Gemeinsame Zukunftslösungen - Aufzeigen von Benachteiligungen
St. Pölten (mms) - Die vier NÖ Statutarstädte (Krems, St. Pölten, Waidhofen a.d.Ybbs,
Wiener Neustadt) bilden seit 20.01. ein gemeinsames Netzwerk. Gemeinsam will man aktuelle Zukunftsprobleme bewältigen,
neue Lösungsansätze suchen, aber auch Benachteiligungen aufzeigen. "Wir jammern nicht, aber es muss
neue Ansätze geben. Durch die Pflichten, welche aus dem jeweiligen Statut entstehen, erfüllen alle vier
Städte als Bezirksvertretungsbehörde unzählige Aufgaben und sind mit Sonderfällen konfrontiert",
betont St. Pöltens Bürgermeister Mag. Matthias Stadler als Gastgeber der 1. NÖ Statutarstädtekonferenz.
Zentrale Themen der Konferenz mit den Statutarstadtchefs LAbg Ingeborg Rinke (Krems), Mag. Wolfgang Mair (Waidhofen
a.d.Ybbs), Mag. Matthias Stadler (St. Pölten) und der Wiener Neustädter Finanzstadträtin KR Ingrid
Weiss:
- Problematik der Umlagen-Steigerungen
- Umsetzung von Großprojekten
- Finanzierung der Fachhochschulen: Evaluierung & Vergleich
- Sicherheit: steigende Kriminalität versus sinkender Personalstand bei der Polizei
- Zukunft der Statutarstädte: Bestandsgarantie contra Abschaffungsdiskussion
Was steckt hinter der Pro-Kopf-Verschuldung?
Reiht man die österreichischen Städte (Gemeinden mit mehr als 10.000 Ew.) nach der Pro-Kopf-Verschuldung,
dann zeigt sich, dass sich im Spitzenfeld der am höchsten verschuldeten Städte durchwegs solche aus Niederösterreich
finden. Nachfolgend einige Hypothesen betreffend die Ursachen:
- Die großen niederösterreichischen Städte waren bis 2004 (in geringem Umfang auch noch danach)
Träger von Krankenanstalten. Die Krankenanstalten sind zwar inzwischen in die Trägerschaft des Landes
übergegangen, bei den ehemaligen Trägern sind aber umfangreiche krankenhausbedingte Schulden verblieben.
Diese rühren zum größeren Teil aus kumulierten Betriebsabgängen, welche nachträglich
durch Fremdkapital bedeckt werden mussten und bei den ehemaligen Trägergemeinden verblieben sind. Bedeckt
werden muss auch die sogenannte Krazaf-Lücke, Geld das den Gemeinden als Trägern von Krankenhäusern
zugestanden wäre, aber niemals geflossen ist. Diese Frage ist bis heute unentschieden, und die Aussichten
auf eine Entscheidung zugunsten der NÖ Gemeinden stehen schlecht.
- Den NÖ Städten wird eine enorme Umlagenlast aufgebürdet. Die nach Maßgabe für Zwecke
der Sozialhilfe und vor allem für die Krankenanstalten an das Land zu entrichtenden Beiträge belasten
die Städte überproportional und wachsen zum Teil mit zweistelligen Zuwachsraten.
- In Niederösterreich genießen Gemeinden im ländlichen Raum Priorität, Städte fühlen
sich oft stiefmütterlich behandelt. Für Bedarfszuweisungen an Städte in NÖ gibt es keine einheitliche
Handhabung.
- Angesichts der Belastung mit Schuldendienst für alte Krankenhausschulden, hohen Zahlungen von Umlagen
an das Land und teilweise unzureichender finanzieller Unterstützung sind die Städte, wenn sie keinen
kommunalpolitischen Stillstand riskieren wollen, bei der Umsetzung von Projekten verstärkt auf den Kapitalmarkt
angewiesen, was naturgemäß wieder negativ auf den Schuldenstand wirkt.
- Die Statutarstädte sind zusätzlich benachteiligt, weil sie auch noch - ohne ausreichende Abgeltung
- die Aufgaben der Bezirksverwaltung erledigen müssen. Eine inzwischen schon in die Jahre gekommene Studie
beziffert den Aufwand dafür mit 50 € pro Kopf, inzwischen sind es sicherlich um 50 Prozent mehr, also 75 €.
Statutarstädten werden immer mehr Aufgaben übertragen
In den letzten 10 Jahren hat sich die Lage insofern verschlimmert, als der Bund Aufgaben der Bundespolizei
zunehmend den Statutarstädten übertragen hat ohne zugleich für eine angemessene Ausstattung mit
Finanzmitteln zu sorgen. Überhaupt hat sich eingebürgert, dass der Bund seine politische Ziele auf Kosten
der ihm nachgeordneten Gebietskörperschaften umzusetzen versucht.
Ein augenfälliges Beispiel der letzten Zeit ist etwa das verpflichtende Kindergartenjahr, welches im Falle
der Verwirklichung den Bedarf an Kindergartenplätzen um bis zu 20 Prozent erhöhen könnte. Auch wenn
Sonderfördertöpfe für die Investitionen dafür vom Land zur Verfügung gestellt werden so
sind für den weiteren laufenden Betrieb für die Instandhaltungs- und Infrastrukturkosten abermals die
Gemeinden alleine verantwortlich ohne dafür eine entsprechende Abgeltung zu bekommen. .
Neue Steuerbelastung kommt auf Städte zu
Im Schatten der Finanzkrise droht den Städten die weitgehende finanzielle Lähmung. Denn es ist
unvermeidlich, dass infolge Rezession die Einnahmen an Steuern und Ertragsanteilen einbrechen werden. Man wird
froh sein können, wenn das Niveau von 2008 nicht unterschritten wird. Damit nicht genug, wird in Kürze
rückwirkend ab 1.1.2009 eine Reform des Einkommensteuertarifs in Kraft treten, die die bereits beeinträchtigten
Einnahmenausfälle nochmals verschärfen wird. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit solcher
Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft und der Kaufkraft ist für die Gemeinden und Städte
ein Ersatz dieser Einnahmenverluste dringend erforderlich.
Infrastrukturinvestitionen ein Konjunkturmotor
Die Gemeinden und allen voran die Städte sind in Summe der größte öffentliche Investor, und
in den Gemeinden besteht insgesamt ein großer Investitions- und Instandhaltungsrückstau: "Es sind
vor allem die Infrastrukturinvestitionen auf kommunaler Ebene, die den Konjunkturmotor wieder rasch zum Laufen
bringen können. Denn sie setzen kurzfristige Nachfrageimpulse, stärken die Unternehmen vor Ort und halten
so Arbeitsplätze" heißt es auch in einer kürzlich er-schienenen Aussendung des Österreichischen
Städtebundes.
Anhebung der Wertgrenzen
Nach Übergabe der Krankenhäuser aller vier Statutarstädte Niederösterreichs an das Land NÖ
ist bekanntlich der Budgetrahmen der Statutarstädte auf höchstens die Hälfte des Ursprünglichen
zurückgegangen, womit etwa bei Vergabe von Aufträgen aber auch von Subventionen vermehrt Beschlüsse
von Kollegial-organen erforderlich wurden. Um die Kompetenzlage wie vor Übergabe der Krankenhäuser wieder
herzustellen, wäre es höchst angezeigt, die Wertgrenzen auf das Doppelte anzuheben.
Asylwerber & Konventionsflüchtlinge: Mehraufwand-Abgeltung
Mit der Einbindung der Magistrate als Bezirksverwaltungsbehörden in die für Asylwerber bzw. Konventionsflüchtlinge
gewährte Grundversorgung entsteht den Statutarstädten ein erheblicher zusätzlicher Aufwand, welcher
nur exemplarisch für viele andere Aufgabenübertragungen an die Bezirksverwaltungsbehörden angeführt
wird, wofür im Finanzausgleich zwar grundsätzlich ein Ersatz vorgesehen ist, dieser aber durch die laufende
Übernahme neuer Aufgaben nicht mehr adäquat erscheint. So werden etwa erforderliche ärztliche Untersuchungen
vom Land NÖ der jeweiligen Wohnsitzbehörde verrechnet.
Neudefinition der Finanzkraft
Die eigentliche finanzielle Situation der Städte mit ihrer Verschuldung auf Grund der Erfüllung ihrer
vielfältigen gesetzlichen und politischen Aufgaben findet praktisch keine Berücksichtigung. Hier sollte
über entsprechende Korrekturen diskutiert werden, sodass durch geeignete Förderungen die allseits angespannte
finanzielle Situation der NÖ Statutarstädte entschärft werden könnte.
Was die Statutarstädte einfordern
- Von Bund und Land ist daher zu fordern, dass sie günstige Finanzierungen für kommunale Vorhaben bereitstellen,
sei es durch günstige Kredite - etwa Zugang zur Bundesfinanzierungsagentur -, Schuldendiensthilfen und ähnliches
mehr.
- Verbesserung der Einnahmensituation durch Ausdehnung der Kommunalsteuerpflicht auch auf Dienstnehmer von Körperschaften
öffentlichen Rechts
- Deutliche Absenkung der Belastungen durch Umlagen und Transferleistungen an das Land und somit Entlastung der
Stadtbudgets.
- Ende der ungleichen Behandlung der NÖ Städte bei den Bedarfszuweisungen
- Abgeltung der KRAZAF-Lücke
- Anhebung der Wertgrenzen
- Abgeltung des Mehraufwandes für übernommene bzw. zu übernehmende Aufgaben
- Es geht nicht um das "Ausspielen" von Städten gegen kleinere Gemeinden, doch sind die Statutarstädte
Niederösterreich mit ihren Budget und Investitionen ein kräftiger Motor der Konjunktur. Krems, St. Pölten,
Waidhofen a.d.Ybbs und
Wiener Neustadt leisten hervorragende Arbeit, deshalb gehört auch die finanzielle Bedeckung entsprechend
den Anforderungen von heute neu geregelt.
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