözesankommission werde die stetige Verjüngung der Kommission sein, so Prokschi. Auch hier seien durch die Aufnahme von fünf neuen Mitgliedern bereits die Weichen gestellt. So wird die Kommission künftig durch den Subregens des Wiener Priesterseminars, Richard Tatzreiter, den Direktor des Kardinal-König-Hauses, P. Christian Marte, Nina Sevelda von der Katholischen Jugend Wien, den derzeitigen Leiter der Fachbereichsbibliothek Katholische und Evangelische Theologie, Wolfgang Rappert, sowie durch Katharina Strobl, eine enge Mitarbeiterin Prof. Prokschis, ergänzt.

Volle Communio bleibt ökumenisches Ziel
Im Blick auf den inhaltlichen Fortgang des ökumenischen Dialogs sagte Prokschi, dass das Ziel weiterhin die volle Kircheneinheit mit Kommuniongemeinschaft sein müsse. In dieser Frage des Sakramentenverständnisses sei bereits eine weitreichende Einigkeit erreicht worden, so dass es "für viele nicht mehr nachzuvollziehen ist, warum wir noch so lange zaudern", so Prokschi. Die "Einigkeit im dogmatischen Kernbereich" bedeute freilich nicht, dass auch sämtliche Fragen des Kirchenverständnisses geklärt seien. Hier gebe es noch weitreichenden Diskussionsbedarf, doch seien diese Fragen nicht kirchentrennend.
     
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