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Schauspielhaus bringt mit "Invasion" die Verhältnisse zum Tanzen |
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Wien (schauspielhaus) - Über gegenwärtige Migration, Fremdheit,
Heimatlosigkeit, Ent- und Verwurzelung kann man politisch, soziologisch oder auch statistisch reden und debattieren.
In der Produktion "Invasion", seit vergangenem Freitag im Schauspielhaus in der Porzellangasse zu sehen,
wird vorschlagshalber der literarische Weg gewählt. Mit dem geschickten Einfall, eine ominöse Figur namens
"Abulkasem" zu erfinden, verweist das aus Schweden stammende Theaterstück auf das hohe Ausmaß
an Fiktionalität, welches im westlichen Migrations-, wie auch im aktuellen Islamdiskurs existiert. "Abulkasem",
der Name stammt eigentlich aus der orientalischen Großerzählung "1001 Nacht", steht für
alles - und nichts. Man fühlt sich teilweise an die ebenso ominöse Figur des "Keyser Söze"
aus dem Film "Die üblichen Verdächtigen" (1995) erinnert, je länger das 75minütige
Stück dauert. "Abulkasem" taucht zwischen Liebespaaren auf, er diktiert die verfälschende Übersetzung
eines Dolmetschers ebenso, wie der Name zum "feel good"-Wort unter Jugendlichen mutiert, kurz: in "Abulkasem"
finden sich die Ängste Europas, wie auch die Neugierde auf das Fremde wieder. Für die Schauspieler ist "Invasion", geschrieben von dem 1978 als Sohn einer Schwedin und eines Tunesiers in Stockholm geborenen Jonas Hassen Khemiri, eine durchwegs schweißtreibende, anstrengende Tour: Da wird gerappt, einsam geklagt, vor laufender Kamera falsche Inhalte übersetzt, getanzt und herumgelaufen. Dazu kommt noch neben dem permanenten Rollen- auch ein Geschlechtertausch in der Regie von Sebastian Schug: Vincent Glander spielt diverse Frauenrollen, Katja Jung, Bettina Kerl und Nicola Kirsch diverse Männerrollen, meist mit gekünsteltem Schnauzbart. Auf der mittelgroßen Bühne, diesmal mit einem Catwalk in die Publikumsreihen verlängert, geht es rasant dahin. Rollen werden gleich einem hingeworfenen Ball gewechselt, die Souffleuse und der Tontechniker begrenzen den Aktionsraum, das Publikum stellt sich jedoch rasch darauf ein. "Invasion", das ja eigentlich nach bedrohlichem Einmarsch klingt, entpuppt sich als sehenswerte künstlerische Verdichtung von all dem, was man ansonsten mittels medialer Schlagzeilen und Aufregern kennt. Dabei geht es aber nicht um konkrete Medienschelte, eher um eine "Diskursschelte", deren Ärgernis irgendwo zwischen kühler Unbeteiligtheit bzw. populistische Münzung zu liegen scheint. Dass dies alles mit der Kunstfigur "Abulkasem" beginnt und endet, ist freilich mehr als ein gut funktionierender Trick, sondern das eigentliche Fazit derzeitiger Befindlichkeit. |
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Informationen: http://www.schauspielhaus.at | ||
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