1. Quartal 2009 – Steigende Arbeitslosigkeit wirkt sich auf Privatinsolvenzen aus: Deutlich weniger
Geld zur Entschuldung und für Neubeginn vorhanden
Wien (creditreform) - Die endgültigen Zahlen der Creditreform Privatinsolvenzstatistik für
das 1. Quartal 2009 zeigen ein überraschendes Ergebnis. Zwar ist die Anzahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren
weiterhin angestiegen (+3,9%, 2.148 Fälle), jedoch liegt das Wachstum nicht mehr im zweistelligen Bereich
wie noch in den Jahren davor. Erklärbar ist das durch ein auf den ersten Blick scheinbares Paradoxon: Steigende
Arbeitslosigkeit führt zu einer Stagnation bei den Privatinsolvenzen. Durch die steigende Arbeitslosigkeit
verfügen viele Privatschuldner nicht mehr über die Mittel zur Entschuldung mittels Insolvenzverfahren.
Die Mindestquote von 10% im Abschöpfungsverfahren ist nur durch eine gesicherte Einkommenssituation erfüllbar.
Schuldnerberater melden dementsprechend eine starke Zunahme von Schuldnern, wo sogar im Wege der Zwangsvollstreckung
nichts mehr für die Gläubiger zu holen ist. Das heißt, es kommt zu einem 100%igen Forderungsausfall
für die Gläubiger. Insgesamt ist der Zuwachs an Privatinsolvenzen nach wie vor in Zusammenhang mit der
stetigen Abarbeitung unerledigter Fälle seit Einführung des Schuldenregulierungsverfahrens als Instrument
zur privaten Entschuldung zu sehen.
Bundesländervergleich: 4 von 10.000 Erwachsenen sind zahlungsunfähig
Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt ein West-Ost-Gefälle. Vor allem Vorarlberg (-16,9%,
162 Fälle) und Tirol (-15,9%, 191 Fälle) sowie Salzburg (-8,3%, 122 Fälle) melden ein deutliches
Sinken der Schuldenregulierungsverfahren. Anders ist die Lage weiter im Osten Österreichs. Vor allem das Burgenland
(+32,5%, 53 Fälle) und Oberösterreich (+14%, 366 Fälle) weisen stark ansteigende Privatinsolvenzzahlen
auf. Wien schneidet trotz eines Zuwachses von 9% auf 916 Insolvenzen relativ positiv ab, lag der Anstieg doch sowohl
im 1. Quartal 2008 als auch im Gesamtjahresvergleich 2008 stets in einem Bereich von über 20%. Grund zur Euphorie
besteht dennoch wenig, da die Wiener Insolvenzquote mit 6,7 Insolvenzen pro 10.000 Erwachsene nach wie vor österreichweit
am höchsten ist.
Conclusio 1. Quartal 2009: Mehr Informationen über Schuldner
Die Ursachen dieser ernüchternden Bilanz liegen nicht ausschließlich in der schlechter werdenden
Wirtschaftslage, sondern schlicht in der Tatsache, dass viele Österreicher seit Jahren über ihren Möglichkeiten
gelebt haben und es am privaten Finanzmanagement fehlte. Einerseits werden die aufgestauten Altlasten des seit
1995 bestehenden "Privatkonkurses" sukzessive durch personell aufgestockte, anerkannte Schuldnerberatungsstellen
abgebaut, andererseits sind unüberlegte Ratenvereinbarungen, leichtfertig aufgenommene Konsumenten-Kredite
und mangelnde Kenntnis im richtigen Umgang mit Geld hauptverantwortlich für diese Entwicklung. Die Fehler
der Vergangenheit rächen sich nun in der Krise bei ansteigender Arbeitslosigkeit doppelt. Ohne gesichertes
Einkommen ist nicht einmal mehr der Privatkonkurs möglich, um aus der Schuldenfalle auszubrechen und einen
Neustart zu beginnen. Auch bei Konsumenten müssen daher objektive Kriterien der Risikoprüfung und damit
Kreditvergabe gelten. Kreditnehmer müssen einfach genauer unter die Lupe genommen werden. Wer nicht zahlt
und bei wem die Forderung gerichtlich eingetrieben werden muss, soll nicht unendlich und ohne Konsequenzen weiter
auf Kosten der Gläubiger leben können. Auch die EU-Kommission fordert in einem Grünbuch zur Stärkung
der Rechte der Gläubiger einen besseren Austausch von Informationen über den Vermögensstand von
Schuldnern. Gläubigern ist zu raten, schnell Rechungen auszustellen und über ein straffes Mahn- und Inkassosystem
Zahlungsüberschreitungen zu vermeiden.
Ein volkswirtschaftlicher Aspekt kommt hinzu: Schlechte Zahler gefährden in Zeiten der Liquiditätskrise
massiv die Existenz ihrer Gläubiger. "Letztlich dienen die Maßnahmen des Gläubigerschutzes
auch dem Selbstschutz der Schuldner vor weiterer Verschuldung", sagt Rainer Kubicki. |