Pressekonferenz der OeNB über Entwicklungen im Bereich der Zinssätze,
Kredite und Einlagen im Jahr 2008
Wien (oenb) - In einer Pressekonferenz präsentierte Andreas Ittner, Mitglied des Direktoriums
der Oesterreichischen Nationalbank, am 26.03. Daten zur Entwicklung der Geschäftstätigkeit der österreichischen
Banken im Umfeld schwieriger internationaler Finanzmarktverhältnisse.
Österreichs Kunden profitierten stärker als im Euroraum von den sinkenden Zinsen
„Die Zins- und Liquiditätspolitik der EZB hat sich in den vergangenen Monaten maßgeblich auf
das Zinssatzniveau in Österreich ausgewirkt“ erläuterte Direktor Ittner vor Journalisten. „Nach dem Anstieg
der Zinssätze am Interbankenmarkt bzw. der Kundenzinssätze im Verlauf des Jahres 2008 sind diese ab Oktober
2008 deutlich gesunken.“ Vor allem die nichtfinanziellen Unternehmen profitierten massiv von den Zinssenkungen.
Deren Zinssätze für Kredite gingen bis Jänner 2009 im Durchschnitt um 226 Basispunkte auf 3,39%
zurück. In diesem Zusammenhang wies Direktor Ittner auch darauf hin, dass die sinkenden Leitzinssätze
aufgrund des höheren Anteils variabel verzinster Kredite in Österreich rascher als im Euroraum an die
Kunden mit Alt-Krediten weitergegeben wurden. Damit sei ein willkommener Konjunktur stabilisierender Einkommenseffekt
für österreichische Haushalte und Unternehmen verbunden, so Direktor Ittner.
Der Zinssatz für Unternehmenskredite unter 1 Mio EUR – also für kleinere und mittlere Unternehmen – bewegte
sich in Österreich im Jahr 2008 nach wie vor nahe am Euroraum-Minimum. Der Zinsvorteil Österreichs in
diesem Segment lag im Durchschnitt bei über einem halben Prozentpunkt. Im Jänner 2009 stieg der Zinsvorteil
gegenüber dem Euroraum-Durchschnitt sogar auf 78 Basispunkte. Bei Konsumkrediten für Haushalte lag der
Zinsvorteil der österreichischen Kunden zuletzt sogar bei 188 Basispunkten. Die Neugeschäftsspanne –
die Differenz zwischen Kredit- und Einlagenzinssätzen – lag in Österreich mit 99 Basispunkten im Jänner
2009 ebenfalls nahe am Minimum des Euroraums.
Steigender Beitrag der Zinserträge für das Betriebsergebnis
Der Nettozinsertrag bildete auch 2008 wieder einen verlässlichen und stabilen Ertragsbestandteil, ergänzte
Direktor Ittner. Verglichen mit dem Jahr 2007 stieg er um 0,85 Mrd EUR bzw. 11,5% auf einen Betrag von 8,25 Mrd
EUR. Seit 1996 konnte weder relativ noch absolut betrachtet ein solch großes Wachstum festgestellt werden.
Hohe Wertberichtigungen reduzieren erwarteten Jahresüberschuss
Auf der anderen Seite erwarten die Kreditinstitute, dass sich der unkonsolidierte Jahresüberschuss
insbesondere aufgrund des erhöhten Wertberichtigungsbedarfs von 4,8 Mrd EUR (2007) auf 2,2 Mrd EUR im Jahr
2008 mehr als halbieren wird. Der Wertberichtigungsbedarf stieg von 1,6 Mrd EUR im Jahr 2007 auf 6,7 Mrd EUR. Dieser
konnte allerdings, so Direktor Ittner, aus eigener Kraft bilanziell dargestellt werden.
Kapitalisierung steigt wieder, trotz starker Reduktion des Konzernergebnisses
Weiters präsentierte Direktor Ittner die eben eingelangten Jahresergebnisse des österreichischen
Bankensektors auf Konzernbasis.
Trotzdem stehen österreichische Banken summa summarum im internationalen Vergleich besser da als viele ihre
Mitbewerber, die hohe Verluste ausweisen mussten, betonte Direktor Ittner. Zu erkennen sei dies auch an der konsolidierten
Kernkapitalquote. Diese stieg im 4. Quartal 2008 auf 7,81%. Keine der systemrelevanten Banken wies eine Eigenkapitalquote
von unter 6% auf.
Kreditwachstum an Unternehmen stieg 2008 wieder
Das wechselkursbereinigte Kreditwachstum an Unternehmen war 2008 mit 10,6 Mrd EUR um mehr als eineinhalb
Mrd EUR höher als 2007.
Während die privaten Haushalte ihr Kreditvolumen im Jahr 2006 noch um 5,2 Mrd EUR bzw. 2007 um 3,8 Mrd EUR
ausweiteten, waren es im Jahr 2008 nur 2,2 Mrd EUR. Dabei ging der Zuwachs für Euro-Kredite von 4,5 Mrd EUR
(2007) auf 0,5 Mrd EUR zurück. Die Fremdwährungskredite stiegen insgesamt im gesamten Jahr 2008 an, sind
aber seit Oktober 2008 rückläufig.
Einlagenboom ermöglicht stabile Refinanzierung der Banken
Die Refinanzierung der österreichischen Banken wurde vor allem auch durch den Einlagenboom im Jahr
2008 sicher gestellt. Die Gesamteinlagen bei allen in Österreich meldepflichtigen Kreditinstituten nahmen
gegenüber dem Jahresende 2007 deutlich um 6,8% (+17,5 Mrd EUR) auf 275,7 Mrd EUR zu. Private Haushalte setzen
in Krisenzeiten auf die sicheren Veranlagungen, wodurch sich das Spareinlagenwachstum im Jahr 2008 auf 6,3 % beschleunigte.
Damit haben die österreichischen Banken weiterhin eine stabile Refinanzierungsbasis.
Durch diese dynamische Einlagenentwicklung der letzten zwei Jahre konnten die österreichischen Banken ihre
unkonsolidierte Loan-Deposit-Ratio1) verbessern. Sie lag im langjährigen Durchschnitt (1995 bis Mitte 2007
zu Beginn der Finanzmarktturbulenzen) bei über 120% und erreichte Ende Dezember 2008 111,9%. Die Loan-Deposit-Ratio
der vollkonsolidierten Auslandstochterbanken ist nicht wesentlich höher als die unkonsolidierte. In den Ländern
Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) liegt die Loan-Deposit-Ratio der österreichischen Auslandstochterbanken
bei rund 115%. Diese refinanzieren demnach die Kredite dieser Region zu über 80% durch Einlagen vor Ort.
Auslandsaktiva in „Osteuropa“ im 4. Quartal leicht rückläufig
Im letzten Quartal 2008 waren die Auslandsforderungen gegenüber Zentral-, Ost- und Südosteuropa leicht
rückläufig. In dieser Region halten österreichische Banken 200 Mrd EUR an Forderungen. Rund zwei
Drittel dieser Forderungen bestehen gegenüber den osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten. Überdies sind
die Aktiva Österreichs in dieser Region stärker regional diversifiziert als die anderer ausländischer
Investoren, resümierte Direktor Ittner.
Mehr Bankangestellte trotz Rückgang der Bankstellen
Der Bankensektor beschäftigte Ende 2008 in Österreich knapp 80.000 Personen. Das Wachstum der Beschäftigten
lag damit in den letzten fünf Jahren bei rund 5.000 oder knapp 7%. Damit ist das Bankwesen in Österreich,
so Direktor Ittner, auch ein wichtiger und stabiler Arbeitgeber. Zusätzlich sind inzwischen schon 140.000
Personen bei den (vollkonsolidierungspflichtigen) Auslandstochterbanken österreichischer Institute beschäftigt.
Im Jahr 2008 setzte sich die Reduktion bei den Bankstellen mit einem Rückgang um 35 fort. Die Bankstellendichte
ist in Österreich aber weiterhin größer als in den Nachbarländern. So liegt die durchschnittliche
Anzahl an Einwohnern pro Bankstelle in Österreich per Ende 2008 mit rund 1.630 allerdings immer noch unter
den Werten von Deutschland (1.950) bzw. der Schweiz (2.160). |