Entscheidung über GVO-Sorten an Kommission weitergereicht
Brüssel / Wien (bmlfuw/aiz) - Beim ersten EU-Agrarministerrat unter tschechischer Präsidentschaft
zu Beginn dieser Woche in Brüssel trafen die Pläne der Kommission zur Unterstützung des europäischen
Milchmarktes auf Zustimmung der Mitgliedstaaten. Höchst unterschiedlich sieht deren Meinung hingegen zur Zulassung
der gentechnisch veränderten Rapssorte T45 und einer ebenso modifizierten Nelke aus, weshalb die Entscheidung
an die Kommission zurückgegeben wird.
Auch Österreichs Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich sprach sich gegen die GV-Sorten aus, da die Risikobewertung
durch die Europäische Lebensmittelsicherheits-Behörde mangelhaft sei. Weitere wichtige Themen waren die
formelle Verabschiedung des Health Checks, eine Aussprache über illegale Holzimporte, ein möglicher Beitritt
der EU zur Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) sowie Maßnahmen für ein besseres
Funktionieren der Lebensmittelkette.
Milch: Negative Folgen für Berggebiete und Tourismus verhindern
Eine Mehrheit der EU-Agrarminister schätzt die Lage auf dem Milchmarkt als bedrohlich ein. Um eine Ausdünnung
der Produktion zu verhindern, akzeptieren die Ressortchefs eine Rückkehr zur Preisstützungspolitik. In
einigen Regionen der EU sei die Lage dramatisch, betonte EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel gestern beim
Rat. Exporterstattungen für Milchprodukte und erweiterte Interventionsmöglichkeiten seien deshalb gerechtfertigt.
Wenn ein Milcherzeuger einmal aufgrund der miserablen Preise aufgebe, sei dies nicht mehr umkehrbar - mit allen
negativen Folgen für Berggebiete und den Tourismus, warnte Fischer Boel.
Einige Länder kritisierten, dass die Kommission eine Teilschuld an den niedrigen Milchpreisen habe. In den
Verhandlungen zum Health Check sei vor den Gefahren durch Quotenerhöhungen gewarnt worden, meinten Staaten
wie Deutschland und Österreich. Schäden für Entwicklungsländer durch die Ausfuhrhilfen der
EU werden kaum befürchtet. Dazu sei der Anteil der Lieferungen von europäischen Molkereierzeugnissen
in Entwicklungsländer viel zu gering, meinte etwa die BRD.
Weiterer Vorschlag zu Konjunkturprogrammen im ländlichen Raum
Die Kommission werde in der kommenden Woche einen weiteren Vorschlag zu Konjunkturprogrammen im ländlichen
Raum machen, kündigte Fischer Boel an. Die Milcherzeuger sollten zusätzliche Fördermittel bekommen,
da die Programme im Rahmen des Health Checks erst im Jahr 2010 griffen und dies für die augenblickliche Krise
zu spät sei. Die EU-Mitgliedstaaten würden unterschiedliche Schwerpunkte bei den vorgesehenen Förderungen
von Breitbandinternet, Klimaschutz, Artenvielfalt und den Milcherzeugern setzen, schätzt Fischer Boel. Widerstand
gegen den agrarischen Teil des Konjunkturprogramms fürchtet sie weniger in der Kommission als im Ministerrat
und im Europäischen Parlament.
GVO-Entscheidungen an Kommission weitergereicht
Die Entscheidung über die Zulassung der gentechnisch veränderten Rapssorte T45 wird von den EU-Agrarministern
wieder an die EU-Kommission übertragen. Beim Rat stimmten die Mitgliedstaaten weder eindeutig für noch
eindeutig gegen die Vermarktung von T45 in der EU. Ähnlich fiel das Ergebnis bei der gentechnisch veränderten
Nelke Dianthus caryophyllus L. aus. Für die Schnittblume mit gentechnisch veränderter Farbe stimmte eine
einfache Mehrheit, was jedoch auch nicht für eine Zulassung reicht. Nun hat die Kommission das letzte Wort.
"Health Check" der GAP formell verabschiedet
Weiters segneten die EU-Agrarminister den Health Check gestern formell ab. An dem im Dezember ausgehandelten Kompromiss
ist im Sonderausschuss Landwirtschaft zuvor noch einiges klargestellt, aber nichts Wesentliches mehr geändert
worden. Wichtige Anpassungen im Rahmen des Gesundheitschecks sind eine höhere Modulation der Direktzahlungen
sowie Begleitprogramme zum Auslaufen der Milchquote im Jahr 2015. Lettland, Litauen und die Slowakische Republik
wollten gegen den Health Check stimmen, Tschechien sich enthalten. Die Osteuropäer bemängeln eine ungleiche
Verteilung der Direktzahlungen nach ihrem Beitritt.
OIV-Beitrittspläne von vielen skeptisch gesehen
Außerdem hat die Kommission ihre Pläne zum Beitritt der EU zur Internationalen Weinorganisation (OIV)
vorgestellt, wofür sie von den Mitgliedstaaten das Verhandlungsmandat erteilt bekommen möchte. Zahlreiche
Länder, darunter etwa Österreich, Frankreich, Deutschland und Luxemburg, zeigten sich jedoch höchst
skeptisch und halten einen Beobachterstatus einstweilen für besser.
Skepsis herrscht auch im Hinblick auf den Verordnungsvorschlag zu Verpflichtungen von Marktteilnehmern am internationalen
Holzhandel. Insbesondere Länder mit umfangreicher Holzproduktion befürchten große bürokratische
Belastungen für ihren Sektor und Wettbewerbsnachteile für den nachwachsenden Rohstoff gegenüber
anderen Materialien.
Österreich befürwortet Analysen zur Lebensmittel-Preissituation
Ferner erläuterte die EU-Kommission die von ihr am 10.12.2008 angenommene Mitteilung zu Lebensmittelpreisen
in Europa. Österreich zeigte sich damit einverstanden, dass Marktbeobachtungen und -Analysen stattfinden,
um für die Zukunft die passenden Schlüsse ziehen zu können. Außerdem könne ein gezieltes
Monitoring dazu beitragen, mehr über Spekulationen im Agrarbereich zu erfahren, hieß es aus dem Lebensministerium.
Alle Bemühungen seien zu verstärken, die darauf abzielen, Weltangebot und -nachfrage nach Lebensmitteln
wieder ins Lot zu bringen und die Agrarforschung zu beleben. Bei etwaigen Marktöffnungen dürften außerdem
die Wettbewerbsbedingungen auf den lokalen Märkten nicht zum Nachteil der Verbraucher und Produzenten verschlechtert
werden. |