Mittelfristige Perspektive der Region eindeutig positiv!
Wien (oenb) - „Trotz der in Gang befindlichen negativen Auswirkungen der internationalen Finanz-
und Wirtschaftskrise auf Zentral-, Ost- und Südosteuropa kann es keinen Zweifel geben, dass diese Region auf
einem langfristigen investitionsgetriebenen Wachstumspfad bleiben wird, wenn auf die gegenwärtigen Herausforderungen
in angemessener Weise reagiert wird.“ Dies betonte Gouverneur Ewald Nowotny in seiner Rede am 28.01. bei der „Sky-Konferenz“
von Raiffeisen International.
Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) ist nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa
von großer Bedeutung! Der Gouverneur verwies auf die Initiative von neun überregionalen europäischen
– darunter zwei österreichischen – Banken1), welche sich für eine breite Unterstützung der Region
durch die EU aussprechen. Die CESEE-Region ist jedoch nicht nur für die Finanzwirtschaft von Bedeutung, sondern
insbesondere auch für die Realwirtschaft des Euroraums ein wichtiger Handels- und Investitionspartner.
So beläuft sich der (jährliche) Leistungsbilanzüberschuss des Euroraumes gegenüber den neuen
EU-Mitgliedsländern auf über 60 Mrd. EUR. Die Exporte des Euroraums in diese Region (inkl. Russland)
belaufen sich auf ca. 400 Mrd. EUR. Die tschechische Republik und Polen sind neben Rumänien die wichtigsten
Handelspartner. Deutschland, Italien, die Niederlande, Österreich und Frankreich sind die größten
Exporteure.
Angesichts der enorm gestiegenen Bedeutung der Exporte der alten EU-Mitgliedsländer in die CESEE-Länder
und der aus den alten EU-Mitgliedsländern kommenden Direktinvestitionen in CESEE, ist die Region für
ganz Europa von strategischem wirtschaftlichen Interesse.Die Direktinvestitionsbestände des Euroraumes in
dieser Region belaufen sich auf rd. 270 Mrd. EUR; das ist 4-mal so hoch wie jene in Japan, 9-mal so hoch wie jene
in China, oder ca. 40% der Direktinvestitionen in den USA.
Die Direktinvestitionen Österreichs in Zentral-, Ost und Südosteuropa belaufen sich auf gut 50 Mrd. EUR.
Die Anzahl der österreichischen Beteiligungen in dieser Region liegt bei über 1.700 und – besonders wichtig
aus der Sicht der Gastländer – über 350.000 Beschäftigte werden von österreichischen Tochtergesellschaften
beschäftigt.
„Mittel- bis langfristig hat die CESEE-Region ein großes Catching-up Potenzial, insbesondere auch im Bereich
der Finanzwirtschaft“, betonte Gouverneur Nowotny. So ist der Grad der finanzwirtschaftlichen Durchdringung – gemessen
an dem Volumen der Kredite in Prozent des BIP – weit von dem westlicher Industrieländer entfernt und langsam
steigend. Das Verhältnis liegt z. B. in Rumänien erst bei rd. 40%, in Polen und der Slowakei bei rd.
43%, in Tschechien bei 50%, und in Slowenien bei 85%. In Österreich liegt der Wert bei rd. 110%. Das heißt,
diese Region ist – unabhängig von kurzfristigen Entwicklungen – langfristig ein Wachstumsmarkt für Finanzdienstleistungen
und daher für Banken. Das Engagement ausländischer Banken in der Region ist vor allem aber auch im Interesse
der Bürger in Zentral- und Osteuropa, die von einem effizienteren und stabileren Finanzsektor profitieren.
Setzt man das direkte und indirekte CESEE-Kreditexposure der Banken in Verhältnis zum BIP des Konzernsitzlandes,
so nehmen Österreichs Banken eine bedeutende Stellung ein. Gemäß den Zahlen der Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich (BIZ) beträgt das Exposure österreichischer Banken gegenüber diesen Volkswirtschaften
rund 190 Mrd. EUR.Zwölf österreichische Banken sind mit 73 Tochterbanken in 19 Ländern tätig.Rund
drei Viertel dieses Kreditportfolios österreichischer Banken besteht gegenüber EU-Mitgliedstaaten. Dies
ist ein nicht zu unterschätzender, zusätzlicher Aspekt, so der Gouverneur, da diese EU-Mitglieder z.
B. über potenzielle Zahlungsbilanzhilfen der Europäischen Union (derzeit stehen hierfür 25 Mrd.
Euro bereit), die Kohäsions- und Strukturfonds der EU, als auch die Europäische Investitionsbank (EIB),
in den EU-Stabilitätsrahmen eingebettet sind.
Die wirtschaftliche Entwicklung der CESEE-Länder ist relativ heterogen und ihre gegenseitige Verflechtung
nicht besonders stark, was die Gefahr von Ansteckungseffekten verringert. Zentral-, Ost- und Südosteuropa
ist kein einheitlicher Wirtschaftsraum, heutzutage noch weniger als früher. So wird in Slowenien und in der
Slowakischen Republik mittlerweile mit Euro bezahlt; Slowenien sowie die Tschechische Republik weisen bereits das
Einkommensniveau von Portugal und Griechenland auf.
Der Gouverneur schloss mit dem Appell, gemeinsam weiterzuarbeiten, um die Auswirkungen der internationalen Krise
auf Zentral- und Osteuropa durch starke und koordinierte Anstrengungen aller Beteiligten des privaten und des öffentlichen
Sektors zu bewältigen! |