Die Talfahrt geht weiter  

erstellt am
15. 04. 09

Bank Austria Konjunkturindikator schlittert im März tiefer ins Minus – Konjunkturwende erst im Jahresverlauf 2010 – Auch nach der Krise nur zurückhaltende Wachstumsaussichten
Wien (bank austria) - "Nach einer kurzfristigen Unterbrechung im Vormonat setzte sich die Talfahrt des Bank Austria Konjunkturindikators im März wieder fort. Mit dem Rückgang auf -2,2 hat der Indikator den tiefsten Wert seit Beginn seiner Erhebung vor 20 Jahren erreicht", sagt der stellvertretende Chefökonom der Bank Austria Stefan Bruckbauer. Die Abwärtsentwicklung vollzieht sich zudem weiterhin auf breiter Basis. Alle in die Berechnung eingehenden Komponenten tendierten schwächer. Insbesondere das internationale Umfeld hat sich wieder erheblich verschlechtert. Die Stimmung in der europäischen Industrie ist an einem neuen Tiefpunkt angelangt. Der mit den österreichischen Exportanteilen gewichtete Vertrauensindikator ist noch stärker gesunken als der ungewichtete Durchschnitt für die Eurozone. Das weist darauf hin, dass offenbar die wichtigsten Absatzmärkte der heimischen Industrie von der globalen Nachfrageschwäche stärker betroffen sind und sich besonders ungünstigen Geschäftsaussichten gegenüber sehen. Wie der jüngste Bank Austria EinkaufsManagerIndex mit seinem Rückgang im März bereits vermuten ließ, ist die Stimmung in der heimischen Industrie angesichts rasant sinkender Neuaufträge und abnehmender Auftragsbestände aus dem Ausland weiter gefallen. Die schlechteren Geschäftserwartungen sind allerdings nicht nur auf das schwierigere Exportumfeld zurückzuführen sondern zunehmend auch auf die ungünstigeren Aussichten für die heimische Nachfrage. Das österreichische Verbrauchervertrauen hat sich im März wieder verschlechtert und einen historischen Tiefpunkt erreicht. "Der aktuelle Bank Austria Konjunkturindikator zeigt, dass sich die österreichische Wirtschaft auf einer langen und steilen Talfahrt befindet. Der Konjunkturtiefpunkt ist bislang außer Sichtweite. Die heimische Wirtschaft wird ihren Wendepunkt daher nicht vor 2010 erreichen", interpretiert Bruckbauer die aktuellen Zahlen.

Der globale Konjunktureinbruch hinterlässt immer tiefere Spuren in der exportorientierten heimischen Industrie. Die jüngsten Daten machen deutlich, dass die Ausfuhren und als Reaktion auf die schrumpfende Nachfrage auch die Ausrüstungsinvestitionen im laufenden Jahr massiv sinken werden. Die Ökonomen der Bank Austria gehen für 2009 von einem Rückgang von jeweils zumindest 6 Prozent real aus. Aufgrund bislang fehlender Anzeichen für eine Trendwende ist auch für das nächste Jahr noch mit einem Rückgang der Investitionen zu rechnen und die Exporte werden bestenfalls stagnieren. Die einzelnen Industriebranchen werden von den Auswirkungen der internationalen Nachfrageschwäche sehr unterschiedlich betroffen sein. "Während die Fahrzeugindustrie und Zulieferbranchen in den nächsten beiden Jahren enormen Herausforderungen gegenüberstehen, werden stärker an die heimische Nachfrage gebundene Bereiche wie etwa die Elektroindustrie weit besser abschneiden", meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. So musste die Fahrzeugerzeugung in Österreich bereits 2008 deutliche Einbußen hinnehmen, die sich im laufenden Jahr noch erheblich verstärken werden. Ein Produktionsrückgang um mehr als ein Fünftel ist nicht auszuschließen und der Abschwung wird erst im Jahresverlauf 2010 stoppen. Den Maschinenbau, die Stahlindustrie und die Metallwarenerzeugung, die zum Teil wichtige Kfz-Zulieferer sind, erwarten im gesamten Jahresverlauf 2009 massive Nachfrageeinbußen. Eine Erholung im nächsten Jahr gilt nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria derzeit als eher unsicher. Andere Branchen, wie z.B. die Elektroindustrie werden von den staatlichen Konjunkturmaßnahmen hingegen profitieren können und daher 2009 nur einen relativ moderaten Produktionsrückgang erleiden. Auch die Erholung wird hier 2010 rascher einsetzen.

Mit zunehmender Dauer und Intensität des Konjunktureinbruchs spürt auch die Inlandsnachfrage immer mehr Gegenwind, was den Abwärtstrend weiter verstärkt. Deshalb wird auch die Bauproduktion sowohl 2009 als auch 2010 schrumpfen. In Teilbereichen, wie z.B. der Hochbausanierung und dem Tiefbau sind dank der öffentlichen Konjunkturprogramme in beiden Jahren jedoch auch leichte Zuwächse möglich, sodass der Rückgang am Bau mit 3 Prozent im laufenden Jahr und 1 Prozent 2010 insgesamt noch relativ moderat ausfallen sollte.

Im Dienstleistungsbereich leiden die wirtschaftsnahen Dienste, der Großhandel und das Transportgewerbe am stärksten unter den Schwierigkeiten in der Industrie und zumindest die industrienahen Sparten müssen mit ähnlich hohen Umsatzrückgängen wie manche Industriebereiche rechnen. Auch der Tourismus wird 2009 überdurchschnittlich von der internationalen Konjunkturschwäche betroffen sein, denn nur zum Teil werden die Nächtigungsausfälle von zahlungskräftigen Gästen aus weiter entfernten Herkunftsländern durch eine stärkere Binnennachfrage kompensiert werden können. Der Einzelhandel wird durch die Steuerreform und die zusätzlichen Transferleistungen für Familien zwar stärkende Impulse erhalten, der starke Anstieg der Arbeitslosigkeit um rund 100.000 Personen 2009/2010 sowie die steigende Sparneigung dämpfen jedoch die Aussichten und lassen leichte Umsatzeinbußen erwarten.

Unterstützt durch die sich abschwächende Inlandsnachfrage - der starke Rückgang der Investitionen wird von einem nur stagnierenden privaten Konsum begleitet - bleibt der Inflationsdruck gering. Auch externe preistreibende Faktoren fehlen vorerst, so dass sich der Rückgang der Teuerung, der im Herbst 2008 eingesetzt hat, sich in den nächsten Monaten fortsetzen wird. Im Sommer sind sogar leicht rückläufige Werte möglich. "Die Inflation sollte im Jahresdurchschnitt 2009 auf 0,4 Prozent sinken. Auch 2010 wird die Inflationsrate mit 1,1 Prozent im Jahresdurchschnitt niedrig bleiben, sofern keine externen Einflüsse zusätzlichen Preisauftrieb verursachen", meint Pudschedl.

Die Auswirkungen des globalen Konjunktureinbruchs werden die österreichische Wirtschaftsentwicklung noch über das laufende Jahr hinweg beeinträchtigen und dabei letztlich alle Sektoren treffen. Die staatlichen Konjunkturpakete und die bisherige geldpolitische Lockerung sind zwar wichtige Gegenmaßnahmen, die in den kommenden Monaten die schwerwiegenden Folgen der globalen Nachfrageflaute abfedern werden, sie reichen aber nicht aus, um das Ruder nachhaltig herumzureißen. Alternative Maßnahmen, wie z.B. eine quantitative Lockerung mittels Aufkauf von Wertpapieren durch die EZB könnten noch auf die Agenda gesetzt werden. "Der Traum einer kurzen konjunkturellen Schwächephase, die schmerzlos durchtaucht werden kann, ist jedenfalls endgültig ausgeträumt", fasst Bruckbauer zusammen und ergänzt: "Nach einem Rückgang des BIP um 2,2 Prozent 2009 wird die österreichische Wirtschaft auch 2010 nicht wachsen." Außerdem werden die Wachstumsaussichten auch nach der Überwindung der aktuellen Schwierigkeiten und der Stabilisierung der Finanzmärkte längerfristig zurückhaltend bleiben. In den kommenden Jahren wird der öffentliche Sektor weltweit in einer Gegenbewegung zur derzeitigen fiskalischen Expansion versuchen, den Gürtel deutlich enger zu schnallen und damit die Wirtschaftsdynamik dämpfen. Gleichzeitig werden die steigenden Sparquoten auch in jenen Ländern, die bisher deutliche Leistungsbilanzdefizite hatten, die globale Nachfrage zusätzlich erheblich dämpfen.

Österreich ist nicht von Pleite bedroht
Abschließend weisen die Ökonomen der Bank Austria auf eine aktuelle Analyse mit dem Titel "Hat sich Österreich übernommen?" (Report 1 2009) hin. In dieser wird gezeigt, dass Spekulationen Österreich könnte Pleite gehen absolut überzogen sind. "Selbst wenn man die sehr pessimistischen Annahmen des IWF über die Kosten der Bankenpakete unterstellt, bleibt Österreichs öffentliche Verschuldung deutlich unter dem Durchschnitt und niedriger als jene Deutschlands oder Frankreichs," analysiert Bruckbauer. Zudem weist Bruckbauer darauf hin, dass die Forderungen österreichischer Banken zu einem Großteil keine Auslandsforderungen sondern loakale Forderungen in Osteuropa sind, was von manchen oberflächlichen Betrachtern übersehen wird.
     
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