Gouverneur Nowotny: Stabilität Zentral- und Osteuropas im gesamteuropäischen Interesse   

erstellt am
29. 01. 09

Mittelfristige Perspektive der Region eindeutig positiv!
Wien (oenb) - „Trotz der in Gang befindlichen negativen Auswirkungen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise auf Zentral-, Ost- und Südosteuropa kann es keinen Zweifel geben, dass diese Region auf einem langfristigen investitionsgetriebenen Wachstumspfad bleiben wird, wenn auf die gegenwärtigen Herausforderungen in angemessener Weise reagiert wird.“ Dies betonte Gouverneur Ewald Nowotny in seiner Rede am 28.01. bei der „Sky-Konferenz“ von Raiffeisen International.

Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) ist nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa von großer Bedeutung! Der Gouverneur verwies auf die Initiative von neun überregionalen europäischen – darunter zwei österreichischen – Banken1), welche sich für eine breite Unterstützung der Region durch die EU aussprechen. Die CESEE-Region ist jedoch nicht nur für die Finanzwirtschaft von Bedeutung, sondern insbesondere auch für die Realwirtschaft des Euroraums ein wichtiger Handels- und Investitionspartner.

So beläuft sich der (jährliche) Leistungsbilanzüberschuss des Euroraumes gegenüber den neuen EU-Mitgliedsländern auf über 60 Mrd. EUR. Die Exporte des Euroraums in diese Region (inkl. Russland) belaufen sich auf ca. 400 Mrd. EUR. Die tschechische Republik und Polen sind neben Rumänien die wichtigsten Handelspartner. Deutschland, Italien, die Niederlande, Österreich und Frankreich sind die größten Exporteure.

Angesichts der enorm gestiegenen Bedeutung der Exporte der alten EU-Mitgliedsländer in die CESEE-Länder und der aus den alten EU-Mitgliedsländern kommenden Direktinvestitionen in CESEE, ist die Region für ganz Europa von strategischem wirtschaftlichen Interesse.Die Direktinvestitionsbestände des Euroraumes in dieser Region belaufen sich auf rd. 270 Mrd. EUR; das ist 4-mal so hoch wie jene in Japan, 9-mal so hoch wie jene in China, oder ca. 40% der Direktinvestitionen in den USA.

Die Direktinvestitionen Österreichs in Zentral-, Ost und Südosteuropa belaufen sich auf gut 50 Mrd. EUR. Die Anzahl der österreichischen Beteiligungen in dieser Region liegt bei über 1.700 und – besonders wichtig aus der Sicht der Gastländer – über 350.000 Beschäftigte werden von österreichischen Tochtergesellschaften beschäftigt.

„Mittel- bis langfristig hat die CESEE-Region ein großes Catching-up Potenzial, insbesondere auch im Bereich der Finanzwirtschaft“, betonte Gouverneur Nowotny. So ist der Grad der finanzwirtschaftlichen Durchdringung – gemessen an dem Volumen der Kredite in Prozent des BIP – weit von dem westlicher Industrieländer entfernt und langsam steigend. Das Verhältnis liegt z. B. in Rumänien erst bei rd. 40%, in Polen und der Slowakei bei rd. 43%, in Tschechien bei 50%, und in Slowenien bei 85%. In Österreich liegt der Wert bei rd. 110%. Das heißt, diese Region ist – unabhängig von kurzfristigen Entwicklungen – langfristig ein Wachstumsmarkt für Finanzdienstleistungen und daher für Banken. Das Engagement ausländischer Banken in der Region ist vor allem aber auch im Interesse der Bürger in Zentral- und Osteuropa, die von einem effizienteren und stabileren Finanzsektor profitieren.

Setzt man das direkte und indirekte CESEE-Kreditexposure der Banken in Verhältnis zum BIP des Konzernsitzlandes, so nehmen Österreichs Banken eine bedeutende Stellung ein. Gemäß den Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) beträgt das Exposure österreichischer Banken gegenüber diesen Volkswirtschaften rund 190 Mrd. EUR.Zwölf österreichische Banken sind mit 73 Tochterbanken in 19 Ländern tätig.Rund drei Viertel dieses Kreditportfolios österreichischer Banken besteht gegenüber EU-Mitgliedstaaten. Dies ist ein nicht zu unterschätzender, zusätzlicher Aspekt, so der Gouverneur, da diese EU-Mitglieder z. B. über potenzielle Zahlungsbilanzhilfen der Europäischen Union (derzeit stehen hierfür 25 Mrd. Euro bereit), die Kohäsions- und Strukturfonds der EU, als auch die Europäische Investitionsbank (EIB), in den EU-Stabilitätsrahmen eingebettet sind.

Die wirtschaftliche Entwicklung der CESEE-Länder ist relativ heterogen und ihre gegenseitige Verflechtung nicht besonders stark, was die Gefahr von Ansteckungseffekten verringert. Zentral-, Ost- und Südosteuropa ist kein einheitlicher Wirtschaftsraum, heutzutage noch weniger als früher. So wird in Slowenien und in der Slowakischen Republik mittlerweile mit Euro bezahlt; Slowenien sowie die Tschechische Republik weisen bereits das Einkommensniveau von Portugal und Griechenland auf.

Der Gouverneur schloss mit dem Appell, gemeinsam weiterzuarbeiten, um die Auswirkungen der internationalen Krise auf Zentral- und Osteuropa durch starke und koordinierte Anstrengungen aller Beteiligten des privaten und des öffentlichen Sektors zu bewältigen!
     
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