Nationalratssondersitzung zu bevorstehendem ORF-Gesetz  

erstellt am
01. 04. 09

Faymann: ORF-Gesetz "noch heuer" soll wirtschaftliche Basis des ORF sichern
Verkleinerung des Stiftungsrates und Teilrefundierung der Gebührenbefreiung
Wien (sk) - Im Rahmen der Nationalratsondersitzung am 31.03. kündigte Bundeskanzler Werner Faymann einen Gesetzesvorschlag für den ORF "noch im heurigen Jahr" an. "Es gibt eine Reihe von Aufgaben, die zu bewältigen sind, um überhaupt die wirtschaftliche Basis eines ORF zu sichern", die nämlich die Voraussetzung dafür sei, um überhaupt über Objektivität zu reden. Faymann sprach sich daher für die Verkleinerung des Stiftungsrates aus, sowie für die Teilrefundierung der Gebührenbefreiung. Zudem soll der Stiftungsrat nicht mehr von Parteienvertreter besetzt werden, "die sich als solche im Aufsichtsrat verstehen".

Die Teilrefundierung der Gebührenbefreiung, erklärte Faymann, soll "ein wirtschaftliches Fundament" für den ORF mitsichbringen. Jedoch solle eine Reform nicht mit einer zusätzlichen Leistung beginnen, denn das müsse ja auch vom Steuerzahler bezahlt werden. Hingegen müsse für "eine Reform für eine gesunde wirtschaftlichen Basis" zuerst eine Strukturreform erfolgen, "um dann einen zusätzlichen Beitrag von der Politik zu verlangen". Zum Stiftungsrat sagte Faymann, dass dieser mit 35 Personen zu groß sei und sich, laut Ex-Direktorin Monica Lindner, Sprecher entwickeln würden. Durch eine Verkleinerung solle dieser leistungsstärker gemacht werden.

Faymann betonte weiters, dass aus der Kritik des Rechnungshofes nun die Konsequenzen zu ziehen sind, "dort wo wir für Rahmenbedingungen verantwortlich sind. Damit solle die Sicherung des ORF gewährleistet werden und der ORF vor der Lage, einen oder zwei Sender verkaufen zu müssen, geschützt werden. Zudem sollen die "Leistungen der MitarbeiterInnen, die engagiert und sehr fair ihre Arbeitmachen" dadurch gesichert werden.

Der Bundeskanzler versicherte weiters, dass er sich nie über die Berichterstattung beklagt hätte. Hingegen "wird man kaum eine Redakteurin oder einen Redakteur finden, der sich die Zeit, in der sie in der Regierung waren, wieder zurück wünscht", so Faymann in Richtung Stadler. Und zu Strache: "Eher setzt sich ein Bankräuber für eine Sicherheitstür ein, als sie für die Objektivität."

Dass eine Regierung keine Personen mehr für die Stiftungsräte bestelle und damit von dem Unternehmen nichts mehr wisse, sei eine "unsinnige" Forderung, so Faymann. Richtig sei, wenn eine Regierung sage, "bis hier her sind wir verantwortlich: nämlich für eine Struktur, für die Mitwirkung einer wirtschaftliche Basis für die Zukunft, für die Bestellung von qualifizierten Personen, die den ORF und seine Bedeutung kennen, schätzen und im Aufsichtsrat vertreten" und dann habe sich die Politik wieder geordnet zurück zu ziehen, stellte Faymann klar.

Jene Szenarien, die jetzt diskutiert werden zusammen mit der wirtschaftlichen Entwicklung bringe den ORF in den Bereich der Rezession, dafür stehe er, Faymann, nicht zur Verfügung. Dazu gäbe es noch eine Reihe Privilegien, "wo die Opposition im Stiftungsrat zugeschaut hat". "Es sei ein Neubeginn zu setzen, der der Bevölkerung beweist, dass auch zusätzlich Mittel, die notwendig sind, gut aufgehoben sind in einem reformierten ORF." Dieser ORF solle die SeherInnen künftig mit journalistischer Leistung und einem verbessertem Programm zufrieden stellen und er solle rechtfertigen, dass die Politik Rahmenbedingungen schaffe, die belegen, dass dieser ORF eine Zukunft habe, so Faymann abschließend.

 

 Kopf: Den ORF in seiner Struktur reformieren …
… und weiterhin dem öffentlich-rechtlichen Auftrag gerecht werden – Opposition inszeniert Sondersitzung auf Grundlage von Gerüchten und Vermutungen
Wien (övp-pk) - "Ich teile die Meinung des Proponentenkomitees ,Rettet den ORF‘, wenn es sagt, der ORF ist ein Sanierungsfall. Aber wenn heute alle drei Oppositionsparteien hier im Parlament vor die Öffentlichkeit treten und versuchen, sich wirkungs- und bedeutungsvoll um die Zukunft des ORF zu sorgen, dann möchte ich eines in Erinnerung rufen: Es waren vor zwei Jahren genau jene Vertreter von FPÖ, BZÖ und Grüne im Stiftungsrat, die die jetzige Situation mit herbeigeführt und somit mit zu verantworten haben. Ich empfehle Ihnen daher mit der Kritik vorher an die eigene Brust zu klopfen und nicht an jene der Regierung." Das sagte ÖVP- Klubobmann und -Mediensprecher Karlheinz Kopf am 31.03. in der Sondersitzung des Nationalrats zum ORF.

Kopf unterstrich in seiner Rede die wichtigen Punkte des heute in den Medien veröffentlichten Manifests. "Der ORF ist eine wichtige gesellschaftspolitische Institution in Österreich und steht für die österreichische Identität. Wir bekennen uns ganz klar und uneingeschränkt zur Unabhängigkeit des ORF und zum öffentlich-rechtlichen Auftrag, den es zu erfüllen gilt. Der ORF ist eines der wenigen Medien, das nicht nur eine nationale, sondern auch eine internationale Rolle spielt", so der Klubobmann.

Zur existenziellen Absicherung brauche es aber dringend eine Gesetzesnovelle. "Mich wundert aber, dass heute nicht einmal ein Gesetzesentwurf da liegt. Trotzdem inszeniert die Opposition eine Sondersitzung auf Grundlage von Gerüchten und Vermutungen. Wenn das die neue Auffassung von Politik und Gesetzesentstehung ist, dann gute Nacht", kritisiert Kopf die Vorgangsweise der Opposition und übt auch ein wenig Kritik an den Akteuren des Manifests: "Auch die haben sich weitgehend nur nach Medienberichten orientiert".

Die derzeitige Situation des ORF könne nicht so einfach auf die weltweite Wirtschaftkrise oder die zuletzt durchgeführte Gebührenerhöhung zurückgeführt werden. "Hier sind schon hausgemachte Dinge schuld wie zum Beispiel die verfehlte Programmreform im Jahr 2007 oder die Beibehaltung überholter Strukturen, die ebenso eine Rolle wie die fehlende Unternehmensstrategie spielen. Setzen wir die Situation des ORF nicht aufs Spiel. Der Weg in die Insolvenz ist in Zeiten wie diesen kürzer als viele glauben", so der Klubobmann.

Für Kopf ist klar, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag für die Führung eines Unternehmens eine besondere Herausforderung darstellt - sowohl inhaltlich wie auch wirtschaftlich. "Die identitätsstiftenden Arten des Landes wie Kultur, Sport oder Tradition in ihrer Qualität zu präsentieren ist nicht leicht. Besonders wenn man auf die duale Finanzierung angewiesen ist, ist es schwer, die notwendigen Quoten zu liefern. Diese Probleme sind mir sehr bewusst. Aber die Führung des ORF kann sich nicht auf die einnahmenbeschränkte Situation hinausreden und sich ständig an den Eigentümer wenden. Man muss sich anstrengen und das machen, was beispielsweise der Rechnungshof empfohlen hat: Die Struktur zu reformieren und weiterhin dem öffentlich-rechtlichen Auftrag nachzukommen", fordert Kopf eine dringende Strukturreform des ORF.

Es werde selbstverständlich in der Entscheidungsfindung seriös vorgegangen. "Es wird ausreichend Zeit für die Begutachtung oder Stellungnahmen geben. Im Hohen Haus mit Hearings und einer intensiven Auseinandersetzung werden wir, sowie bisher bei sehr großen und sensiblen Entscheidungsfindungen, auch beim ORF der Diskussion breiten Raum schaffen", schloss Kopf, der zum Schluss seines Debattenbetrages einen Entschließungsantrag der Koalitionsparteien zur Zukunftssicherung des ORF einbrachte:

"Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die entsprechende gesetzliche Adaptierungen vorsieht, um den ORF unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Rechnungshofes mit seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag langfristig zu erhalten und in der Erfüllung seines Auftrages zu stärken. Weiters soll es - im Sinne der von der Europäischen Kommission vorläufig angenommenen Problemfelder - Klarstellungen betreffend den öffentlich-rechtlichen Auftrag, die Frage der Überkompensation durch Programmentgelt und deren Überprüfung, die Frage des Erwerbs von Sportrechten und das Anbieten von Onlinediensten/Spartenkanälen geben."

 

 Strache: SPÖ und ÖVP wollen ORF zu Regierungsjubelfunk umfunktionieren
FPÖ-Obmann thematisiert auch Rolle des Raiffeisen-Konzerns
Wien (fpd) - Bei Rot und Schwarz sei Hopfen und Malz verloren, erklärte FPÖ- Bundesparteiobmann HC Strache in seiner Rede zur Sondersitzung über den ORF. Faymann könne nicht einfach in Abrede stellen, dass er ein ORF-Gesetz plane, sein Staatssekretär Ostermayer habe dies auch bereits zugegeben. Faymann sei nicht der Alpen-Berlusconi, das sei vielmehr "der Herr Konrad vom Raiffeisen-Giebelkreuz". Faymann sei mehr der Mao Tse-tung der österreichischen Medienlandschaft, der auch nie selbst bei den Medien interveniert habe, sondern dies andere habe tun lassen. Durch Inserate etwa in "Österreich" sichere sich Faymann die Einflussnahme auf die Berichterstattung.

Es sei Gefahr im Verzug, so Strache weiter. Die Bundesregierung plane mit dem neuen ORF-Gesetz die Ausschaltung der Opposition und die endgültige Aufteilung des Österreichischen Rundfunks zwischen Rot und Schwarz. Es herrsche Medientotalitarismus in manchen Bereichen. SPÖ und ÖVP würden versuchen, das Rad der Mediengeschichte in die Fünfziger und Sechziger Jahre zurückzuschrauben und einen Regierungsjubelfunk zu installieren. Neben dem 35 Mitglieder umfassenden Stiftungsrat solle ein Exekutivausschuss des Stiftungsrats als neues Organ konstituiert werden, dessen Hauptaufgabe die Wahl der ORF-Direktoren sein solle und die operative Unterstützung der Geschäftsführung, erläuterte der freiheitliche Klubobmann die Regierungspläne. Die Exekutivausschuss-Mitglieder sollten im ORF-Stiftungsrat mit einfacher Mehrheit gewählt werden. Dort würden SPÖ und ÖVP gemeinsam eine deutliche Mehrheit stellen, was nichts anderes bedeute, als dass in Zukunft SPÖ und ÖVP den ORF kontrollieren würden, ohne dass die Opposition eine Kontrollmöglichkeit habe.

Der ORF-Redakteurs-Ausschuss habe erst vergangenen Freitag vor dieser Entwicklung gewarnt. "Die ORF-Journalistinnen und -Journalisten", zitierte Strache, "verwehren sich gegen alle Versuche, die finanzielle Krise des ORF zum Anlass zu nehmen, das wichtigste Medienunternehmen des Landes stärkerer Kontrolle der parteipolitischen Macht zu unterwerfen." Mitarbeiter des ORF seien hilfesuchend zur Opposition gekommen. Statt den Proporz weiter einzuzementieren, müsse der ORF endlich entpolitisiert werden. Strache schlug auch ein Hearing mit Experten über die Zukunft der elektronischen Medien vor und forderte Transparenz Qualität und Objektivität. Österreich brauche einen starken rot-weiß-roten ORF, der nicht durch Misswirtschaft und Parteiproporz geprägt sei. Was aber die Bundesregierung schaffen wolle, sei ein Regierungsfunk, wie es ihn zuletzt in der DDR gegeben habe. Selbst Albanien sei medienpolitisch heute schon weiter als Österreich.

Strache beleuchtete auch die Rolle des Raiffeisen-Konzerns bei diesen Entwicklungen. Dass nämlich Raiffeisen-Chef Konrad ein begehrliches Auge auf ORF 1 und auch Ö3 geworfen habe, sei ja schon seit längerem bekannt. Monika Lindner, eine enge persönliche Freundin Konrads, ermöglichte zu ihrer Zeit als ORF-Generalin eine strategisch enorm wichtige Beteiligung an einem Kernpunkt der ORF-Macht. Raiffeisen habe nämlich 40 Prozent Anteil am ORS (Österreichische Rundfunksender GmbH & Co KG, Wien), dem ORF-Tochterunternehmen zur digitalen Verteilung. Aufgrund der schlechten finanziellen Situation des ORF überlege man, weitere ORS-Anteile an Raiffeisen zu verkaufen. Das wäre dann die totale Abhängigkeit im Bereich des Vertriebs der ORF-Programme, eine Privatisierung des ORF zugunsten des Medienriesen Raiffeisen.

Als Dank für Lindner sei sie nach ihrer Abwahl wieder weich in den Raiffeisen-Schoß gefallen. Sie berate heute ebenjene Medienholding von Raiffeisen, die die Anteile an ORS besitze, so Strache. Geschäftsführer dieser Holding namens Medicur sei der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Ferdinand Mayer. Der ORF-Stiftungsratsvorsitzende Pekarek sei auch Teil des Raiffeisen-Konzerns. In diesem Zusammenhang erinnerte Strache daran, dass die ORF-Betriebsräte im September des Vorjahrs den Rücktritt Pekareks gefordert hätten.

"Diese monopolistischen Entwicklungen und Bestrebungen müssen verhindert werden", betonte Strache. Deshalb sei es notwendig, die Unabhängigkeit von ORF und ORS sicher zu stellen. Wenn der ORF aber zu einem rotschwarzen Parteiapparat werde, dann sollten in Zukunft auch die Parteisekretariate von Rot und Schwarz die Gebühren zahlen.

 

 Stadler: Unabhängigkeit des ORF darf nicht angetastet werden!
Klare Drohung: Opposition kann mit 60 Abgeordneten den VfGH anrufen
Wien (bzö) - "Sie versuchen, das Rad der Geschichte um 50 Jahre zurückzudrehen", kritisierte der BZÖ-Abgeordnete Mag. Ewald Stadler in seiner Rede in der Sondersitzung die Wünsche von SPÖ und ÖVP. Und weiter: "Die Unabhängigkeit des ORF darf nicht angetastet werden!". Er erinnerte, dass das ORF-Volksbegehren der erste "plebiszitäre Akt" in der zweiten Republik war. Stadler warnte die Regierungsparteien davor, den ORF zu einem "Propaganda-Staatsbetrieb" zu machen. Für eine weitere Einflussnahme drohte Stadler mit einem Gang der Oppositionsparteien zu Verfassungsgerichtshof an.

Stadler erinnerte, dass 1964 durch ein Volksbegehren die Unabhängigkeit des ORF begründet wurde; Zehn Jahre später wurde diese Unabhängigkeit sogar in den Rang eines Verfassungsgesetzes gehoben. "Nun ist der größte Anschlag auf den ORF geplant", so Stadler. Er forderte, dass der ORF als zentrales Medium die Identität und Eigenständigkeit der Österreicher vertritt.

"Sie wollen den ORF nutzen, um Macht auszuüben", erklärte Stadler. Dem entsprechen auch die Anteile in der ZiB-Berichterstattung mit 38 Prozent für SPÖ und 28 Prozent für ÖVP im Februar. Künftig wolle man offensichtlich auch noch den Jubel bestimmen, wenn Faymann und Pröll vorkommen.

Stadler warnte davor, den jüngsten Rechnungshofbericht als Grundlage für Reformen zu nehmen und forderte eine sachliche Diskussion. "Machtmissbrauch kann nicht auf Basis eines RH-Berichts erfolgen", warnte der BZÖ-Abgeordnete. "Der ORF hat hervorragende Leute, die dieses Medium führen können", erinnerte er. Zusammen mit internationalen Experten müssten Reformen entwickelt werden.

Sollten SPÖ und ÖVP den Versuch der Einflussnahme nicht beenden, kündigte Stadler bereits die weiteren Schritte an: "Mit allen Künstlern, Schriftstellern, Schauspielern, mit der Zivilgesellschaft werden wir gegen die Versuche vorgehen, den ORF zu einem Propagandaministerium zu machen." Sollte das nicht ausreichen, sei bereits der Weg aller drei Oppositionsparteien zum Verfassungsgerichtshof beschlossene Sache.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
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