Wie Zellorganellen gebaut werden Neuer Transportweg für peroxisomale Membranproteine entdeckt
RUB-Forscher veröffentlichen Studie im Journal of Biological Chemistry
Bochum (universität) - Peroxisomen sind vielfältige Arbeitseinheiten in Zellen, die verschiedenste
Aufgaben erfüllen. Der Ausfall dieser Zellorganellen führt beim Menschen zum Tod. Ihre Herstellung (Biogenese)
folgt nicht den bekannten Regeln und ist noch weitgehend unverstanden. Mit der Entdeckung eines neuen Transportwegs
für Bausteine der Membran von Peroxisomen leistete die Forschergruppe von Prof. Dr. Ralf Erdmann und Dr. Hanspeter
Rottensteiner (Abteilung Systembiochemie, Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität) jetzt einen wesentlichen
Beitrag zum Verständnis der Entstehung und Herkunft der Peroxisomen. Über ihre Ergebnisse berichten die
Forscher im renommierten "Journal of Biological Chemistry".
Peroxisomen: Organellen mit vielfältigen Aufgaben
Peroxisomen sind Zellorganellen, die eine Vielzahl von Stoffwechselaufgaben in der Zelle übernehmen.
Sie enthalten über 50 verschiedene funktionelle Eiweiße (Enzyme), deren Zusammensetzung sehr variabel
den jeweiligen Bedürfnissen des Organismus angepasst werden kann. Ein wesentliches Charakteristikum von Peroxisomen
ist die räumliche Abschottung (Kompartimentierung) von Stoffwechselwegen, bei denen das giftige Wasserstoffperoxid
entsteht, dessen Beseitigung eine Hauptaufgabe der Peroxisomen ist.
Krankheiten durch Peroxisomendefekt sind meist tödlich
"Die Wichtigkeit dieser Organellen zeigt sich in den Krankheiten, die auf einem Defekt in einzelnen
Enzymen oder einer Störung der Biogenese der Peroxisomen beruhen", erklärt Prof. Erdmann. Krankheiten
aufgrund einer Störung der Biogenese werden als Zellweger-Spektrum zusammengefasst. "Diese Krankheiten
sind meist so schwer, dass die Patienten bereits im Säuglingsalter sterben." Für die Entwicklung
von Ansätzen zur Diagnose und Therapie ist die Aufklärung der Biogenese dieser Organellen von entscheidender
Bedeutung.
Membran-Aufbau auf Umwegen
Die RUB-Arbeitsgruppe untersucht unter anderem die Herkunft und Biogenese der Membran der Peroxisomen.
"Um funktionelle Organellen herzustellen, muss zunächst die peroxisomale Proteinimportmaschinerie zusammengesetzt
werden", erläutert Prof. Erdmann. "Erst danach kann das Peroxisom die vielen nötigen Enzyme
importieren." Für den Einbau der Membranproteine ist das Protein Pex3p ein entscheidender Faktor. Es
dient als Andockstelle an der Membran, wo neu hergestellte Proteine zielgerichtet eingebaut werden. Wie Pex3p selbst
in die Membran eingefügt wird, ist bis heute noch nicht ganz geklärt. Es konnte jedoch gezeigt werden,
dass Pex3p nach seiner Herstellung in der Zellflüssigkeit zunächst in die Membran des endoplasmatischen
Retikulums (ER, eine andere Zellorganelle) eingebaut und anschließend auf bislang unbekannte Weise zu den
Peroxisomen transportiert wird. "Dieser Weg unterscheidet sich deutlich von dem anderer peroxisomaler Membranproteine,
welche direkt in bestehende Peroxisomen eingebaut werden und hierfür Pex3p benötigen", so Prof.
Erdmann.
Vermeintlich exklusiver Weg stellt sich als allgemein heraus
Bislang wurde angenommen, dass Pex3p das einzige peroxisomale Protein ist, welches über das endoplasmatische
Retikulum zu den Peroxisomen gelangt. Dies konnten die RUB-Forscher jetzt widerlegen. Sie verglichen die Importwege
von Pex3p und einem weiteren peroxisomalen Membranprotein, Pex22p, und konnten zeigen, dass ein kleiner Teil der
Proteine jeweils ausreicht, um ein fluoreszierendes Reporterprotein zu Peroxisomen zu transportieren. Die Abschnitte
des Proteins, die dazu dienen, ein bestimmtes Ziel anzusteuern, werden als Signalsequenzen bezeichnet. Die Ähnlichkeit
dieser Signalsequenzen von Pex3p und Pex22p brachten die Forscher auf die Idee, die beiden Teile mittels molekularbiologischer
Techniken untereinander auszutauschen und die Funktionalität der beiden so veränderten Proteine zu untersuchen.
Ihre Analysen ergaben, dass die Signalsequenzen der beiden Proteine austauschbar sind, ohne dass die Zielsteuerung
in Mitleidenschaft gezogen wird. In weiterführenden Untersuchungen konnten sie zeigen, dass beide Proteine
den gleichen Transportweg benutzen. "Damit wird dieser Transportweg nicht, wie bisher angenommen, exklusiv
von Pex3p genutzt, sondern stellt einen neuen allgemeinen Transportweg für peroxisomale Membraneproteine dar",
folgert Prof. Erdmann. Die Studie zeigte außerdem, dass die Signalsequenz zwar für die Zielbestimmung,
im Gegensatz zur bisherigen Auffassung aber nicht für die spezifische Funktion des Pex3p bei der Biogenese
der Peroxisomen verantwortlich ist.
Titelaufnahme
André Halbach, Robert Rucktäschel, Hanspeter Rottensteiner, Ralf Erdmann:
The N-domain of Pex22p Can Functionally Replace the Pex3p N-domain in Targeting and Peroxisome Formation. In: The
Journal of Biological Chemistry, Vol. 284, Issue 6, 3906-3916, FEBRUARY 6, 2009, doi:10.1074/jbc.M806950200 |