Erste Professur für Entwicklungspsychologie in Österreich mit einer Orientierung auf
die Frühe Kindheit
Wien (univie) - In Österreich wächst nach wie vor die Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen.
Wie gut eignen sie sich jedoch für Kleinkinder? Diese Frage untersucht Lieselotte Ahnert, neu berufene Professorin
für Entwicklungspsychologie an der Universität Wien mit Hilfe innovativer Untersuchungsmethoden. Am 19.03.,
18 Uhr, hält sie ihre Antrittsvorlesung im Großen Festsaal der Universität Wien.
Die Entwicklungspsychologin Lieselotte Ahnert verglich im Rahmen eines Forschungsprojektes in Deutschland den Tagesablauf
von Kleinkindern, die entweder nur zuhause von ihren Müttern oder zusätzlich in einer Krippe betreut
wurden. Damit wurde das Zusammenwirken beider Betreuungssituationen untersucht. Lieselotte Ahnert kam zu dem Schluss,
dass eine Außer-Haus-Betreuung der Bindung zwischen Mutter und Kind nicht notwendigerweise schadet: Denn
Mütter, die ihre Kinder nur zuhause aufzogen, kümmerten sich zwar intensiver als es den Pädagoginnen
in den Krippen möglich war. Umso mehr bemühten sich jedoch die berufstätigen Mütter, wenn sie
die Kinder abholten.
Anfängliche Trennung bedeutet Stress für Kleinkinder
Kleinkinder sind bei einer Außer-Haus-Betreuung vor allem anfangs durch die tägliche Trennung einer
hohen Stressbelastung ausgesetzt. Die Entwicklungspsychologin konnte dies mit ihrem Team bereits in mehreren Forschungsstudien
nachweisen, indem sie das Stresshormon Cortisol aus dem Speichel der Kinder analysieren ließ. In der Trennungsphase
steigt der Cortisol-Pegel bei den Kindern deutlich an. Die Situation kann teilweise verbessert werden, wenn die
Eingewöhnungsphase durch die Eltern begleitet wird.
Wie hingegen Pädagoginnen ihre kleinen Schützlinge in ihren anfänglichen Bewältigungstechniken
unterstützen können, untersucht Entwicklungspsychologin Ahnert im Rahmen einer Forschungskooperation
mit Wilfried Datler, Bildungswissenschafter der Universität Wien. Gearbeitet wird mit innovativen Methoden,
da sich Kleinkinder noch nicht ausreichend selbst mitteilen können. Unmittelbar nach dem Weggehen der Mütter
werden Speichel-Proben gesammelt. Darüber hinaus werden Video-Aufnahmen der Kleinkinder ausgewertet. Diese
geben darüber Aufschluss, ob die Kinder in eine negative Stimmung abrutschen oder die neue Situation positiv
annehmen. Auch wird aufgezeichnet, ob sie sich dabei den PädagogInnen anvertrauen oder sich lieber einem Kind
zuwenden oder sich gänzlich mit dem eigenen Lieblingsspielzeug ablenken.
Kurzbiografie von Lieselotte Ahnert
Lieselotte Ahnert, kam in jungen Jahren aus Thüringen nach Berlin und studierte Psychologie an der Humboldt-Universität,
an der sie auch promovierte. Sie leitete über viele Jahre das "Interdisziplinäres Zentrum für
Angewandte Sozialisationsforschung" in Berlin, wo sie sich mit Eltern-Kind-Bindung und frühen Bildungsprozessen
befasste. Ab 1996 führten sie mehrere Forschungsaufenthalte in die USA nach Washington, Maryland und Minnesota.
Lieselotte Ahnert erhielt 2004 die Professur für Entwicklungspsychologie der Hochschule Magdeburg-Stendal,
von 2006 bis 2008 war sie Professorin für Entwicklungsförderung und Diagnostik der Universität zu
Köln.
Seit Oktober 2008 leitet Lieselotte Ahnert den Arbeitsbereich Entwicklungspsychologie der Fakultät für
Psychologie der Universität Wien. In dieser Funktion hat die Entwicklungspsychologin bereits Kontakte mit
dem Institut für Familienforschung, dem
Charlotte-Bühler-Institut für praxisorientierte Kleinkindforschung und dem Niederösterreichischen
Hilfswerk aufgenommen. |