"Der Tag wird kommen" (Lion Feuchtwanger)
Wien (universität wien) - Im Mittelpunkt der viertägigen öffentlichen Konferenz und
Veranstaltungsreihe stehen das WIENER KÜNSTLERISCHE EXIL und die Kunst – bildende Kunst, Film, Literatur und
Musik. Lion Feuchtwangers Geburtstag jährt sich heuer zum 125. Mal. Um die Erinnerung an Leben und Werk des
Schriftstellers und die Exilsituation der von den Nationalsozialisten vertriebenen KünstlerInnen zu bewahren,
organisiert die Internationale Feuchtwanger Gesellschaft mit Sitz in Los Angeles seit 2001 zweijährlich interdisziplinäre
Konferenzen. Durch eine Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien konnte erstmals
die 4. Konferenz der IFS für 2009 nach Wien geholt werden.
Zu erwarten sind aktuelle Ansätze der Exilforschung im Kontext neuen Quellenmaterials. Unter anderem werden
neue Untersuchungen zu Lion und Marta Feuchtwanger, Louise und Hanns Eisler, Soma Morgenstern, Stella Kadmon, Bertolt
Brecht, Eric Zeisl und zu weitestgehend unbekannten vertriebenen Frauen und Männern des künstlerischen
Exils in den Ländern Frankreich, Schweiz, Irland, Israel, Brasilien, Mexiko, Shanghai und USA an verschiedenen
Orten in Wien diskutiert. An der Konferenz beteiligt sind mehr als 60 WissenschafterInnen aus den USA, Israel,
Frankreich, Deutschland, England, Irland und der Schweiz, sowie Wiener und internationale Institutionen, die sich
mit dem kulturellen Exil beschäftigen.
Ziel der an ein Fachpublikum wie an eine breite Öffentlichkeit gerichteten interdisziplinären Tagung
ist es, Ansätze und Zugänge der unterschiedlichen Wiener und internationalen Institutionen, wie beispielsweise
die Feuchtwanger Memorial Library/University of Southern California Libraries oder das Center for Austrian Studies,
European Forum at the Hebrew University, Jerusalem, in einen kulturellen und wissenschaftlichen Dialog zusammenzuführen
und dabei neue Forschungsbereiche zu erschließen und zu vermitteln.
Begleitet werden die Vorträge und Diskussionen von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm mit Lesungen,
Konzerten, Filmvorführungen und Ausstellungen in Kooperation mit dem Arnold Schönberg Center Wien, dem
Filmarchiv Austria, dem Jüdischen Museum Wien, dem Literaturhaus Wien und den Wiener Vorlesungen.
Die Schwerpunkte der Konferenz beziehen sich beginnend mit dem deutschen Exil in Österreich auf Themen des
Kulturtransfers, der künstlerischen Tätigkeit im Exil, sowie der Interpretation und des Wirkens in den
neuen kulturellen Milieus:
- Kulturkrise und Sinngebung: Zwischen Glaube, Ideologien und Pragmatismus.
- Neubestimmungen der Geschlechterbeziehungen: „starke“ Frauen, „schwache“ Männer.
- Stationen, Netzwerke, Unterstützung und künstlerisches Wirken zwischen Neuanfang, Integration und
Scheitern.
- Die Sprachen der Künste: Literatur, bildende Kunst, Musik, Theater, Tanz, Oper, Kabarett, Film und Filmmusik.
Exilgeschichte von Kunstwerken.
- Die wenig oder unbekannten Kunstschaffenden.
- Generationen im Exil: Kinder und Jugendliche im künstlerischen Kontext.
- Die Situation der KünstlerInnen nach 1945: Wodurch wurden Exilländer zur neuen Heimstatt, und wie
standen Österreich, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik zu den vertriebenen
KünstlerInnen und zum Problem der Restitution und Remigration?
Die mehr als 40 Vorträge eröffnen unterschiedlichste wissenschaftliche Kontexte von Kunst und Exil. So
etwa beschäftigt sich der Vortrag von Christoph Schmitt-Maaß mit Migration und Diaspora im Werk jüdischer
Autorinnen (1933-1970) während Primavera Driessen Gruber zu Kindern und Jugendlichen im französischen
Exil und die Rolle der Musik referiert. Monika Meister spricht zu Bertolt Brecht im Exil und der „(Un)Möglichkeit
des Theaters“, Karin Wagner zu Eric Zeisls „Hiob“ und Birgit Peter zu Stalla Kadmons Kabarett- und Theaterschaffen
im Exil in Israel/Palästina 1940-1946. Mit Kulturtransfer in der Zwischenkriegszeit in Frankreich befasst
sich der Vortrag von Michel Cullin. Im selben Panel erörtert Regina Göckede Fragen von Krisen, Brüchen
und Überschreitungen der deutschsprachigen Architekturmoderne im Exil. Mit Marta und Lion Feuchtwanger beschäftigen
sich mehrere Vortragende, u.a. Wulf Köpke, Wolfgang Müller-Funk, Marcus Patka und Christiane Zehl Romero.
Dimitri Vezyroglous Besprechung von Max Ophuls Werther ist einer jener Beiträge, die sich mit Film und Exil
beschäftigen. Das Metrokino zeigt in diesem Zusammenhang Ophuls Film Werther ( F 1938).
Die internationale Konferenz wird am Mittwoch, 6. Mai mit dem Festvortrag von Georg Stefan Troller „Sprache in
der Emigration: Sprachänderung, Sprachverlust“ als Wiener Vorlesung eröffnet.
GEORG STEFAN TROLLER emigrierte 1938 nach Frankreich, später in die USA und lebt seit 1949 in
Paris. 1975 schrieb Troller das Drehbuch für den von Axel Corti realisierten Fernsehfilm Ein junger Mann aus
dem Innviertel- Adolf Hitler. 1978 folgte Der junge Freund und in den 80er Jahren schließlich die TV-Trilogie
Wohin und zurück (Regie: Axel Corti).
INTERNATIONAL FEUCHTWANGER SOCIETY (IFS), Los Angeles
Seit ihrer Gründung im Jahr 2001 organisiert die IFS jeweils im Abstand von zwei Jahren und abwechselnd in
Europa und den USA öffentliche Konferenzen. Auf der 2. internationalen Konferenz 2005 in Sanary-sur-Mer ging
es primär um das deutschsprachige Exil in Frankreich. Im Jahre 2007 fand in Los Angeles an der University
of Southern California (USC), an welcher sich die Feuchtwanger Memorial Library, der Nachlass Lion Feuchtwangers,
befindet, und der Villa Aurora, dem einstigen Wohnort der Feuchtwangers, die 3. Konferenz zum Thema „Feuchtwanger
und Film“ statt.
LION FEUCHTWANGER zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. In historischen
Romanen wie „Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz“ (1930), „Die Geschwister Oppermann“ (1933) und „Exil“
(1940) thematisierte Feuchtwanger den „Wiedereinbruch der Barbarei in Deutschland und ihren zeitweiligen Sieg über
die Vernunft“ (aus: Exil, Nachwort).
In Kooperation mit: Arnold Schönberg Center Wien, Aufbau-Verlag Berlin, Bildarchiv der österreichischen
Nationalbibliothek, Center for Austrian Studies, European Forum at the Hebrew University, Jerusalem, Dokumentationsarchiv
des Österreichischen Widerstands (DÖW), Félix Kreissler Arbeitsstelle für österreichisch-französische
Beziehungen an der Diplomatischen Akademie Wien, Filmarchiv Austria, Institut für Judaistik, Historisch-Kulturwissenschaftliche
Fakultät, Universität Wien, Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften, Historisch-Philologische
Fakultät, Universität Wien, Israelitische Kultusgemeinde Wien, Jüdisches Museum Wien, Literaturhaus
Wien, orpheus.news, Österreichische Gesellschaft für Exilforschung Österreichische Gesellschaft
für Zeitgeschichte, Zentrum polis Aktionstage für politische Bildung 2009, Mairie de Sanary-sur-Mer,
Theodor Kramer Gesellschaft, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Wiener Vorlesungen, Dialogforum
der Stadt Wien
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