AWO-Forum "Einfluss der Finanz- und Wirtschaftskrise
auf Südosteuropa" - Strukturelle Reformen und internationale Investitionen erforderlich
Wien (pwk) - "Die Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise wirken sich nun zeitverzögert
in Südosteuropa aus", erklärte Michael Landesmann, Direktor der Forschungsabteilung des Wiener Instituts
für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), anlässlich eines Forums der Außenwirtschaft Österreich
(AWO) zum Thema "Einfluss der Finanz- und Wirtschaftskrise auf Südosteuropa" am Montag in der Wirtschaftskammer
Österreich (WKÖ). Für 2009 rechnen die Experten des WIIW mit einem Schrumpfen der Wirtschaft, 2010
dürfte eine Stagnationsphase folgen und ab 2011 rechnen die Wirtschaftsforscher mit einem Wachstum - allerdings
nicht so stark wie vor der Krise. Ein wesentliches Problem sieht Landesmann im Einbruch der Auslandsdirektinvestitionen,
der die Region " sehr vulnerabel macht".
Der Aufholprozess in den Ländern Südosteuropas - seit 2001 wuchsen die Volkswirtschaften dieser Staaten
im Schnitt zwischen 5 und 7 Prozent - war von außen finanziert. Nun bahne sich ein massives Leistungsbilanzdefizit
an. Da die Region zu geringe Exportkapazitäten habe, gelte es nun die Differenz zu finanzieren. Ein ernstes
Problem ergibt sich besonders in Staaten mit fixen Wechselkurssystemen. Hier sei eine Importdrosselung erforderlich.
Ein Abgehen von fixen Wechselkursen hätte jedoch problematische Effekte auf die Fremdwährungskredite,
deren Wert in Lokalwährung entsprechend ansteigen würde. Für Exportsteigerungen wären Abwertungen
hingegen vorteilhaft.
Johannes Pöschl vom WIIW teilte mit, dass man in der Außenhandelsstatistik vom Jänner bereits starke
Auswirkungen der Krise sehe. Aber bereits seit dem letzten Quartal 2008 gerate das Wachstum in den südosteuropäischen
Staaten in den Minusbereich. Interessant sei das einheitliche Bild der Konjunkturentwicklung: "Kein Land entkommt
der Krise", so Pöschl. Vor allem die Industrieproduktion habe einen starken Einbruch erlitten. Generell
gelte für die Region, dass die hohen Handelsbilanzdefizite bisher durch Tourismuseinnahmen, Transfers (von
Familienmitgliedern aus dem Ausland), Auslandsdirektinvestitionen und Kredite gedeckt wurden. Die kurzfristigen
Aussichten seien in Südosteuropa voraussichtlich eher negativ. Mittelfristig seien strukturelle Reformen erforderlich,
Investitionen sollten von den internationalen Finanzierungsinstitutionen gestützt werden.
Wesentlich, so Georg Krauchenberg, Regional Manager der AWO für Südosteuropa, sei der weitere Kreditfluss
zur Überbrückung. In den Medien werde Südosteuropa meist zu negativ und pauschal dargestellt. Es
gäbe jedoch ganz unterschiedliche Situationen und Ausgangspositionen zwischen EU-Mitgliedern, Beitrittskandidaten,
Staaten mit EURO-Währung oder eigener Währung.
Einig zeigten sich alle Experten, dass es sich bei den betroffenen Ländern um Märkte mit großem
Nachholbedarf handle, die rasch wieder wachsen können. Für die Unternehmer gilt der Rat "unbedingt
am Markt zu bleiben, da ein Marktwiedereintritt wesentlich schwieriger würde", so Krauchenberg. "Es
geht nun um eine Überbrückung mit Maß, denn die Vorteile der Märkte lägen auf der Hand:
Niedriges Lohnniveau, Niedrige Besteuerung und "Near shore" zu Mittel- und Westeuropa". |