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HAYDN EXPLOSIV |
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Eine europäische Karriere am Fürstenhof der Esterházy Zur "künstlerisch-ideellen Deutungsmacht" der Dynastie avanciert Haydn unter Nikolaus II., einem
weltläufigen Connaisseur mit anglophiler Attitüde und einem Hang zum französischen Revolutionsklassizismus
- immerhin beauftragte dieser den klassizistischen Architekten Charles Moreau mit dem Umbau des Schlosses in Eisenstadt.
Haydn kehrt nach zweifachem Lebenstriumph in London (1790 und 1792, jeweils Hinreise) wieder in die "fürstlichen
Dienste" zurück, obgleich er sich (von Nikolaus II. toleriert) damals zumeist in Wien aufhält. Nikolaus
II. weiß, den "Weltruhm" Haydns als Krönung des jahrzehntelangen Dienstverhältnisses
des genialen Compositeurs mit seiner Familie zu deuten. So gelang es ihm, Haydns Aufstieg in den "Olymp der
Musik" zur "Verklärung" der eigenen Dynastie zu nutzen. Schließlich gehört Haydn
zu den wenigen Komponisten, die schon zu Lebzeiten vor das eigene Denkmal treten konnten - so 1796 in seinem Geburtsort
Rohrau. Im "Début de Siècle - um 1800" zeigt sich die Aktualität der Haydn-Zeit für
uns heute Haydns "kreative Karriere" reicht vom barocken Lebensgefühl der Reform-Kaiserin Maria Theresia über den "radikalen Geist" der josephinischen Aufklärung, bis hin zum vielschichtigen Konservativismus unter Franz II./I. Unter dessen restaurativer Regentschaft waren "Kirche & Staat" nicht mehr vom "Experiment Aufklärung" bedroht - schließlich waren die Ängste der französischen Revolution weitgehend verflogen und machtem dem Lebensgefühl einer "freudigen Religiosität" Platz. Die Klassik als "Erste Wiener Moderne" Die Zeit der Wiener Klassik ("Mozarts Geist aus Haydns Händen empfangen", Graf Waldstein über Beethoven) bildet die künstlerische Brücke zum 19. Jahrhundert - zur Differenzierung dieser, oft schon "abgegriffenen" Epochen-Benennung schlägt der Haydnforscher James Webster den Begriff "Erste Wiener Moderne" vor. Damit wird der kulturellen Ambiguität des historischen Prozesses Rechnung getragen. Erst vor solch größerem Horizont des Zeitenbruchs "um 1800" kann beispielsweise die (nicht nur) kammermusikalische Romantik eines Schubert verständlich und in ihrer Abgründigkeit nachvollziehbar werden. Die nuancenreiche Konversationspraxis der damaligen Gesellschaft wäre ohne die Erfindung des Streich-Quartetts
durch Haydn nicht denkbar. In einem anderen "Musik-Format" repräsentiert sein Oratorium "Die
Schöpfung" in exemplarischer Weise jenes "freudige Lebensgefühl" eines, in der Aufklärung
neu erstandenen Katholizismus - feiert doch dieses einen Schöpfer-Gott, der durch die "Natur" spricht.
Der "Sündenfall" als Dogma ist dabei erfolgreich wie lustvoll verdrängt. Genius & Musikmarkt - eine europäische Karriere dank Notendruck Haydns "Erfolgsrezept" auf den Punkt gebracht: Zwei Schwerpunkte der Ausstellung - Quartett und Oper Haydn ist ein "Virtuose des Ensembles" (im Gegensatz zu Mozart als "solistischem Virtuosen" und "Werbeträger" seiner Musik) und ein "Struktur-Avantgardist" neuer Musik-Formate - strukturbildend revolutionär nicht nur in der Kammermusik, sondern auch für die "Form" der Symphonie und des Oratoriums. All dies geht in die Kompositionstechnik der Musik des 19. Jahrhunderts ein, ohne dass man deswegen immer gleich plakativ an Haydn denkt. Der kammermusikalische Schwerpunkt wird in der Ausstellung durch eine "virtuelle Installation" einem breiten Publikum nahe gebracht - musikalische Akteure sind das international reputierte "Hagen Quartett". Zum musikalischen "Dienst am Fürsten" gehörte auch für Haydn die künstlerische Oberaufsicht über das fürstliche Operntheater. Die enorme Bedeutung der Oper als umfassende wie "höchste" Kunstform an fürstlichen Höfen ist ein weiterer Schwerpunkt von "HAYDN EXPLOSIV". Beispielsweise wird durch die Gegenüberstellung von Glucks Reform-Oper "Armide" und Haydns "Armida" sein Opernschaffen im europäischen Kontext lebendig. Das Spannungsfeld von Opera Seria und Opera Buffa als die "Leitdifferenz" dieses Genres im Kultur- und Gesellschafts-Kosmos des 18. Jahrhundert wird durch Bühnenbilder und Video-Einspielungen wichtiger Interpretationen anschaulich wie informativ vermittelt. Immerhin war in der Oper die "Loge" zugleich ein "Balkon" zum Repräsentationsraum fürstlicher
Herrschaft hin - war somit zu einem "Außenraum" gewendet (und eben kein Ort "individualisierter
Innerlichkeit" allein), in welchem die absolutistische Welt symbolisch wie real gegenwärtig war und präsent
gemacht wurde. Mit dem Opernleben in Schloss Esterháza in Fertöd greift unsere Ausstellung eine zentrale
Kulturaktivität der Fürsten Esterházy im 18. Jahrhundert auf. Wiener Anglomanie - die sogenannte "Britensucht" Dieser wies einer Wiener "Geschmacksintelligenz" einen ganz anderen Weg als der eben erst entstehende "deutsche Idealismus". Für Musiker und Compositeure aus ganz Europa war London mit seinem schon florierenden Musikmarkt (der unabhängig von einem Fürsten-Hof "funktionierte") eine Art Eldorado, ein "musikalisches Hollywood" des ausgehenden 18. Jahrhunderts sozusagen. Die beginnenden 1790er-Jahre (die Zeit von Haydns Triumph in London) brachten, um es ganz salopp zu sagen, das Raffinement der revolutionsflüchtigen französischen Aristokratie ("french powder") mit einem lebenswilden, exzentrisch-sarkastischen Gentlementum ("bloody steak") zusammen. So galt das London der Haydn-Jahre wohl als einer der "heißesten" Orte Europas. Dieses, bisher wenig beachtete Phänomen der "Wiener Anglomanie" wird in der Ausstellung "HAYDN EXPLOSIV" ein lebendiges Thema sein. Immerhin wurde Haydns Genius in Great Britain leidenschaftlich geliebt. Er selbst erhielt die akademische Würde eines "Doktors der Kompositionswissenschaften" in Oxford und einer seiner letzten Auftritte in London wurde mit dem zugkräftigen Titel "Doctor Haydn's Night" beworben. Szenografie & Multimedialität als "Bühne" performativer Kulturvermittlung Ein farbenfroher Teppich nach dem Entwurf des amerikanischen Pop-Art-Künstlers Roy Lichtenstein erstreckt sich flächendeckend, eine aufregende Tapete von Margit Nobis, Rudolf Polanszky und Franz West überrascht schon beim Betreten des klassizistischen Säulengangs der Sala terrena - zwei "güldene" Säulen lassen das "absolutistische Flair" von Fürst Nikolaus I., "dem Prachtliebenden", ahnen. Zeitgenössische Kunst von Günter Brus ("Stillstand der Dynamik"), Franz West ("Paukenschlag"), Pipilotti Rist ("Selbstlos im Lavabad") und Gelitin ("Welcome to Chaos") mischt sich mit erlesenen Stücken der hauseigenen Sammlungen der Esterházy Privatstiftung (etliche Exponate werden dem Publikum erstmalig vorgestellt) ergänzt um Leihgaben berühmter Museen und Sammlungen - Österreichische Nationalbibliothek, Kunsthistorisches Museum, Wien Museum, Albertina, Belvedere, MAK, Gemäldegalerie und Kupferstichkabinett der Akademie der Bildenden Künste, Thorvaldsen Museum, Országos Széchényi Könyvtár (Ungarische Nationalbibliothek), Szépmüvészeti Múzeum (Museum der Schönen Künste, Budapest) und andere mehr. Die Fülle der repräsentativen Ausstellungs-Objekte wird durch wandintegrierte Medienpräsenz (randlose Großmonitore, welche bündig in die Tapetenwand eingelassen sind, sowie Videoprojektionen) zu einem kulturgeschichtlichen Bildungspanorama kontextualisiert - abgerundet durch themenorientierte Sound- und Musikinstallationen als sinnliche Wissenserfahrung. Herbert Lachmayer Kurator der Ausstellung Eröffnung: am 8. April 2009 um 19 Uhr |
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Informationen: http://www.haydn-explosiv.at | ||
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