Premiere am 21. März 2009 um 19.00 Uhr im Landestheater
Salzburg (landestheater) - "Die gesellschaftlich-soziale Situation hat sich natürlich im
Laufe von 100 Jahren nivelliert. Der Beruf der Schauspielerin etwa ist heute ein ganz anderer oder auch das Stubenmädchen
gibt es so heute nicht mehr. Ich versuche nicht diese Darstellung künstlich aufrechtzuerhalten, indem ich
das Stück im historischen Kostüm des 19. Jahrhunderts spiele. Andererseits könnte man zwar die Situation
ins Jetzt übersetzen, dann würde der Ehemann nicht in die Vorstadt gehen, um sich ein süßes
„Geschöpf“ zu suchen, sondern nach Thailand fahren - es gibt schon Entsprechungen auch heute. Doch auch eine
solche zwanghafte Aktualisierung interessiert mich nicht, zumal dazu oft der Text Schnitzlers geändert werden
müsste. Das kann man in einer Fremdsprache machen beim Übersetzen, so wie Kubrick im Film „Eyes wide
shut“ Schnitzlers „Traumnovelle“ in die Gegenwart übersetzt hat, nur nicht auf dem Theater in Österreich.
Schnitzler ist einer der wenigen österreichischen Autoren, die das Wienerische Idiom nicht als Dialekt oder
Operettenschmäh missbrauchen, sondern als Zugang zu wahrhaftiger Seelen-Beschreibung nützt. Er schaut
seinen Mitmenschen so intim auf den Mund, dass es schade wäre dies zu opfern, nur um das Stück „aktuell“
zu halten. Mich interessiert hier aber weniger die soziale, sondern mehr die psychologische Komponente des Stücks:
wir leben heute in einer religionslosen Welt, das macht die Sinnfrage des Menschen z. T. viel schwerer. Sex wird
zur Ersatzreligion, zum Ersatz für einen Lebensinhalt überhaupt. Das Leben ist im Wohlstand so langweilig
geworden, dass ein seelischer Thrill her muss. Da ist Ehebruch, Lüge, Verstellung hilfreich. Nicht umsonst
haben z. B. Serien wie „Sex and the City“ einen solch großen Erfolg, sie sind eine direkte Umsetzung des
Themas in die heutige Welt."
Ansgar Haag
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