Würzburg (idw) - Der Schlaganfall ist eine Volkskrankheit, die bisher nur unzureichend behandelt werden
kann. Nun sind Wissenschaftler der Universitäten Würzburg und Leuven (Belgien) einem bislang unbekannten
Entstehungsmechanismus auf der Spur: Sie konnten zeigen, dass Mäuse vor Schlaganfall geschützt sind,
wenn bei ihnen ein bestimmtes Blut- Eiweiß ausgeschaltet - und damit nicht wirksam - ist. Das berichten sie
im Fachjournal BLOOD.
Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse über diesen Entstehungsmechanismus zukünftig auch zu einer
verbesserten Therapie beim Menschen führen werden. Konkret konnte die Arbeitsgruppe um Guido Stoll und Christoph
Kleinschnitz (Neurologische Universitätsklinik) zusammen mit Bernhard Nieswandt vom Rudolf-Virchow Zentrum
nachweisen, dass Mäuse mit einem genetischen Defekt eines bestimmten Blut- Eiweißes, dem sogenannten
von Willebrand Faktor, zum einen kleinere Schlaganfälle erleiden. Zum anderen entwickeln sie weniger neurologische
Ausfallerscheinungen wie zum Beispiel Lähmungen, wenn sich ihre Gehirnarterien verschließen.
Der von Willebrand Faktor wird unter anderem von Blutgefäßen gebildet, zirkuliert in der Blutbahn und
bildet bei Verletzungen eine Art Netz zwischen den Blutplättchen und der Gefäßwand. Dadurch trägt
er ganz wesentlich zur Blutstillung bei. Im Rahmen von Schlaganfällen führt er jedoch offensichtlich
zu einer überschießenden und ungewünschten Bildung von Blutpfropfen, die die Gefäße
verschließen. Menschen mit einem schweren erblichen Mangel an von Willebrand Faktor neigen zum Teil zu vermehrten
Blutungen.
"Überraschenderweise fand sich jedoch in den von uns untersuchten Mäusen ohne von Willebrand Faktor
keine erhöhte Blutungsgefahr nach Schlaganfällen", berichtet Christoph Kleinschnitz. Bereits 2007
konnten die Forscher zeigen, dass die Blockade des Eiweißes GPIb, welches auf Blutplättchen vorkommt,
Mäuse vor Schlaganfällen schützt (Kleinschnitz et al., CIRCULATION 2007). Da der von Willebrand
Faktor der wichtigste Bindungspartner von GPIb ist, unterstreichen die aktuellen Ergebnisse nun die besondere Bedeutung
dieses Aktivierungswegs für die Schlaganfallentstehung. Jetzt wollen die Wissenschaftler weiter prüfen,
ob sich die Befunde langfristig auch auf den Menschen übertragen lassen. Bis es soweit ist, seien jedoch noch
eine ganze Reihe weiterer Untersuchungen notwendig, sagt der Neurologe Guido Stoll.
Die Ergebnisse sind im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereiches
SFB 688 entstanden und am 30. Januar in der Online-Ausgabe von BLOOD erschienen, dem Journal der Amerikanischen
Gesellschaft für Hämatologie.
"Deficiency of von Willebrand factor protects mice from ischemic stroke", Christoph Kleinschnitz,
Simon F. De Meyer, Tobias Schwarz, Madeleine Austinat, Karen Vanhoorelbeke, Bernhard Nieswandt, Hans Deckmyn, and
Guido Stoll; Blood 2009; DOI 10.1182/blood-2008-09-180695. Online publiziert am 30. Januar 2009 |