RUB-Zentrum für Psychotherapie bietet neue Therapieform an Hoffnung in der Depressionsbehandlung
Bochum (universität) - Mindestens vier Millionen Menschen in Deutschland leiden an Depressionen.
Die Behandlungsmöglichkeiten sind inzwischen sehr gut - allerdings ist die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls
hoch. Besonders Menschen mit einer Neigung zum Grübeln sind gefährdet. Speziell für sie hat das
Zentrum für Psychotherapie der Ruhr-Universität jetzt eine neue Form der Gruppentherapie entwickelt.
Menschen, die depressive Phasen erlebt haben oder wegen Depressionen behandelt wurden, aktuell jedoch nicht depressiv
sind oder nur noch unter einer Restsymptomatik leiden, können sich ab dem 2. März 2009 unter Tel. 0234/32-22323
informieren und einen Termin für ein erstes Gespräch vereinbaren. Die Gruppentherapie findet wöchentlich
insgesamt elf Mal statt.
Intensive Unterstützung gegen das Grübeln
Das neue Behandlungsprogramm zielt darauf ab, anhaltende depressive Symptome zu vermindern und Rückfälle
zu verhindern. "Wir haben auf der Grundlage aktueller Forschungsergebnisse und praktischer Erfahrungen ein
Gruppenprogramm entwickelt, bei dem wir intensiver als in anderen Behandlungen Patienten darin unterstützen,
eine grüblerische Auseinandersetzung mit sich selbst zu überwinden", erklärt Psychotherapeut
Dipl.-Psych. Tobias Teismann, der die Behandlungsstudie gemeinsam mit Prof. Dr. Ulrike Willutzki leitet. Dabei
geht es darum, den Betroffenen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie ihre Aufmerksamkeit selbst lenken können,
selbst entscheiden können, worauf sie sich konzentrieren wollen, anstatt sich vom Grübeln gefangen nehmen
zu lassen. Außerdem werden positive Annahmen über das Grübeln bewusst gemacht und hinterfragt,
etwa die Annahme, das Grübeln würde helfen, Probleme zu lösen. "Wir setzen uns im Gegensatz
zu anderen Therapien mehr mit dem Prozess des Grübelns selbst auseinander als mit den Inhalten der Grübelei",
erklärt Tobias Teismann.
Grübeln erhöht das Rückfallrisiko
Menschen, die zu einer grüblerische Auseinandersetzung mit Schwierigkeiten, Empfindungen und Emotionen
neigen, beschäftigen sich mit Fragen wie: "Warum fühle ich mich bloß so? Warum gerade ich?
Warum kann es mir nicht besser gehen? Wieso bin ich nie richtig zufrieden mit dem, was ich tue? Warum gelingt es
mir nicht, mein Leben in den Griff zu kriegen? Was hat das zu bedeuten, dass mein Chef mich gestern so komisch
angeguckt hat?" Vielfach fällt es schwer, sich von diesen Gedanken über sich selbst loszureißen
und die gleichen Gedanken drängen sich immer wieder auf. Im Verlauf führt Grübeln zu einer immer
negativeren Sicht auf die eigene Person, die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Es beeinträchtigt
die Fähigkeit, angemessene Lösungen für Probleme zu finden, und es untergräbt das Selbstvertrauen
und die Motivation bei der Umsetzung möglicher Lösungen. Entsprechend führt langanhaltendes Grübeln
dazu, dass negative Stimmung zunimmt und länger anhält.
Depression: Wenn die Traurigkeit das ganze Leben überschattet
Jeder Mensch ist manchmal traurig, und das ist auch gut so. Wenn die Traurigkeit jedoch überhand nimmt
und das ganze Leben überschattet, spricht man von Depression. Jede fünfte Frau und jeder zehnte Mann
erkrankt einmal im Leben daran, 15 Prozent der Patienten nehmen sich das Leben. Betroffene sind über längere
Zeit fast ständig niedergeschlagen, können kaum noch Freude oder Genuss erleben und ziehen sich oft von
Familie und Freunden zurück. Grübeln, Selbstzweifel und Schuldgefühle gehören genauso zur Depression
wie Appetitmangel, Schlafstörungen, Antriebsmangel und ein ständiges Gefühl von Erschöpfung
und Müdigkeit. Die Behandlungsmöglichkeiten sind inzwischen sehr gut. Psychotherapie, gegebenenfalls
kombiniert mit Medikamenten, führt meistens zu einer deutlichen Verbesserung und häufig sogar zur vollständigen
Befreiung von den Symptomen. Manchmal klingt die Depression auch ohne Behandlung wieder ab. Bei vielen bleiben
jedoch einzelne Symptome bestehen. Außerdem weisen aktuelle Studien auf ein hohes Rückfallrisiko hin:
Auch nach einer erfolgreichen Behandlung beträgt das Risiko, innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre
erneut zu erkranken, 30 bis 70 Prozent. "Für die meisten Betroffenen ist eine depressive Phase somit
kein einzelnes Ereignis, sondern eine wiederkehrende Belastung", verdeutlicht Tobias Teismann. |