Die Länder Europas und die aktuellen Herausforderungen
Brüssel (ec.europa.eu) - Die Europäische Kommission stellte heute eine neue Studie zu Erziehung
und Betreuung von Kleinkindern in Europa und zur stärkeren Einbindung besonders benachteiligter sozialer Gruppen
vor. In dieser Studie wird anhand der Strategie in 30 Ländern untersucht, wie Erziehung und Betreuung von
Kleinkindern in Europa organisiert sind, welche Vorteile die verschiedenen Systeme mit sich bringen und was nötig
ist, damit die Kleinsten effektiv gefördert und betreut werden.
Die Studie wurde vom Eurydice-Netz zum Bildungswesen in Europa erstellt und ist Teil des Follow-ups zur Mitteilung
der Kommission „Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung“
aus dem Jahr 2006. Sie umfasst die EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen, Island und Liechtenstein.
Hauptergebnis: 87 % der Vierjährigen in Europa besuchen eine Einrichtung
Vor kurzem hat die Europäische Kommission ein neues Ziel für Europa vorgeschlagen – bis 2020 sollten
90 % der Vierjährigen eine Vorschule besuchen. 2006 nahmen durchschnittlich 87 % der Kinder dieses Alters
an dieser Art Unterricht teil. Zwar bieten alle Länder in Europa vor Beginn der Schulpflicht Programme für
Kleinkinder an, doch sind die Unterschiede zwischen den Ländern oder auch den Regionen in puncto Eintrittsalter,
Teilnahmequote und Art der Erziehung und Betreuung groß.
Situationsanalyse: zwei Hauptmodelle zur Auswahl
In Europa kristallisieren sich zwei Organisationsmodelle für die Erziehung und Betreuung von Kleinkindern
heraus:
- Eine einheitliche Struktur für alle Kinder im Vorschulalter. Unabhängig vom Alter der zu betreuenden
Kinder gilt für das Bildungspersonal ein einheitlicher Qualifikations- und Gehaltsrahmen. Dies ist der Fall
in Finnland, Island, Lettland, Norwegen, Schweden und Slowenien.
- Ein nach Alter gestaffeltes Angebot für Kinder von 0 bis 3 Jahren und von 3 bis 6 Jahren (im Allgemeinen).
Qualifikations- und Qualitätsanforderungen sowie Finanzierung sind dabei je nach Stufe unterschiedlich. Dies
ist das in Europa am weitesten verbreitete Modell.
In einigen wenigen Ländern werden beide Modelle eingesetzt (Dänemark, Griechenland, Litauen, Spanien
und Zypern). Großbritannien führt derzeit in gewissem Umfang eine einheitliche Regelung für Vorschulkinder
ein.
Strategien für benachteiligte Kinder: Zugang und Qualität für alle?
Eine Kombination aus mehreren sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Faktoren kann dazu führen, dass Kinder
in Gefahr sind, auf dem Bildungsweg ins Straucheln zu geraten. Den stärksten Einfluss hat jedoch Armut. Nahezu
jeder sechste europäische Haushalt mit einem Kind unter sechs Jahren lebt an der Armutsgrenze. In Estland,
Italien, Litauen, Luxemburg, Polen, Portugal und dem Vereinigten Königreich ist dies besonders besorgniserregend.
Hochwertige Vorschulerziehung bringt erhebliche Vorteile: sie bietet allen Kindern eine gute Grundlage für
lebenslanges Lernen und hilft dabei, bei gefährdeten Kindern die Bildungslücke zu schließen. Dennoch
hat es den Anschein, als ob Kinder aus ethnischen Minderheiten, die in unterprivilegierten Familien aufwachsen,
und Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben, am wenigsten die Bildungs- und Betreuungsangebote
für Kleinkinder nutzen.
Gewährleistung eines hohen Qualitätsniveaus und einer angemessenen Finanzierung
Zu den wichtigsten Elementen bei der Gewährleistung hochwertiger Betreuung und Erziehung zählen:
- ein günstiges Zahlenverhältnis Kinder/Erwachsene
- angemessene Ausbildung des Bildungspersonals (Hochschulniveau)
- Beteiligung der Eltern
Die Finanzierung erfolgt im Allgemeinen durch lokale Behörden, Beiträge der Eltern und einen zentralen
Beitrag, der je nach Land erheblich variiert. Mit Ausnahme der Länder, in denen ein allgemeines Recht auf
Erziehung und Betreuung für Kleinkinder besteht (Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen, Spanien und
Slowenien), mangelt es in Europa erheblich an Kapazitäten für die Kleinsten. Daher wären in den
meisten in der Studie behandelten Ländern für einen garantierten Platz für alle Kinder und für
die Gewährleistung eines hochwertigen Betreuungsangebots erhebliche zusätzliche Investitionen der öffentlichen
Hand erforderlich. Nichtsdestotrotz zeigt sich, dass die begrenzten Ressourcen hier am wirksamsten eingesetzt werden
können, wenn gerechte und effiziente Bildungssysteme angestrebt werden.
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