Schmied:
Schulreform-Kurs kann nur mit gleichzeitigen Strukturreformen durchgeführt werden
"Es geht nicht um Einsparung, sondern um eine wichtige Mehrleistung der Lehrer"
Wien (sk) - "Es geht nicht um Einsparen, es geht um die Fortsetzung des eingeschlagenen Wegs",
betonte die Ministerin für Bildung und Kultur, Claudia Schmied, in der ORF-"Pressestunde" am 22.03.
Dieser so notwendige Schulreform-Kurs könne aber nur mit gleichzeitigen Strukturreformen durchgesetzt werden.
Daher habe man den Weg der Erhöhung der Dienstverpflichtung eingeschlagen. "Ich betone eine Beschäftigungsgarantie
für alle Lehrer - aber ich brauche ein Stück mehr von ihrer Leistung bei den Kindern." Schmied erhofft
sich von dieser Maßnahme ein Plus von 380 Mio. bis 400 Mio. Euro jährlich.
In Richtung der Gewerkschaftsvertreter meinte Schmied: "Gelingt es uns jetzt nicht, hier zu gemeinsamen Lösungen
zu kommen, und einen Vertrag für die Zukunft mit der Lehrer-Gewerkschaft abzuschließen, dann kann es
ja nur heißen: Verharren im Status quo, oder gar zurück in die Vergangenheit - und alle igeln sich ein.
Das ist nicht mein Bild." Daher habe Schmied am Freitag das "5-Punkte-Programm für die LehrerInnen"
und damit bessere Ausbildung, mehr Schulautonomie, neue Konferenzräume, bessere Arbeitsbedingungen für
Lehrer, Netbooks, Internetanschluss, neues Dienst- und Besoldungsrecht, mehr Schulautonomie, Befreiung der Lehrer
von administrativen Tätigkeiten etc. in die Verhandlungen eingebracht.
Indiskretion brachte das Thema Mehrarbeit für Lehrer in die Medien
Es habe in den Budgetverhandlungen sehr knappe Vorgaben gegeben - trotz zweier "sehr harter Verhandlungsrunden",
wie Schmied betonte. Daher war klar, dass der Schulreform-Kurs nur mit gleichzeitigen Strukturreformen, sprich:
Erhöhung der Lehrverpflichtung, durchgeführt werden kann. Durch eine Indiskretion kam das Thema Mehrarbeit
für Lehrer in die Medien. "Damit war die Katze aus dem Sack", bedauerte Schmied, dass der beschrittene
Weg der Kommunikation dadurch "de facto ohne Alternative war".
Finanzminister hat Unterstützung zugesichert
Schmied betonte, dass das Bildungsbudget zwar um 390 Mio. Euro für 2009 erhöht wurde. Aber das
Mehr des Finanzministers gehe auf die Steigerung der Fixausgaben zurück. 90 Prozent des Budgets im Bildungsbereich
gehen aber derzeit auf Personalkosten. Die Fortsetzung der Reformprojekte - kleinere Klassen, Sprachförderung,
Ausbau der Tagesbetreuung, Kleingruppenunterricht, auch in der 9. Schulstufe, intensive Förderung der Kinder
und so weiter - "das ist in dem Globalbudget nicht gedeckt". Daher auch der Ansatzpunkt, der letztlich
so protokolliert wurde, dass Budgetbeschluss und Budgetbegleitgesetze nur gemeinsam mit der Strukturreform möglich
sind. "Ich habe den Weg der Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung vorgeschlagen und der Finanzminister
hat mir in einem Vier-Augen-Gespräch, aber auch in einem Sechs-Augen-Gespräch zugesichert, dass, wenn
ich als Fachministerin diesen Weg einschlage, ich selbstverständlich seine Unterstützung habe."
Die Bildungsministerin erklärte, dass der Reformkurs zwar im Regierungsabkommen bereits festgehalten ist.
"Aber ich bringe dieses Programm mit dem gegebenen Globalbudget nicht unter." Und Schmied erklärte,
sie könne daher mit einem gegebenen Budget nur so viel ausgeben, wie sie habe. Schmied erneuerte auch ihr
Angebot, alle Planungen des Bildungsministeriums einsehen und sich ein persönliches Bild von der angespannten
Finanzsituation durch Bucheinsicht zu machen.
Fakt sei, dass die Neue Mittelschule 2009 lediglich 7 Mio. Euro ausmache, 2010 19 Mio. Euro. "Das sind also,
wirtschaftlich gesprochen, nicht die Kostentreiber." Weit mehr koste das Projekt kleinere Klassen, allein
für den Pflichtschulbereich komme das 2009 auf 148 Mio. Euro.
Schmied sagte, dass Junglehrer nicht befürchten müssten, ihren Job zu verlieren. Sie sprach eine Beschäftigungsgarantie
aus - "wenn auch nicht unbedingt eine Garantie für die Beschäftigung am Schulstandort". Schmied
erinnerte auch daran, dass ab 2013 fast die Hälfte der heutigen Lehrer in Pension sein werden.
Schmied betonte, dass sie Vertreterin einer sehr angebotsorientierten Bildungspolitik sei und es daher für
berufstätige Eltern immer das Angebot nach ganztägigen Schulformen geben soll. Letztlich sei das oft
der Grund dafür, dass Eltern die Privatschule für ihre Kinder wählen. Schmied ist sich dessen bewusst,
dass ein längeres Verbleiben der Lehrer in den Schulen, was von vielen jungen Lehrern gewünscht wird,
sehr stark mit den Arbeitsbedingungen in den Schulen zusammenhängt. Daher der Plan, die Konferenzzimmer in
Großraumbüros umzubauen, ähnlich den skandinavischen Modellen.
Die Schule der Zukunft: Stärkung des Selbstvertrauens, Mut machen zu Unternehmertum im positiven Sinn
"Mein Zugang ist klar, es gibt bei der Schulreform nicht die eine Maßnahme, sondern es gibt
ein Bündel an Maßnahmen, die relativ klar auf dem Tisch liegen und jetzt heißt es: Umsetzen, umsetzen,
umsetzen." Schmieds Zukunftsbild von Schule sieht so aus, dass es ein Gebäude gebe, auf dem nur mehr
"Schule" stehe "und drinnen passiert alles das, was die Kinder brauchen: Individualisierung, Förderung
der Begabungen und Talente. Das, was uns in der Schule der Zukunft gelingen muss, ist auch: Stärkung des Selbstvertrauens
und der Zuversicht, Mut machen, Dinge anzupacken und Unternehmertum im positiven Sinn. Und auf dem Weg dahin müssen
wir jetzt eben gleichzeitig viele Schritte setzen."
"Wenn es uns nicht gelingt, die Reformen jetzt weiterzuführen und ein wettbewerbsfähiges Bildungssystem
zu schaffen, wo die Eltern, die Schüler und die Lehrer zufrieden und motiviert sind, werden immer mehr Menschen
ihre Kinder in Privatschulen geben. Und dann wird es nicht mehr lange dauern, bis die Betroffenen fragen, warum
sie zwei Mal für die Schule zahlen sollen, nämlich für die Öffentliche Schule und die Privatschule",
warnte Schmied davor, dass ein wesentlicher Baustein des solidarischen Zusammenhalts auseinander brechen würde.
Positiv bewertete Schmied auch die Ausarbeitung eines neuen Dienst- und Besoldungsrechts für Lehrer sowie
den besseren Schulstart für alle Kinder mit dem Kindergarten ab fünf Jahren.
Mittel des ÖFI aufstocken - Mehr Platz für Kunst und Kultur - Klares Ja zum österreichischen
Film
Schmied machte klar, dass es für sie von zentraler Bedeutung sei, dass unsere Kinder gut unterrichtet
werden und "dass das große Ziel gelingt, nämlich dass die Bildung der Kinder keine Erbpacht mehr
ist, sondern dass es uns gelingt, mehr Kinder in eine höhere Bildung zu bringen". Schmied unterstrich
weiters: "Wenn heute die Eltern 160 Millionen Euro für Nachhilfe ausgeben, dann brauchen wir einfach
eine bessere öffentliche Schule und mehr Zuwendung für die Kinder." Bekräftigt wurde von Schmied
der Stellenwert des heimischen Films: "Es ist ganz entscheidend, hier entsprechend zu subventionieren".
Das bedeute, dass sie "beim Österreichischen Filminstitut die Mittel aufstocken und gleichzeitig die
Vermittlung weiter fördern" wolle.
Eines sei für sie "ganz klar: Diese Bundesregierung wird den bildungspolitischen Kurs fortsetzen",
hierzu habe sie ein Stück Vorarbeit zu leisten, so Schmied, die auch deutlich machte, dass sie für eine
Verbesserung der Schule für Kinder, Eltern und LehrerInnen eintrete. Sie halte das Bildungsthema für
ein ganz zentrales, umso mehr seien da "Zurufe aus Parteizentralen - noch dazu einen Tag vor Gewerkschaftsverhandlungen
- entbehrlich und sie dienen auch nicht dem Erfolg von Verhandlungen", stellte Schmied klar, die weiters betonte,
dass sie in die Politik gegangen sei, um zu "gestalten und etwas zu verbessern". Sie sei davon überzeugt,
dass die Bundesregierung hier eine gute Entscheidung trifft. Zum Erfolgsprojekte Neue Mittelschule unterstrich
Schmied, dass ab September 2009 an rund 240 Standorten schon 20.000 Kinder in der Neuen Mittelschule unterrichtet
würden.
Zum Thema Umschichtung der Lehrer-Arbeitszeit bekräftigte Schmied, dass es dadurch - beispielsweise im Volksschulbereich
- auch gelinge, zwei Stunden Zeit für Tagesbetreuung und mehr Förderung der Kinder zu haben. Denn es
gehe darum, "mehr Zuwendung für die Kinder darzustellen". Im Bereich der AHS gelte es, das Projekt
kleinere Klassen und Kleingruppen fortzusetzen - "und auch da brauche ich die LehrerInnen". Durch die
kleineren Klassen entstehe auch ein "hoher Bedarf an Lehrkräften", ergänzte Schmied. Angesprochen
auf den Bereich SchülerInnen mit Migrationshintergrund bekräftigte Schmied, dass sie sich dagegen verwehre,
"Kinder zu brandmarken und zu selektieren oder in andere Bezirke zu schicken". Stattdessen gelte es,
hier schon im Kindergarten mit Sprachförderung anzusetzen.
Für Angebot von Ganztagsschulen - Noten mit verbalen Argumenten untermauern
Zum Thema Noten hielt die Bildungsministerin fest, dass sie für ein "Mischsystem" eintrete.
So lebe man in einer "Welt der Rankings und der Benotung", allerdings halte sie es hier für "sehr
zielführend, das auch mit verbalen Argumenten zu untermauern". Darüber hinaus hielt die Bildungsministerin
fest: "Ich bin für Religionsunterricht, aber ich halte es auch für wichtig, dass wir uns Gedanken
über den Ethikunterricht machen". Klar sprach sich Schmied gegen ein "Ausspielen" von Religions-
und Ethikunterricht aus. Zum Thema Ethikunterricht solle es auch eine parlamentarische Enquete geben, so Schmied.
In Sachen Ganztagsschule plädierte Schmied für "das Angebot von Ganztagsschulen, aber nicht für
eine Totalumstellung". Und sie trete überdies für eine Sekundarstufe I der 10- bis 14-Jährigen
ein, ergänzte Schmied.
Mehr österreichische Filme im ORF
Als Kulturministerin sei ihr "das Zeigen des österreichischen Films ganz wichtig", und auch
das Film- und Fernsehabkommen sei von zentraler Bedeutung, so Schmied, die zur Dotierung des Film- und Fernsehabkommens
ein "klares Ja" abgab. Weiters wünsche sie sich, "mehr österreichische Filme und mehr
Platz für Kunst und Kultur" im ORF - "und das nicht erst zu später Zeit". Es gebe in Österreich
ausgezeichnete Filmemacher, hier gelte es entlang der gesamten Wertschöpfungskette und auch bei der Filmvermittlung
entsprechend zu fördern, so Schmied.
Details zum Kunst- und Kulturbudget könne sie erst nach der Budgetrede des Finanzministers im April nennen,
aber klar sei, dass ihr "das Kunst- und Kulturbudget nicht so schlaflose Nächte bereitet wie das Bildungsbudget",
unterstrich Schmied abschließend. |
Rosenkranz: Neue Mittelschule als wahrer Reformbremser
Linke Ideologie mit Nivellierung nach unten zu wenig
Wien (fpd) - Die FPÖ stehe für einen reflexiven bildungspolitischen Dialog zur Verfügung,
antwortet der FPÖ-Bildungssprecher und Vorsitzende des parlamentarischen Unterrichtsausschusses NAbg. Dr.
Walter Rosenkranz der Unterrichtsministerin Schmied in Reaktion auf ihren Auftritt in der Pressestunde. "Kleinere
Schulklassen und individuelle Förderung der Schüler sind ambitionierte Forderungen, die für das
österreichische Schulsystem tatsächlich einen großen Wurf bedeuten könnten", sagt Rosenkranz.
Leider stehe aber das Lieblingsprojekt der Ministerin, die Neue Mittelschule (NMS) für all das nicht. NMS
bedeuteten im Gegenteil eine Nivellierung des Klassenniveaus nach unten. "Das ist der wahre Grund, warum viele
Eltern ihre schulpflichtigen Kinder in Privatschulen für besser aufgehoben halten und warum auch beispielsweise
die 'NMS in Vorarlberg' mit ihren aufrecht gebliebenen differenzierten Schulklassen so sehr vom eigentlichen Gesamtschulkonzept
abweichen."
Die Problematik, dass besonders in Wiener, aber auch anderen Schulklassen die Anteile von Schülern mit nicht-deutscher
Muttersprache weit jenseits des Erträglichen lägen, könne ebenso nicht einfach vom Tisch gewischt
werden, sondern sei in diesem Lichte zu betrachten, so Rosenkranz. "Die einzige Sprachförderung, die
heute in solcherart überfüllten Klassen noch möglich ist, ist die der Türkischkenntnisse österreichischer
Kinder. Damit werden talentierte Schüler durch die NMS in ihrem Fortkommen behindert."
Einzelne Vorschläge der Ministerin, wie jener der Reform der Schulverwaltungen, Entbürokratisierungen,
Verbesserung der Lehrerausbildung, österreichweiten Bildungsstandards oder die geplante Zentralmatura könnten
auch die Zustimmung der FPÖ finden, das Ziel der NMS-Gesamtschule sei jedoch falsch. Rosenkranz betont, dass
es Ministerin Schmied "mit ihrem ideologischen Prestigeprojekt NMS der für ihre starre Haltung bekannten
Lehrergewerkschaft, deren Meinung auch von vielen engagierten Lehrern auch nicht geteilt wird, leider nur allzu
leicht macht, ein Paket, das auch viele gute Vorschläge enthält, rundheraus abzulehnen."
Rosenkranz erinnert abschließend noch daran, dass es - entgegen heutiger Behauptungen - die alte FPÖ-Forderung,
den Anteil von Schülern mit nicht-deutscher Muttersprache mit 30 Prozent pro Klasse zu beschränken, schon
länger als das BZÖ gebe. |