Bank Austria Konjunkturindikator schlittert im März tiefer ins Minus – Konjunkturwende erst
im Jahresverlauf 2010 – Auch nach der Krise nur zurückhaltende Wachstumsaussichten
Wien (bank austria) - "Nach einer kurzfristigen Unterbrechung im Vormonat setzte sich die Talfahrt
des Bank Austria Konjunkturindikators im März wieder fort. Mit dem Rückgang auf -2,2 hat der Indikator
den tiefsten Wert seit Beginn seiner Erhebung vor 20 Jahren erreicht", sagt der stellvertretende Chefökonom
der Bank Austria Stefan Bruckbauer. Die Abwärtsentwicklung vollzieht sich zudem weiterhin auf breiter Basis.
Alle in die Berechnung eingehenden Komponenten tendierten schwächer. Insbesondere das internationale Umfeld
hat sich wieder erheblich verschlechtert. Die Stimmung in der europäischen Industrie ist an einem neuen Tiefpunkt
angelangt. Der mit den österreichischen Exportanteilen gewichtete Vertrauensindikator ist noch stärker
gesunken als der ungewichtete Durchschnitt für die Eurozone. Das weist darauf hin, dass offenbar die wichtigsten
Absatzmärkte der heimischen Industrie von der globalen Nachfrageschwäche stärker betroffen sind
und sich besonders ungünstigen Geschäftsaussichten gegenüber sehen. Wie der jüngste Bank Austria
EinkaufsManagerIndex mit seinem Rückgang im März bereits vermuten ließ, ist die Stimmung in der
heimischen Industrie angesichts rasant sinkender Neuaufträge und abnehmender Auftragsbestände aus dem
Ausland weiter gefallen. Die schlechteren Geschäftserwartungen sind allerdings nicht nur auf das schwierigere
Exportumfeld zurückzuführen sondern zunehmend auch auf die ungünstigeren Aussichten für die
heimische Nachfrage. Das österreichische Verbrauchervertrauen hat sich im März wieder verschlechtert
und einen historischen Tiefpunkt erreicht. "Der aktuelle Bank Austria Konjunkturindikator zeigt, dass sich
die österreichische Wirtschaft auf einer langen und steilen Talfahrt befindet. Der Konjunkturtiefpunkt ist
bislang außer Sichtweite. Die heimische Wirtschaft wird ihren Wendepunkt daher nicht vor 2010 erreichen",
interpretiert Bruckbauer die aktuellen Zahlen.
Der globale Konjunktureinbruch hinterlässt immer tiefere Spuren in der exportorientierten heimischen Industrie.
Die jüngsten Daten machen deutlich, dass die Ausfuhren und als Reaktion auf die schrumpfende Nachfrage auch
die Ausrüstungsinvestitionen im laufenden Jahr massiv sinken werden. Die Ökonomen der Bank Austria gehen
für 2009 von einem Rückgang von jeweils zumindest 6 Prozent real aus. Aufgrund bislang fehlender Anzeichen
für eine Trendwende ist auch für das nächste Jahr noch mit einem Rückgang der Investitionen
zu rechnen und die Exporte werden bestenfalls stagnieren. Die einzelnen Industriebranchen werden von den Auswirkungen
der internationalen Nachfrageschwäche sehr unterschiedlich betroffen sein. "Während die Fahrzeugindustrie
und Zulieferbranchen in den nächsten beiden Jahren enormen Herausforderungen gegenüberstehen, werden
stärker an die heimische Nachfrage gebundene Bereiche wie etwa die Elektroindustrie weit besser abschneiden",
meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. So musste die Fahrzeugerzeugung in Österreich bereits 2008
deutliche Einbußen hinnehmen, die sich im laufenden Jahr noch erheblich verstärken werden. Ein Produktionsrückgang
um mehr als ein Fünftel ist nicht auszuschließen und der Abschwung wird erst im Jahresverlauf 2010 stoppen.
Den Maschinenbau, die Stahlindustrie und die Metallwarenerzeugung, die zum Teil wichtige Kfz-Zulieferer sind, erwarten
im gesamten Jahresverlauf 2009 massive Nachfrageeinbußen. Eine Erholung im nächsten Jahr gilt nach Einschätzung
der Ökonomen der Bank Austria derzeit als eher unsicher. Andere Branchen, wie z.B. die Elektroindustrie werden
von den staatlichen Konjunkturmaßnahmen hingegen profitieren können und daher 2009 nur einen relativ
moderaten Produktionsrückgang erleiden. Auch die Erholung wird hier 2010 rascher einsetzen.
Mit zunehmender Dauer und Intensität des Konjunktureinbruchs spürt auch die Inlandsnachfrage immer mehr
Gegenwind, was den Abwärtstrend weiter verstärkt. Deshalb wird auch die Bauproduktion sowohl 2009 als
auch 2010 schrumpfen. In Teilbereichen, wie z.B. der Hochbausanierung und dem Tiefbau sind dank der öffentlichen
Konjunkturprogramme in beiden Jahren jedoch auch leichte Zuwächse möglich, sodass der Rückgang am
Bau mit 3 Prozent im laufenden Jahr und 1 Prozent 2010 insgesamt noch relativ moderat ausfallen sollte.
Im Dienstleistungsbereich leiden die wirtschaftsnahen Dienste, der Großhandel und das Transportgewerbe am
stärksten unter den Schwierigkeiten in der Industrie und zumindest die industrienahen Sparten müssen
mit ähnlich hohen Umsatzrückgängen wie manche Industriebereiche rechnen. Auch der Tourismus wird
2009 überdurchschnittlich von der internationalen Konjunkturschwäche betroffen sein, denn nur zum Teil
werden die Nächtigungsausfälle von zahlungskräftigen Gästen aus weiter entfernten Herkunftsländern
durch eine stärkere Binnennachfrage kompensiert werden können. Der Einzelhandel wird durch die Steuerreform
und die zusätzlichen Transferleistungen für Familien zwar stärkende Impulse erhalten, der starke
Anstieg der Arbeitslosigkeit um rund 100.000 Personen 2009/2010 sowie die steigende Sparneigung dämpfen jedoch
die Aussichten und lassen leichte Umsatzeinbußen erwarten.
Unterstützt durch die sich abschwächende Inlandsnachfrage - der starke Rückgang der Investitionen
wird von einem nur stagnierenden privaten Konsum begleitet - bleibt der Inflationsdruck gering. Auch externe preistreibende
Faktoren fehlen vorerst, so dass sich der Rückgang der Teuerung, der im Herbst 2008 eingesetzt hat, sich in
den nächsten Monaten fortsetzen wird. Im Sommer sind sogar leicht rückläufige Werte möglich.
"Die Inflation sollte im Jahresdurchschnitt 2009 auf 0,4 Prozent sinken. Auch 2010 wird die Inflationsrate
mit 1,1 Prozent im Jahresdurchschnitt niedrig bleiben, sofern keine externen Einflüsse zusätzlichen Preisauftrieb
verursachen", meint Pudschedl.
Die Auswirkungen des globalen Konjunktureinbruchs werden die österreichische Wirtschaftsentwicklung noch über
das laufende Jahr hinweg beeinträchtigen und dabei letztlich alle Sektoren treffen. Die staatlichen Konjunkturpakete
und die bisherige geldpolitische Lockerung sind zwar wichtige Gegenmaßnahmen, die in den kommenden Monaten
die schwerwiegenden Folgen der globalen Nachfrageflaute abfedern werden, sie reichen aber nicht aus, um das Ruder
nachhaltig herumzureißen. Alternative Maßnahmen, wie z.B. eine quantitative Lockerung mittels Aufkauf
von Wertpapieren durch die EZB könnten noch auf die Agenda gesetzt werden. "Der Traum einer kurzen konjunkturellen
Schwächephase, die schmerzlos durchtaucht werden kann, ist jedenfalls endgültig ausgeträumt",
fasst Bruckbauer zusammen und ergänzt: "Nach einem Rückgang des BIP um 2,2 Prozent 2009 wird die
österreichische Wirtschaft auch 2010 nicht wachsen." Außerdem werden die Wachstumsaussichten auch
nach der Überwindung der aktuellen Schwierigkeiten und der Stabilisierung der Finanzmärkte längerfristig
zurückhaltend bleiben. In den kommenden Jahren wird der öffentliche Sektor weltweit in einer Gegenbewegung
zur derzeitigen fiskalischen Expansion versuchen, den Gürtel deutlich enger zu schnallen und damit die Wirtschaftsdynamik
dämpfen. Gleichzeitig werden die steigenden Sparquoten auch in jenen Ländern, die bisher deutliche Leistungsbilanzdefizite
hatten, die globale Nachfrage zusätzlich erheblich dämpfen.
Österreich ist nicht von Pleite bedroht
Abschließend weisen die Ökonomen der Bank Austria auf eine aktuelle Analyse mit dem Titel "Hat
sich Österreich übernommen?" (Report 1 2009) hin. In dieser wird gezeigt, dass Spekulationen Österreich
könnte Pleite gehen absolut überzogen sind. "Selbst wenn man die sehr pessimistischen Annahmen des
IWF über die Kosten der Bankenpakete unterstellt, bleibt Österreichs öffentliche Verschuldung deutlich
unter dem Durchschnitt und niedriger als jene Deutschlands oder Frankreichs," analysiert Bruckbauer. Zudem
weist Bruckbauer darauf hin, dass die Forderungen österreichischer Banken zu einem Großteil keine Auslandsforderungen
sondern loakale Forderungen in Osteuropa sind, was von manchen oberflächlichen Betrachtern übersehen
wird. |