Bundeskanzler Werner Faymann im ORF-"Mittagsjournal"  

erstellt am
27. 04. 09

 Faymann: Entlastung der Arbeit - Belastung von Vermögen
Unterstützung für Bildungsministerin Schmied und klares Ja zu Schulreform
Wien (sk) - Im ORF-Mittagsjournal am 27.04. betonte Bundeskanzler Werner Faymann, dass die jetzige Tarifsenkung nicht gegenfinanziert wird, das sei beschlossen worden und die Vereinbarung hält. "Für diese Legislaturperiode gibt es aber einen zweiten Bereich - der heißt Strukturreform: Wie kann man Arbeit entlasten und Vermögen belasten. Das ist eine Diskussion, die in ganz Europa geführt wird." Hier gelte es, ein Modell zu finden - zuerst in der Partei, dann in der Koalition. Belastet werden sollten "etwa durch Transaktionsteueren bewusst Börsenvorgänge, Vorgänge bei denen Finanzprodukte ge- und verkauft werden. Das soll möglichst in Europa gemeinsam geschehen." Auf der anderen Seite sollten ArbeitnehmerInnen bei der Lohn- und Einkommenssteuer entlastet werden.

Prinzipiell denkbar sei eine Vermögenszuwachssteuer auf Aktiengewinne. Faymann erinnerte daran, dass das bereits in der vorigen Legislaturperiode zur langfristigen Finanzierung des Gesundheitssystems "als Überschrift" formuliert worden ist. Im Zusammenhang mit einer gesamten Strukturreform werde die SPÖ die Ausdehnung der derzeitigen Spekulationsfrist von einem Jahr und die Transaktionssteuer in Europa besonders forcieren. Die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer ist für Faymann kein Thema. "Die richtige Diskussion ist Entlastung der Arbeit - Belastung von Vermögen." Hier wolle sich der SPÖ-Vorsitzende engagieren. Und nicht bei der Erbschafts- der Schenkungssteuer, bei den Häuslbauern, den Grundstücken, den MieterInnen.

Der Bundeskanzler verwies darauf, dass niemand genau prognostizieren könne, wie die Wirtschaftskrise sich entwickeln wird. "Sicher ist, dass wenn wir Finanzmärkte nicht so auffangen, dass sich die Sparer sicher fühlen und dass wieder investiert wird, wenn wir nicht die sozialen Netze stärken, damit es nicht zu sozialen Konflikten während der Krise kommt, wenn wir also jetzt nicht mit ganzer Kraft gegen die Krise steuern, dann, so bin ich überzeugt, würde sie länger dauern."

Man dürfe als Politiker natürlich nicht Optimismus vortäuschen. Aber man dürfe auch nicht zusätzlich Depression erzeugen. Gefragt sei Kraft, Engagement und Optimismus. Die Politik müsse die Rahmenbedingungen so gestalten, dass sie Mut macht, ohne die Menschen zu belügen. "Es ist nicht Aufgabe eines Politikers, Weltmeister im Krankjammern zu sein - das wäre die schlechteste Strategie für unser Land."

Das Budget wurde mit den vorhandenen Daten gemacht. "Ich würde nichts davon halten, zu sagen, wir setzen die schlechteste Zahl des Tages ein. Aber man muss flexibel sein, auch nachzubessern - wenn das nicht reicht, müssen wir die Maßnahmen steigern." Allerdings sind die beschlossenen Maßnahmen noch nicht zu beurteilen, weil noch nicht alle greifen, so haben etwa noch nicht einmal alle ArbeitnehmerInnen die seit Jänner rückwirkende Steuerentlastung erhalten. "Aber wir müssen vorbereitet sein, nachzulegen, davon bin ich überzeugt." Die dafür nötigen Budgetmittel könne man letztlich nur durch eine funktionierende Wirtschaft, durch eine Steigerung der Beschäftigung und damit eine Verbesserung der Konjunktur wieder einbringen.

Man müsse sagen, dass es nahezu kein Land gibt, das keine Schulden macht. Aber dem Defizit sind Investitionen in langfristige Werte gegenüberzustellen. Auch sind die Ausgaben in der Hinsicht zu überprüfen, "wie in jedem Betrieb der Welt - wie kann ich dieselbe Qualität mit geringeren Kosten bewältigen". So seien etwa Doppelgleisigkeiten bei der Verwaltung zu beseitigen. "Das bleibt keinem Kleinbetrieb erspart - und auch nicht dem Staat."


Claudia Schmied hatte recht, diese Diskussion zu führen
"Ich bin der Überzeugung, dass Claudia Schmied recht hatte, diese Diskussion zu führen", betonte Faymann im Zusammenhang mit dem Kompromiss um die LehrerInnenvertreter und die Schulreform. Für Faymann bestand der Eindruck, dass GÖD-Chef Neugebauer "mit keinem Argument zu beeindrucken war", es sei daher richtig gewesen von Bildungsministerin Claudia Schmied, die Diskussion in die Öffentlichkeit zu tragen. Auch betonte Faymann, dass Schmied eine engagierte Diskussion geführt habe, daher sei etwas dabei herausgekommen.

"Die Diskussionen über zukünftige Verträge der Lehrer, die Chance eines neuen Dienstrechts, ist nicht abgesagt, die ist voll zu führen - und zwar würde ich mir wünschen, diesmal mit etwas mehr Unterstützung des Koalitionspartners", so Faymann, der betonte, dass die Taktik von Teilen der ÖVP, von Teilen der Gewerkschaft, die Intention hat, das Problem "in Richtung Null-Ergebnis" zu verschieben. Und: "Mir war wichtig, dass das beim Bildungs-Thema nicht passiert!" Faymann betonte, dass sich ein Regierungsmitglied - "gleich welcher Partei es angehört, wenn es eine Reform anstrebt, auf die Solidarität des Regierungschefs verlassen können muss". Er würde sich wünschen, dass sich der Koalitionspartner hier nicht plötzlich mit der Gewerkschaft solidarisiert, sondern mit dem, was man sich vorgenommen habe.

"Kompromisse schließt man und Gemeinsamkeiten sucht man, weil nur das das Land weiter bringt", betonte Faymann. Aber alles in Harmoniesucht untergehen zu lassen, sei nicht die goldene Mitte. "Es kann sich jeder darauf verlassen, es gibt einen Punkt, wo es reicht und wo eine klare Sprache notwendig ist." Der Bundeskanzler betonte abschließend, er erwarte sich in Zukunft: "Wenn wir uns auf eine Reform einigen, dann sollen wir vor- und nicht zurückgehen."

 

 Stummvoll: Wollen keine Eigentumssteuer
ÖVP für europäische Regelung
Wien (övp-pk) - Zur derzeit geführten SPÖ- Steuerdebatte betont ÖVP-Finanzsprecher Dr. Günter Stummvoll: "Wir wollen keine Eigentumssteuer. Eine Steuer auf Haus, Wohnung, Sparbuch, Altersvorsorge, Grund und Boden trifft den Mittelstand voll. Die von linken Politikern und Wirtschaftstheoretikern begehrten drei bis vier Milliarden Euro könnten nur durch einen massiven Zugriff auf den Mittelstand lukriert werden und das zielt damit zumindest teilweise auf Enteignung. Das spielt es mit uns sicher nicht", so Stummvoll.

"Zur Regelung des Finanzmarktes tritt die ÖVP für eine europäische Regelung ein. Da brauchen wir eine klarere Regelung der Banken- und Finanzmarktaufsicht, bei den Ratingagenturen, den Eigenkapitalquoten, auch bei den Hedgefonds. Die ÖVP ist auch für eine europäische Finanztransaktionssteuer, mit der der Finanzmarkt fester geregelt werden kann. Ich werde diese Position nachdrücklich auch nächste Woche bei der Sitzung der EU- Finanzausschussvorsitzenden der nationalen Parlamente in Prag vertreten", betont Stummvoll abschließend.

"Ich bin mit Bundeskanzler Faymann einer Meinung, wenn er betont, dass ihm in der gesamten Schuldebatte der letzten Wochen die Bildungspolitik und nötige Reformschritte zu kurz gekommen sind. Denn bei der von der Unterrichtsministerin Schmied begonnenen Debatte ist es ausschließlich um eine singuläre Maßnahme betreffend Arbeitszeit gegangen, durch die die Arbeitsplätze von 10.000 Jungelehrern vernichtet worden wären", betont GÖD-Vorsitzender Fritz Neugebauer zu den Aussagen von Bundeskanzler Werner Faymann.

 

 Strache: Faymann will Krise weggrinsen
Keine Konzepte nur Floskeln
Wien (fpd) - Offenbar glaube Faymann, dass man die Weltwirtschaftskrise weggrinsen könne, sagte heute FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache, in Reaktion auf die Aussagen des SPÖ-Bundeskanzlers im Mittagsjournal. Keine Konzepte, keine Ideen, keine Strategien, sondern ausschließlich brav eingelernte Beschwichtigungsfloskeln, werden zu wenig sein, um die Krise zu bewältigen, sagte Strache.

Keine Antworten auf einen etwaigen Budgetsanierungsplan, aber kein Problem damit den jährlichen Schuldendienst der Republik auf 11 Milliarden Euro alleine an Zinsen anwachsen zu lassen, kritisierte Strache, der Faymann fahrlässigen Umgang mit der Zukunft der österreichischen Steuerzahler vorwarf. Sicher, so Strache, könne man in einer Krise kurzfristig mehr Geld in die Hand nehmen, man sollte jedoch auch einen Plan haben, wie es nachher weiter gehen soll.

Derzeit habe er, Strache, den Eindruck, dass Faymann die internationalen Wirtschaftsexperten, die ein weit höheres Defizit prognostizierten, als Faymann in seinem Budget stehen habe, standhaft ignoriere. Die "Faymannillusion" von Minus 2,7 Prozent werde bereits heute von Experten auf Minus vier Prozent revidiert. Mit anderen Worten: Das von der Regierung vorgelegte Budget könne nicht halten, so Strache.

Es werde daher der SPÖ, aufgrund ihrer falschen Budgetpolitik - wie schon so oft in der Vergangenheit - nichts anderes über bleiben, als die Steuern kräftig zu erhöhen, befürchtet Strache. Erste Vorboten seien bereits zu vernehmen, wenn Faymann etwa keine höheren Steuern für die Mittelschicht sondern für Besserverdiener ankündige. Denn, so Strache, der Begriff "Mittelschicht" sei sehr frei interpretierbar. Angesichts der vergangenen SPÖ-Steuerpolitik müsse man davon ausgehen, dass für Faymann alles Mittelschicht sei, was über 2.000 Euro Brutto liege. Es sei daher davon auszugehen, dass die SPÖ wieder einmal mit beiden Händen in die Taschen der Österreicher greifen würden, befürchtet Strache.

Strache forderte daher eindringlich von Faymann, seine Grinse-Offensive zu beenden und eine Wirtschafts- und Budgetsanierungs-Offensive für Österreich zu starten, schloss Strache.

 

 Strutz: Faymann ist keine Führungspersönlichkeit
Faymann hat die Regierung ebenso wenig Griff wie seine eigene Partei
Wien (bzö) -
Als Reaktion auf die Aussagen Faymanns im "Mittagsjournal" stellte BZÖ-Generalsekretär Abg. Dr. Martin Strutz fest, dass "Neue Steuerngeplant werden, Reformen auf die lange Bank geschoben werden und nach dem Chaos im Bildungsbereich schon ein Chaos bei Richtern und der Polizei droht." Faymann hat die Regierung ebenso wenig Griff wie seine eigene Partei, wo die Generalsekretäre Rudas und Kreuter streiten und die Landesobleute einen wilden Richtungsstreit austragen. Faymann beweise laut Strutz, dass er keine Führungspersönlichkeit sei - weder für die SPÖ noch für die Regierung.

 

 Kogler: Taten statt Worte!
Kogler: Faymann bleibt solange unglaubwürdig, bis er konkreten Fahrplan für die Einführung vermögensbezogener Steuer vorlegt
Wien (grüne) - Der Budgetsprecher der Grünen, Werner Kogler, begrüßt die späte Teileinsichtigkeit von Bundeskanzler Faymann über die Notwendigkeit, dass auch die Reichen einen Beitrag zur Rettung des Sozial- und Bildungstaates leisten müssen: "Für die Grünen ist völlig klar, dass bei der ungerechten Vermögensverteilung in Österreich die reichsten zehn Prozent der Vermögensbesitzer, die Zweidrittel des Vermögens besitzen, vermögensabhängige Beiträge leisten müssen. Diese Mittel werden dringend für die Entlastung der Ärmsten und für Bewältigung der Krise gebraucht", so Kogler. "Leider aber belässt es Faymann offensichtlich beim öffentlichen Kanzler-Schwadronieren, um am Parteitag wenigstens ein paar sozialdemokratisch gefärbte Begriffe zu setzen. Denn wann die von Faymann in den Raum gestellten Finanztransaktions- oder Vermögenszuwachssteuern eingeführt werden sollen, lässt er völlig offen. Damit bleiben seine Aussagen unglaubwürdig. Es genügt nicht, über Reichensteuern zu reden, gefordert ist jetzt die rasche Umsetzung. Dass das Gegenteil droht, beweist eine Arbeitsgruppe, die die wichtige Diskussion offenbar in die Versenkung moderieren soll."
 
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