39 Insolvenzen pro Werktag   

erstellt am
14. 04. 09

1. Quartal 2009 – Steigende Arbeitslosigkeit wirkt sich auf Privatinsolvenzen aus: Deutlich weniger Geld zur Entschuldung und für Neubeginn vorhanden
Wien (creditreform) - Die endgültigen Zahlen der Creditreform Privatinsolvenzstatistik für das 1. Quartal 2009 zeigen ein überraschendes Ergebnis. Zwar ist die Anzahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren weiterhin angestiegen (+3,9%, 2.148 Fälle), jedoch liegt das Wachstum nicht mehr im zweistelligen Bereich wie noch in den Jahren davor. Erklärbar ist das durch ein auf den ersten Blick scheinbares Paradoxon: Steigende Arbeitslosigkeit führt zu einer Stagnation bei den Privatinsolvenzen. Durch die steigende Arbeitslosigkeit verfügen viele Privatschuldner nicht mehr über die Mittel zur Entschuldung mittels Insolvenzverfahren. Die Mindestquote von 10% im Abschöpfungsverfahren ist nur durch eine gesicherte Einkommenssituation erfüllbar. Schuldnerberater melden dementsprechend eine starke Zunahme von Schuldnern, wo sogar im Wege der Zwangsvollstreckung nichts mehr für die Gläubiger zu holen ist. Das heißt, es kommt zu einem 100%igen Forderungsausfall für die Gläubiger. Insgesamt ist der Zuwachs an Privatinsolvenzen nach wie vor in Zusammenhang mit der stetigen Abarbeitung unerledigter Fälle seit Einführung des Schuldenregulierungsverfahrens als Instrument zur privaten Entschuldung zu sehen.

Bundesländervergleich: 4 von 10.000 Erwachsenen sind zahlungsunfähig
Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt ein West-Ost-Gefälle. Vor allem Vorarlberg (-16,9%, 162 Fälle) und Tirol (-15,9%, 191 Fälle) sowie Salzburg (-8,3%, 122 Fälle) melden ein deutliches Sinken der Schuldenregulierungsverfahren. Anders ist die Lage weiter im Osten Österreichs. Vor allem das Burgenland (+32,5%, 53 Fälle) und Oberösterreich (+14%, 366 Fälle) weisen stark ansteigende Privatinsolvenzzahlen auf. Wien schneidet trotz eines Zuwachses von 9% auf 916 Insolvenzen relativ positiv ab, lag der Anstieg doch sowohl im 1. Quartal 2008 als auch im Gesamtjahresvergleich 2008 stets in einem Bereich von über 20%. Grund zur Euphorie besteht dennoch wenig, da die Wiener Insolvenzquote mit 6,7 Insolvenzen pro 10.000 Erwachsene nach wie vor österreichweit am höchsten ist.

Conclusio 1. Quartal 2009: Mehr Informationen über Schuldner
Die Ursachen dieser ernüchternden Bilanz liegen nicht ausschließlich in der schlechter werdenden Wirtschaftslage, sondern schlicht in der Tatsache, dass viele Österreicher seit Jahren über ihren Möglichkeiten gelebt haben und es am privaten Finanzmanagement fehlte. Einerseits werden die aufgestauten Altlasten des seit 1995 bestehenden "Privatkonkurses" sukzessive durch personell aufgestockte, anerkannte Schuldnerberatungsstellen abgebaut, andererseits sind unüberlegte Ratenvereinbarungen, leichtfertig aufgenommene Konsumenten-Kredite und mangelnde Kenntnis im richtigen Umgang mit Geld hauptverantwortlich für diese Entwicklung. Die Fehler der Vergangenheit rächen sich nun in der Krise bei ansteigender Arbeitslosigkeit doppelt. Ohne gesichertes Einkommen ist nicht einmal mehr der Privatkonkurs möglich, um aus der Schuldenfalle auszubrechen und einen Neustart zu beginnen. Auch bei Konsumenten müssen daher objektive Kriterien der Risikoprüfung und damit Kreditvergabe gelten. Kreditnehmer müssen einfach genauer unter die Lupe genommen werden. Wer nicht zahlt und bei wem die Forderung gerichtlich eingetrieben werden muss, soll nicht unendlich und ohne Konsequenzen weiter auf Kosten der Gläubiger leben können. Auch die EU-Kommission fordert in einem Grünbuch zur Stärkung der Rechte der Gläubiger einen besseren Austausch von Informationen über den Vermögensstand von Schuldnern. Gläubigern ist zu raten, schnell Rechungen auszustellen und über ein straffes Mahn- und Inkassosystem Zahlungsüberschreitungen zu vermeiden.

Ein volkswirtschaftlicher Aspekt kommt hinzu: Schlechte Zahler gefährden in Zeiten der Liquiditätskrise massiv die Existenz ihrer Gläubiger. "Letztlich dienen die Maßnahmen des Gläubigerschutzes auch dem Selbstschutz der Schuldner vor weiterer Verschuldung", sagt Rainer Kubicki.
     
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