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Wirtschaftsausschuss debattiert Umsetzung der Konjunkturpakete |
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Parlamentarier drängen auf rasche Hilfe für die Betriebe Wien (pk) - In einer umfassenden Aussprache analysierten die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses unter der Leitung von Ausschussobmann Konrad Steindl gemeinsam mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und den Geschäftsführern der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (AWS), Johann Moser und Kurt Leutgeb, die aktuelle wirtschaftliche Situation und die Umsetzung der bisher beschlossenen Konjunkturpakete. Angesichts immer schlechter werdender Prognosen drängten die Abgeordneten auf eine raschere Erledigung von Förderungsansuchen der Betriebe sowie - teils nach US-Vorbild - auf mehr "frisches Geld", auf weitere Konjunkturprogramme, die Einrichtung einer Staatsbank und auf die Umwidmung von Bankhaftungen zugunsten der Wirtschaft. Wirtschaftsminister Mitterlehner lobte die Förderungstätigkeit der AWS, die sich bemühe, rasch zu helfen, die Anträge aber auch sorgfältig prüfen müsse. Mitterlehner hielt es für angebracht, zunächst die bereits beschlossenen Konjunkturmaßnahmen im Umfang von 6,3 Mrd. Euro umzusetzen, ehe man über weitere Programme nachdenke. Für die nächsten Tage kündigte der Minister ein Aktionsprogramm für die thermische Gebäudesanierung an. An Staatshaftungen für Industrieanleihen denke die Regierung derzeit nicht, Mitterlehner hielt es sich aber offen, über eine Umfunktionierung von Haftungen für die Banken zu diskutieren, wenn Industrieunternehmen mangels Krediten zu teuren Anleihen gezwungen wären. Mitterlehner: Die Konjunkturmaßnahmen gehen in die richtige Richtung Eingeleitet wurde die Aussprache von der Mitteilung des Wirtschaftministers an die Abgeordneten, die globale Finanzkrise schlage nun voll auf die Realwirtschaft des stark exportabhängigen Österreich durch. Es sei daher nicht möglich, die Krise nur nachfrageseitig zu lösen, die Bundesregierung setze auf angebotsseitige Impulse. Die bereits beschlossenen Konjunkturpakete müssten nun umgesetzt werden. Letztlich werden aber die Märkte die Antwort auf die Krise finden müssen, zeigte sich der Minister überzeugt, denn die Kurzarbeit könne nur eine temporäre, keine Dauerlösung sein. Im April erwarte er 44.000 Kurzarbeiter in 260 Betrieben, informierte der Minister. 301.695 Menschen seien derzeit arbeitslos, um 23,7 % mehr als im Vorjahr. Österreich hat insgesamt 6,3 Mrd. €, mehr als 2 % des BIP und mehr als von der EU vorgegeben, zur Krisenbewältigung zur Verfügung gestellt. Die Situation sei nach wie vor schwierig, die Maßnahmen gehen aber in die richtige Richtung, zeigte sich der Minister überzeugt. Mitterlehner erinnerte an die "Mittelstandsmilliarde", die sich in Ergänzung zum Bankenpaket an KMU wendet. Die ERP-Mittel wurden von 400 Mio. € auf 600 Mio. € ausgeweitet, für Mikrokredite stehen 50 Mio. € und mehr Geld auch für die Tourismusbetriebe zur Verfügung. Die Haftungsübernahmen wurden von 2,3 auf 2,5 Mrd. € erhöht. Eine Übernahme von Haftungen für Industrieanlagen sei für die Bundesregierung derzeit kein Thema, sagte der Wirtschaftsminister, merkte aber an, dass man es sich offen halte, Teile des Bankenpakets umzufunktionieren, sollten Industrieunternehmen mangels Bankkrediten gezwungen sein, Anleihen zu nehmen, solche Haftungen sollten aber an Bedingungen für Jugendausbildung und Standortgarantien gekoppelt sein. Eine Aktion zur Förderung der thermischen Sanierung werde in den nächsten Tagen vorgestellt, kündigte Minister Mitterlehner an. AWS-Leiter: Anträge werden rasch erledigt Die Umsetzung der Konjunkturmaßnahmen erläuterten den Ausschussmitgliedern die Geschäftsführer der Austria Wirtschaftsservice-Gesellschaft, einer Expertenorganisation mit 220 Mitarbeitern, Johann Moser und Kurt Leutgeb, die den Abgeordneten auch mitteilten, dass sich die AWS neuerdings auch um eine Bankenkonzession bewerbe, um die Betriebe noch wirksamer unterstützen zu können. 2008 wurden 5.182 Unternehmen mit 988 Mio. Euro gefördert, das unterstützte Gesamtprojektvolumen umfasste 10.800 Mio. Euro. 12.600 neue Arbeitsplätze und 96.600 bestehende Arbeitsplätze wurden gefördert. Das mit März 2009 gestartete AWS-Konjunkturpaket umfasst an Eigenkapital für KMU 40 Mio. Euro jeweils für 2009 und 2010. Im Rahmen der direkten Kreditvergabe - primär aus EIB-Mitteln – erhalten die Unternehmen bis zu 200 Mio. Euro pro Jahr, berichteten Moser und Leutgeb. Braucht die Wirtschaft weitere Konjunkturpakete? In der Debatte wies S-Abgeordneter Christoph Matznetter dem AWS eine Schlüsselrolle bei der Förderung von KMU in der Wirtschaftskrise zu. Angesichts mancherorts geäußerter Unzufriedenheit von Seiten der Betriebe wegen mangelnder Information, allzu bürokratischer Abwicklung von Anträgen und zu langer Antragsprüfungen bot Matznetter den AWS-Managern die Unterstützung der Politik an, wenn es darum gehe, dafür zu sorgen, dass die Umsetzung der Konjunkturmaßnahmen so rasch wie möglich erfolgen könne. Matznetter schlug vor, die Prüfung von Mikrokreditanträgen auf Stichproben zu beschränken und rechtzeitig zu melden, wenn ERP-Mittel wegen der starken Nachfrage auszugehen drohten. Auch beim Thema Bankkonzession riet Matznetter der AWS stärker in die Öffentlichkeit zu gehen. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) klagte darüber, die vor fünf Monaten beschlossenen Konjunkturpakete wirkten immer noch nicht. Die Idee einer Banklizenz für die AWS sah die Abgeordnete skeptisch und meinte, man sollte das Bankenhilfspaket so schnüren, dass die Banken ihrer Aufgabe bei der Finanzierung der Realwirtschaft wieder nachkommen könnten. Bei den KMU ortete Lichtenecker neue Probleme bei der Finanzierung des Umlaufvermögens. Eine Finanzierung der thermischen Sanierung aus dem KLI.EN-Fonds sah die Rednerin als ungenügend an. Konjunkturwirksam wäre nur der Einsatz von "frischem Geld", so Lichtenecker. Abgeordneter Robert Lugar (B) zeigte sich verwundert über die Aussage des Ministers, der Markt solle die Krise lösen, und forderte Mitterlehner auf, sich mehr zuzutrauen und der Bauwirtschaft mit Aufträgen bei der thermischen Gebäudesanierung unter die Arme zu greifen. Auch Lugar sprach sich dafür aus, KMU mit Betriebsmittelkrediten zu unterstützen und fragte schließlich, wer über AWS-Beteiligungen an KMU entscheide und ob Beteiligungen zur Mitsprache in der Geschäftsführung führen. Abgeordneter Bernhard Themessl (F) bezweifelte, dass die Mittelstandsmilliarde, die im Vorjahr unter ganz anderen kulturellen Bedingungen beschlossen wurde, zur Lösung der Probleme ausreichen werde. Themessl hielt es für angebracht, mehr Mittel für ein weiteres Konjunkturpaket in die Hand zu nehmen, um mehrere 100.000 Arbeitslose zusätzlich in Österreich zu verhindern. Gegenüber Klagen des Abgeordneten Themessl an zu viel Bürokratie bei Antragstellungen an die AWS stellte deren Geschäftsführer Johann Moser fest, seine Gesellschaft sei um eine rasche Erledigung der Anträge bemüht, könne aber nicht umhin, die Kriterien für Förderungen und Haftungen zu prüfen. Bedenken gegen eine Vollbankenkonzession für die AWS zerstreute Moser mit dem Hinweis darauf, dass seine Gesellschaft niemals in Konkurrenz zu Banken treten, aber doch bei der Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten zusätzlich tätig werden könnte. Die Entscheidung über eine Beteiligung der AWS trifft jeweils die Geschäftsführung des Unternehmens, es handle sich immer darum, in Form einer befristeten "atypisch stillen Beteiligung" ein bestimmtes Projekt zu ermöglichen. Den AWS-Förderungsschwerpunkt Kleinstunternehmen belegte Geschäftsführer Kurt Leutgeb, indem er ausführte, dass 72 % der AWS-Förderungen an Kleinstunternehmen, 16 % an Betriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern, 6 % an mittlere Unternehmen und 5 % an große Unternehmen gehen. Detaillierte Antragsformulare würden helfen, Anträge rasch erledigen zu können, da zeitraubende Nachfragen überflüssig würden. Betriebsmittelkredite an KMU sollen über Liquiditätsengpässe hinweg helfen, unter denen derzeit auch gute Unternehmen leiden, sagte Kurt Leutgeb. Er informierte die Abgeordneten auch über das interne Rating-System für die Beurteilung von Unternehmen. Bundesminister Mitterlehner sah die AWS in der größten Rezession seit 1945 in der richtigen Richtung unterwegs. Die Betriebe erwarten rasche Hilfe, zugleich dürfe man aber nicht vergessen, dass bei Ausfällen von Haftungen die öffentliche Hand zu zahlen habe. Er sei nicht der Auffassung, dass der Staat bei der Bewältigung der Krise nicht notwendig wäre, klärte Mitterlehner auf. Der Markt und die Betriebe müssten aber die richtigen Antworten geben, denn es sei klar, dass die Wirtschaftsstruktur nach der Krise eine andere sein werde als vorher. Die Diskussion über eine Bankenkonzession der AWS sah der Wirtschaftsminister als Motivation für die Geschäftsbanken. Abgeordneter Lichtenecker gab der Minister recht, wenn sie für die thermische Sanierung frisches Geld verlange; der KLI.EN werde vorläufig aus budgettechnischen Gründen zur Finanzierung von thermischen Sanierungen herangezogen. Die Bauwirtschaft sei derzeit noch gut ausgelastet, sagte der Wirtschaftminister und hielt es für zweckmäßig, mit der thermischen Gebäudesanierung erst nach der Heizsaison zu beginnen. Ob die konjunkturelle Entwicklung ein weiteres Konjunkturpaket notwendig machen werde, könne man jetzt noch nicht sagen. In jedem Fall sei es zweckmäßig, die beschlossenen Maßnahmen Schritt für Schritt umzusetzen, weil dies auch finanzielle Spielräume für den Fall sichere, dass sich die Konjunktur weiter verschlechtere. Die Unternehmen seien jedenfalls aufgerufen, sich auf die neue Situation einzustellen, alternative Möglichkeiten, Nischen und neue Märkte zu suchen. Abgeordneter Rainer Widmann (B) machte darauf aufmerksam, dass die USA wesentlich mehr Geld zur Krisenbewältigung ausgeben als die EU und Österreich, drängte auf eine Mehrwertsteuerrückvergütung sowie auf mehr Geld für thermische Sanierungsmaßnahmen und erkundigte sich nach der Erfolgsquote der AWS. Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) plädierte für eine Bankfunktion der AWS, weil sich Banken auch bei Krediten an gute Unternehmen zurückhielten. Da Gartlehner überzeugt war, dass der nächste Aufschwung von Innovationen angetrieben werde, fragte er, ob die AWS ausreichend mit Expertise für die Technologiebewertung ausgerüstet sei. Abgeordneter Werner Königshofer (F) plädierte einmal mehr dafür, die Cerberus-Anteile an der BAWAG-PSK von Seiten des Staates zurückzukaufen und solcher Art eine Staatsbank zu schaffen, die zur Förderung der Realwirtschaft eingesetzt werden könnte. Zudem warnte Königshofer vor den Ostrisken österreichischer Großbanken. Abgeordneter Werner Kogler (G) sah das wirtschaftspsychologische Problem immer größer werden, wenn das Bankenpaket nicht wirke; auch die Glaubwürdigkeit der Politik leide darunter. Er könne sich daher vorstellen, Haftungen, die für Banken übernommen wurden, zur Realwirtschaft hin umzuschichten. Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) plädierte dafür, an allen Schrauben zu drehen, die geeignet seien, der Krise entgegenzuwirken. Dazu gehöre auch, Einfluss auf die Bundesbeschaffungsgesellschaft zu nehmen, um öffentliche Aufträge für österreichische Unternehmen zu sichern. Abgeordneter Wolfgang Katzian (S) sprach sich dafür aus, sich beim Thema Haftungen für Unternehmensanleihen eine Entscheidung offen zu halten, um Beschäftigung und Standort sichern zu können, wenn etwa Frankreich und Deutschland Entscheidungen für solche Haftungen treffen. Die Förderung der thermischen Sanierung sollte laut Katzian wesentlicher Teil eines möglichen weiteren Konjunkturprogramms sein. Dabei sollte man an Vorfinanzierungen für sozial Schwache denken, die aus Energieeinsparungen refinanziert werden. Abgeordneter Alois Gradauer (F) sah angesichts der Konjunkturpolitik in den USA auch in der EU und in Österreich die Notwendigkeit zunehmen, Probleme rasch zu lösen statt weiter zuzuwarten. Gradauer wollte durch steuerliche Maßnahmen den Inlandskonsum stärker ankurbeln. Abgeordneter Franz Hörl (V) sah keine "Kreditklemme" und zeigte sich erstaunt über die Vorschläge der Opposition für Haftungsübernahmen und weitere Konjunkturpakete. "Wer soll das bezahlen?", fragte Franz Hörl. Geschäftsführer Johann Moser bezeichnete die Beurteilung der technologischen Innovationskraft eines Unternehmens als die Kernkompetenz und das Hauptkriterium in der Förderungstätigkeit der AWS. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner warnte davor, beim Vergleich von Konjunkturpaketen die Unterschiede zu übersehen, die zwischen den USA und der EU bestehen. Die EU sei wesentlich stärker außenwirtschaftlich orientiert als die USA, merkte der Minister beispielsweise an. Zum Vorschlag einer BAWAG-Verstaatlichung meinte der Minister, der Staat habe mit der Kommunalkredit bereits eine Staatsbank und habe kein Interesse daran, Eigentümer einer weiteren Bank zu sein. Bei der Bundesbeschaffung werde KMU-gerecht vorgegangen. Man könne nicht einerseits verlangen, rationell zu beschaffen, dem Staat aber gleichzeitig Vorwürfe zu machen, wenn er es tue. Die Wirtschaft befinde sich in einer ernsten Situation, so Mitterlehner, er sei aber der Auffassung, dass wir die Krise mit den Maßnahmen, die wir in Österreich begonnen haben, minimieren werden. |
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Informationen: http://www.parlinkom.gv.at | ||
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