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Faymann berichtet über aktuelle EU-Vorhaben |
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Vertrag von Lissabon könnte Ende 2009 in Kraft treten Wien (pk) - Die Europäische Union wird sich im Jahr 2009 nicht nur intensiv mit der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie der Förderung von Wachstum und Beschäftigung befassen, sondern unter anderem auch dem Klimawandel, der Energieversorgungssicherheit und einer Überprüfung des EU-Haushalts breite Aufmerksamkeit widmen. Ebenso bleiben die Frage einer besseren Rechtsetzung, die künftige Förderung strukturschwacher Regionen, das Thema Bürgernähe und die Außenbeziehungen der EU, etwa zu den sechs Partnerstaaten in Osteuropa und im Südkaukasus, im Fokus. Das geht aus einem gemeinsamen Bericht von Bundeskanzler Werner Faymann und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek über aktuelle EU-Vorhaben in ihrem Zuständigkeitsbereich hervor, der vor kurzem dem Nationalrat vorgelegt wurde (III-44 d.B.). Faymann und Heinisch-Hosek berichten darin über die zu erwartenden Schwerpunktthemen der kommenden EU- Gipfel und die österreichische Position zu konkreten EU-Initiativen. Stimmt die irische Bevölkerung im zweiten Referendum für den Vertrag von Lissabon, könnte dieser, so der Bericht, noch 2009 in Kraft treten. Wie aus dem Bericht hervorgeht, werden sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer am 19./20. März, am 18./19. Juni, am 29./30. Oktober und am 10./11. Dezember offiziell in Brüssel zu Beratungen treffen. Dominierendes Thema beim bevorstehenden Frühjahrsgipfel wird dabei - neben der so genannten Lissabon- Strategie für mehr Wachstum und Beschäftigung und der Erhöhung der Energiesicherheit - die Wirtschafts- und Finanzkrise sein. Der Europäische Rat will prüfen, inwieweit das im Dezember 2008 vereinbarte Konjunkturbelebungsprogramm umgesetzt wurde und gegebenenfalls Ergänzungen und Anpassungen vornehmen. Insgesamt wollen die EU-Länder 200 Mrd. € - ca. 1,5 % des BIP der Europäischen Union - zur Bewältigung der Krise aufwenden, davon entfallen 170 Mrd. € auf nationale Konjunkturprogramme und 30 Mrd. € auf den EU-Haushalt und die Europäische Investitionsbank. Als Beitrag Österreichs nennt der Bericht die beiden bereits vom Nationalrat verabschiedeten Konjunkturpakete ("Mittelstandsmilliarde", Investitionsoffensive) sowie die Steuerreform. Ausdrücklich werden von der Regierung zudem internationale Pläne zur wirksameren Regulierung der Finanzmärkte und zur Reform der internationalen Finanzarchitektur begrüßt. Österreich spricht sich etwa dafür aus, den Internationalen Währungsfonds (IWF) zu stärken und mittelfristig eine europäische Aufsicht über grenzüberschreitende Finanzinstitutionen sicherzustellen. Was die Umsetzung der Lissabon-Strategie betrifft, ist die EU, so der Bericht, inmitten des zweiten Dreijahreszyklus 2008-2010. Dennoch gilt es, sich bereits über eine Zukunft der Strategie nach 2010 Gedanken zu machen. Österreich plädiert in diesem Zusammenhang dafür, an den Kernanliegen - Wachstum und Beschäftigung - festzuhalten, die Umsetzung der Strategie aber insofern neu auszurichten, als stärker auf stabiles, nachhaltiges und qualitatives Wachstum und die soziale Dimension fokussiert werden sollte. In den Ende Jänner 2009 veröffentlichten "Länderspezifischen Empfehlungen" der Europäischen Kommission werden Österreich dem Bericht zufolge insgesamt gute Fortschritte bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie attestiert, allerdings übt die Kommission nach wie vor Kritik an der geringen Erwerbsbeteiligung älterer Menschen. Konkret wird Österreich empfohlen, eine umfassende Strategie für die berufsbegleitende Aus- und Weiterbildung zu entwickeln, die Bestimmungen für Frühpensionierungen zu verschärfen, die Arbeitsbedingungen anzupassen und die Ausbildung für benachteiligte Jugendliche zu verbessern. Erhöhung der Energieversorgungssicherheit und Klimaschutz In Bezug auf die Erhöhung der Energieversorgungssicherheit in Europa ist laut Regierung in Aussicht genommen, beim Frühjahrsgipfel einen neuen Aktionsplan für Energie für die Zeit ab 2010 auszuarbeiten. Es geht etwa um die Förderung wichtiger Infrastruktur, die stärkere Gewichtung von Energie in den Außenbeziehungen der EU, eine bessere Öl- und Gasvorratshaltung, Krisenreaktionsmechanismen, Impulse zur Steigerung der Energieeffizienz und die bessere Nutzung eigener Energiereserven der EU-Länder. Österreich will nach wie vor das Gas- Pipeline-Projekt "Nabucco" vorantreiben und lehnt die Forcierung von Nuklearenergie als weder nachhaltige noch zukunftsweisende Strategie ab. Hinsichtlich des Klimaschutzes sind die EU-Länder angehalten, die Position der Europäischen Union für die Verhandlungen eines Post- Kyoto-Abkommens auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Kopenhagen von 7. bis 18. Dezember festzulegen. Dem Bericht zufolge wird die Frage voraussichtlich bereits beim Frühjahrsgipfel erstmals auf die Agenda kommen, unter schwedischer Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2009 könnte die europäische Position dann präzisiert werden. Überprüfung der Ausgaben und Einnahmen der EU Ein weiteres bedeutendes EU-Thema 2009 wird die Überprüfung der Ausgaben und Einnahmen der EU sein. Die Regierung erwartet sich, dass die Europäische Kommission ein dazu in Aussicht gestelltes Papier im Juni 2009 vorlegen wird. Daneben wird auf EU-Ebene schon seit einiger Zeit über die Zukunft der Kohäsionspolitik, der speziellen Förderung strukturschwacher Regionen, beraten. Unter anderem steht zur Diskussion, unter welchen Bedingungen auch Mitgliedstaaten mit hoher Wirtschaftskraft Mittel aus den Strukturfonds erhalten und inwieweit Regionen mit geografischen Nachteilen bei der Fördervergabe bevorzugt werden sollen ("territoriale Kohäsion"). In Zusammenhang mit den Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise bemüht sich die Europäische Kommission, die Auszahlung von Fördermitteln aus den Strukturfonds zu beschleunigen. Österreich wird weiterhin für ein sparsames EU-Budget eintreten, heißt es im Bericht. Das Niveau der Ausgaben solle dem langjährigen Trend folgend auch künftig bei ungefähr 1 % des europäischen Bruttonationalprodukts (BNE) liegen. Allerdings wünscht sich Österreich eine Umstrukturierung des EU-Haushalts zugunsten von "Zukunftsinvestitionen". So soll mehr Geld für Innovation, Bildung, Forschung, technologische Entwicklung und den Ausbau der Infrastruktur ausgegeben werden. Dem gegenüber sollen etwa die administrativen Kosten für die Implementierung von EU-Programmen sinken. Im Hinblick auf die Eigenmittel der Union tritt Österreich für die verbindliche Einführung einer Finanztransaktionssteuer ein. Im Zuge der Binnenmarktüberprüfung strebt die EU-Kommission unter anderem eine Verbesserung der Konsumentenrechte und der Verbraucherinformation, die Beseitigung administrativer Barrieren vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die Steigerung der Mobilität von ForscherInnen sowie die Verbesserung der Qualität bei sozialen Dienstleistungen an. Vertrag von Lissabon Der Vertrag von Lissabon wird die Europäische Union 2009 weiter beschäftigen. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder streben ein Inkrafttreten des Vertrags noch vor Jahresende 2009 an. Das ist allerdings nur dann möglich, wenn das zweite Referendum in Irland positiv ausgeht und auch die Ratifizierungsverfahren in Deutschland, Polen und Tschechien rechtzeitig abgeschlossen werden. Um die irische Bevölkerung zu einem Ja beim zweiten Referendum zu bewegen, hat sich der Europäische Rat bereits im Dezember 2008 darauf verständigt, die EU-Kommission nicht wie ursprünglich geplant zu verkleinern, sondern weiterhin jedem Mitgliedstaat einen EU-Kommissar zuzugestehen. Weitere politische Zusagen sollen noch ausformuliert und bis zum Sommer 2009 offiziell angenommen werden. So wollen die Staats- und Regierungschefs etwa bekräftigen, dass sie sozialem Fortschritt und dem Schutz von ArbeitnehmerInnenrechten hohe Bedeutung zumessen, und die wichtige Rolle nicht-wirtschaftlicher Dienste von allgemeinem Interesse hervorheben. Ebenso soll dezidiert festgehalten werden, dass der Vertrag von Lissabon weder die traditionelle Neutralitätspolitik noch das in Irland verfassungsrechtlich geschützte "Recht auf Leben" berührt. Grundsätzlich bereits geeinigt haben sich die Staats- und Regierungschefs auch auf Übergangsregelungen in Bezug auf den EU- Vorsitz und das EU-Parlament nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon. Demnach soll etwa die im Vertrag vorgesehene Aufstockung der Sitze im EU-Parlament ab 2010 wirksam werden, ohne dass jedoch die Zahl der EP-Abgeordneten aus Deutschland von 99 auf 96 fällt. Österreich würde damit ab 2010 zwei Europa-Abgeordnete zusätzlich entsenden können. Bessere Rechtsetzung Die Bemühungen der Europäische Kommission um eine bessere Rechtsetzung ("Better Regulation") werden gemäß Bericht 2009 fortgesetzt. Die Kommission hat dazu im Jänner dieses Jahres die "Dritten Strategischen Überlegungen" vorgelegt. Insgesamt konnten im Zuge dieser Initiative bereits rund 1.300 nicht mehr notwendige Rechtsakte mit rund 8.000 Amtsblattseiten aus dem Rechtsbestand der EU ausgeschieden werden. Gleichzeitig hat die EU seit dem Jahr 2005 108 Vorschläge zurückgezogen, die entweder obsolet geworden sind oder keine Aussicht auf Erfolg haben, 30 davon im Jahr 2008. Weiteres Ziel der "Better Regulation" ist der Abbau von Verwaltungslasten - sie sollen bis zum Jahr 2012 um 25 % verringert werden. Im Bereich des öffentlichen Auftragswesens hat die Kommission laut Bericht vorerst keine neuen legislativen Maßnahmen angekündigt. Derzeit diskutiert wird über eine Richtlinie, mit der spezielle Vergabevorschriften in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit zugelassen werden sollen. Datenschutz, Gleichstellungspolitik, Medienoffensive Aus dem Blickwinkel des Datenschutzes von Bedeutung ist die auf EU- Ebene geführte Diskussion über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) durch die Strafverfolgungsbehörden der einzelnen EU- Mitgliedsländer. Österreich hat gegen einen von der Kommission vorgelegten Rechtsakt nach wie vor Bedenken, obwohl mittlerweile Datenschutzbestimmungen eingefügt wurden. In Bezug auf die Gleichstellung von Frauen und Männern verweist der Bericht darauf, dass die Gleichstellungspolitik ein wichtiger Teil der Lissabon-Strategie ist. Unter anderem sollen Maßnahmen zur Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles, zur Förderung des Unternehmertums von Frauen, zur Förderung von Frauen in Entscheidungspositionen, zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben, zur Beseitigung von geschlechterspezifischen Stereotypen in Bildung und Berufsleben sowie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen dazu beitragen, dass Frauen die gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit wie Männer erreichen. 2009 sind in diesem Zusammenhang verschiedene ExpertInnenkonferenzen und Tagungen in Aussicht genommen. Konkret geprüft wird eine Änderung des Rechtsrahmens der EU zum geschlechtsspezifischen Lohngefälle. Um die Leistungen der Union besser zu vermitteln, haben die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Rat erstmals gemeinsame Kommunikationsprioritäten für 2009 vereinbart. Dazu zählen etwa die Europawahlen im Juni und das Thema nachhaltiges Wachstum, Arbeitsplätze und Solidarität. In Österreich ist rund um den Europatag am 9. Mai ein Projekt geplant, in dessen Zug österreichische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den europäischen Institutionen ihre früheren Schulen besuchen und dort den SchülerInnen über ihre Arbeit und ihre Erfahrungen mit Europa berichten sollen. Auch eine Medienkooperation mit Regionalmedien ist in Aussicht gestellt. |
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Informationen: http://www.parlinkom.gv.at | ||
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