Bonn (idw) - Durch Kombination zweier Medikamente lässt sich die Therapie
bestimmter Hirntumore entscheidend verbessern. Das zeigen Forscher der Universität Bonn zusammen mit deutschen
und Schweizer Kollegen in einer aktuellen Studie. Sie behandelten 39 Patienten, bei denen ein so genanntes Glioblastom
diagnostiziert worden war. Die Betroffenen überlebten durchschnittlich 23 Monate; bei der Standardtherapie
beträgt diese Frist im Schnitt 14,6 Monate. Glioblastome sind die aggressivsten und häufigsten hirneigenen
Tumore. Unbehandelt führt die Erkrankung binnen weniger Wochen zum Tod. Die Studie ist im Journal of Clinical
Oncology erschienen (doi: 10.1200/JCO.2008.19.2195).
Glioblastome sind bis heute nicht heilbar - daran ändert auch die neue Kombinationstherapie nichts. Dennoch
spricht Professor Dr. Ulrich Herrlinger vom Schwerpunkt Klinische Neuroonkologie der Uni Bonn von einem herausragenden
Erfolg: "Die ungewöhnlich deutliche Verlängerung der Überlebensdauer hat uns selbst überrascht.
Unsere Ergebnisse bieten die Chance, diese aggressive Krebserkrankung besser in den Griff zu bekommen. Jetzt sind
weitere Untersuchungen mit einer größeren Patientenzahl nötig, um die Therapie eventuell noch zu
optimieren. Die Planungen dafür laufen in Bonn bereits."
Bislang behandeln Mediziner Glioblastome mittels Bestrahlung und einer begleitenden Chemotherapie. Als "Goldstandard"
gilt dabei seit einigen Jahren der Wirkstoff Temozolomid. Er wird bis heute als der wichtigste Durchbruch bei der
Therapie des Glioblastoms gefeiert. Die Forscher kombinierten dieses Präparat mit dem Medikament Lomustin.
Gleichzeitig erhielten die Patienten eine Strahlentherapie. Die 39 so behandelten Patienten überlebten den
Tumor im Schnitt 23,1 Monate. Bei der Standardtherapie ist diese Frist mehr als ein Drittel kürzer. Sieben
Patienten überlebten sogar länger als vier Jahre.
Gene entscheiden über Therapie-Erfolg
Entscheidend für den Therapie-Erfolg scheinen bestimmte Veränderungen des Erbguts zu sein. "Bei
elf Studienteilnehmern war die Information eines Gens in charakteristischer Weise modifiziert", erklärt
Ulrich Herrlinger. "Diese Patienten überlebten im Schnitt gut 34 Monate. Bei den anderen Patienten scheinen
die Medikamente gegenüber einer reinen Strahlentherapie keinen Vorteil zu bringen - zumindest nicht in der
von uns getesteten Dosis. Möglicherweise lässt sich also mit einem einfachen Gentest entscheiden, wem
eine begleitende Chemotherapie helfen kann." Ein Nachteil der neuen Methode sind die Nebenwirkungen. Sie treten
allerdings hauptsächlich während der mehrmonatigen Behandlungsphase auf. "Danach klingen sie in
der Regel vollständig ab, und die Patienten klagen über keinerlei Beschwerden", betont Herrlinger.
Die Mediziner suchen nun in Zusammenarbeit mit dem Bonner Life&Brain- Zentrum nach verträglicheren, noch
wirksameren Medikamenten. "Wir wollen dazu unter anderem in Zellkulturen von Originaltumoren untersuchen,
was die in der Studie eingesetzten Präparate genau bewirken", erklärt Dr. Martin Glas, einer der
Autoren der Studie.
Long-Term Survival of Patients With Glioblastoma Treated With Radiotherapy and Lomustine Plus
Temozolomide. Martin Glas, Caroline Happold, Johannes Rieger, Dorothee Wiewrodt, Oliver Bähr, Joachim P. Steinbach,
Wolfgang Wick, Rolf-Dieter Kortmann, Guido Reifenberger, Michael Weller, and Ulrich Herrlinger. Journal of Clinical
Oncology, Februar 2009 |