Bonn (idw) - Verfahren erlaubt Massenscreening von Blutkonserven auch in ärmeren Ländern
Ein neuer Bluttest bedeutet möglicherweise einen Durchbruch im Kampf gegen das gefährliche Hepatitis
C-Virus. Das Verfahren ist bei gleicher Empfindlichkeit erheblich günstiger als gängige kommerzielle
Tests. Erstmals haben so auch ärmere Länder die Chance, Blutkonserven flächendeckend und mit den
bestmöglichen Methoden auf Hepatitis C-Viren zu untersuchen.
Entwickelt wurde die Methode von Forschern des Bernhard-Nocht- Instituts für Tropenmedizin in Hamburg und
der Universität Bonn. An der Studie waren zudem Wissenschaftler aus Brasilien, Singapur, Südafrika und
England beteiligt. Die Arbeit erscheint am 10. Februar 2009 im Fachblatt PLoS Medicine.
170 Millionen Menschen weltweit haben sich bereits mit dem Hepatitis C-Virus infiziert. Oft verläuft die Erkrankung
zunächst unbemerkt. Als Spätfolgen drohen jedoch Leberkrebs oder eine lebensgefährliche Leberzirrhose.
Eine der Haupt-Ansteckungsquellen sind infizierte Blutkonserven. In Europa oder den USA testet man daher sämtliche
Blutspenden standardmäßig auf Hepatitis C-Viren. Ärmere Länder können sich das jedoch
nicht leisten oder müssen auf ältere Tests zurückgreifen, die nicht empfindlich genug sind. Das
neue Verfahren könnte das ändern. "In Brasilien kostet ein handelsüblicher Hepatitis C-Test
mehr als 100 Dollar pro Probe - wir liegen dagegen bei knapp 19 Dollar", erklärt Dr. Jan Felix Drexler.
Davon sind zehn Dollar Lizenzgebühren - mehrere große Pharmafirmen halten Patente auf das Genom des
Hepatitis C-Virus. Drexler, der die neue Untersuchungsmethode mit entwickelt hat, ist Mitglied der Arbeitsgruppe
Virologie unter der Leitung von Prof. Drosten. Die Gruppe forscht sowohl am BNI in Hamburg als auch an der Uni
Bonn. Die neue Methode funktioniert im Prinzip genauso wie die meisten kommerziellen Tests, die bislang am Markt
sind: Alle Verfahren erkennen Erbgutsequenzen im Blut, die von einem Hepatitis C-Virus stammen. Was die Sache schwierig
macht: Es gibt verschiedene Erregertypen, deren Erbgut sich zum Teil deutlich unterscheidet. Ein guter Bluttest
sollte bei jedem dieser Typen gleichermaßen Alarm schlagen. "In Asien finden wir beispielsweise oft
andere Hepatitis C-Viren als bei uns", sagt Drexler. "Wenn sich aber ein Fernreisender in Thailand infiziert
und später in Deutschland Blut spendet, müssen wir diese Blutproben ebenfalls sicher erkennen können."
600 Blutproben untersucht
An manchen Stellen stimmt jedoch auch das Erbgut verschiedener Erregertypen weitgehend überein. Genetiker
sprechen von konservierten Regionen. Alle kommerziellen Tests haben sich auf eine dieser Stellen "spezialisiert".
Das neue Verfahren schlägt dagegen an, wenn es Sequenzen aus einer anderen konservierten Region findet, die
bisher noch nicht zur HCV Diagnostik verwendet wurde. Wie gut das funktioniert, konnten die Forscher an knapp 600
Blutproben aus fünf verschiedenen Ländern zeigen. "Wir sind mindestens genauso empfindlich wie die
beiden besten Standardverfahren", betont der Bonner Virologe Professor Dr. Christian Drosten. "Das gilt
für alle Virus-Typen."
Praxistest in Brasilien bestanden
Damit haben auch ärmere Länder erstmals die Chance, ihre Blutkonserven zu vergleichsweise geringen
Kosten zu untersuchen. "Das wäre ein wichtiger Durchbruch bei der Eindämmung der Krankheit",
betont Drexler. "Schließlich sind Transfusionen ein wichtiger Verbreitungsweg." In einem Brasilianischen
Labor wurde der neue Bluttest bereits an 127 Patienten erprobt - mit hervorragendem Erfolg. In der aktuellen Veröffentlichung
legen die Forscher sämtliche Details ihrer Methode offen. "Wer den Test anwenden möchte, kann bei
uns zudem Kontrollreagenzien erhalten", sagt Drexler. Die kommerziellen Anbieter halten dagegen mit genauen
Angaben zu ihren Tests hinter dem Berg. Mit dem Verfahren lässt sich nicht nur feststellen, ob eine Infektion
mit Hepatitis C-Viren vorliegt. Mediziner können damit auch die Menge der Viren um Blut bestimmen. Der Bluttest
eignet sich daher beispielsweise auch, um den Erfolg einer Therapie zu kontrollieren. Drexler: "Manchen Patienten
könnte man so eine monatelange und entsprechend teure Behandlung inklusive der unangenehmen Nebenwirkungen
ersparen." |