Wien (oenb) - Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise hat in den letzten Monaten auch auf die österreichische
Wirtschaft übergegriffen. Nationale und internationale Prognoseinstitutionen haben ihre Erwartungen für
das Jahr 2009 deutlich nach unten korrigiert. Die aktuelle Konjunktursituation ist durch eine ganze Reihe besonderer
Einflussfaktoren geprägt, die wesentlich für ihr Verständnis, aber auch für den weiteren Verlauf
der Wirtschaftsentwicklung in Österreich sind.
Im der eben erschienenen neuesten Ausgabe der OeNB-Publikation Geldpolitik & Wirtschaft (Heft 4/2008) haben
deshalb Forscher der OeNB – in Ergänzung zur jüngsten Wirtschaftsprognose – drei ausgewählte Wirkungskanäle
untersucht, die für die Übertragung der Krise von Bedeutung sein können.
Vergleichsweise geringe Dämpfung von Konsum und Wirtschaftswachstum durch Aktienkursverluste
Die österreichischen Privathaushalte und selbstständig Erwerbstätigen haben seit Beginn der Krise
Mitte 2007 Bewertungsverluste bei Wertpapieren von rund 17 Mrd EUR erlitten. Da insbesondere der Aktienanteil am
Finanzvermögen in Österreich aber relativ gering ist und Wertpapiere in erster Linie von Haushalten mit
hohem Vermögen und Einkommen gehalten werden, erweisen sich die makroökonomischen Wirkungen dieser Vermögensverluste
als eher gering. „Über einen Zeitraum von fünf Jahren liegen sie bei insgesamt –0,3% für den privaten
Konsum bzw. –0,1% für das Wirtschaftswachstum“, so die Studienautoren Gerhard Fenz und Pirmin Fessler. Allerdings
kann nicht ausgeschlossen werden, dass der weitreichende Charakter der aktuellen Krise z. B. über Vertrauensverluste
stärkere Effekte nach sich ziehen könnte.
„Credit Crunch“ kann nicht ausgeschlossen werden
Eine zentrale Frage in dieser schwierigen Finanzmarkt- und Konjunktursituation ist, ob eine angebotsseitige
Kreditverknappung („Credit Crunch“) – speziell bei Unternehmenskrediten – verhindert werden kann. Wie die Ergebnisse
der Umfrage über das Kreditgeschäft zeigen, ist die Kreditvergabe seit Beginn der Krise im Sommer 2007
restriktiver geworden, wofür vor allem die verschlechterten Refinanzierungsbedingungen auf dem Interbankenmarkt
ausschlaggebend waren. Zusätzlich dürfte sich die Bonität der Unternehmen in nächster Zeit
konjunkturbedingt vermindern, was zusätzlich zu einer Verlangsamung der Kreditdynamik beitragen wird. „Die
Entstehung einer Kreditklemme in Österreich ist daher auf Basis der derzeit vorliegenden Daten nicht auszuschließen“,
so der Studienautor Walter Waschiczek. Umso wichtiger erscheint die rasche Umsetzung der im Bankenpaket vorgesehenen
Maßnahmen, damit die Finanzierung der österreichischen Unternehmen weiter aufrecht erhalten werden kann.
Erhöhte Refinanzierungskosten wurden von den Banken gegenüber Kunden teilweise abgefedert
Eine weitere Studie untersucht, wie die Banken auf die insbesondere durch Risikozuschläge teurere Refinanzierung
auf Geld- und Kapitalmärkten reagiert haben. Die Ergebnisse zeigen, dass – anders als vielleicht erwartet
– die österreichischen Banken seit Ausbruch der Krise die Kreditzinsen tendenziell weniger stark angehoben
haben, als dies in der Vergangenheit unter „normalen“ Bedingungen zu erwarten wäre. „Das Hausbankenprinzip
scheint zumindest die Stammkunden vor zu großen Zinsschwankungen zu schützen“, so die Autoren Claudia
Kwapil und Clemens Jobst. Die Banken unterscheiden dabei allerdings klar zwischen Kundengruppen. Nur teilweise
oder verlangsamt weitergegeben wurden die erhöhten Geldmarktzinsen vor allem bei Unternehmen und bei Kreditnehmern
von Wohnbaukrediten mit langer Zinsbindung. |