GO-Komitee setzt Beratungen zum Thema Untersuchungsausschuss fort   

erstellt am
27. 04. 09

Bundestag-Experte informiert über Praxis in Deutschland
Wien (pk) - Das Geschäftsordnungskomitee des Nationalrats setzte am 27.04. seine Beratungen zum Thema Untersuchungsausschuss mit der Anhörung eines Experten des Deutschen Bundestags fort. Helmut Winkelmann informierte die Mitglieder des Komitees über die Praxis in Deutschland und stand fast drei Stunden für Detailfragen zur Verfügung. Unter anderem ging es um die Rechte parlamentarischer Minderheiten im Untersuchungsausschussverfahren, die Festlegung des Untersuchungsgegenstandes und die Frage der Vorsitzführung. Als Termin für die nächste Sitzung des Geschäftsordnungskomitees legte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Einvernehmen mit den Fraktionen den 15. Juni fest, auch dabei wird das Thema Untersuchungsausschuss im Mittelpunkt stehen.

Wie der Experte des Bundestags den Abgeordneten unter anderem berichtete, wurde in Deutschland vor kurzem der 50. Untersuchungsausschuss eingesetzt. Nur jeder fünfte der bisherigen Ausschüsse kam dabei mit Unterstützung einer breiten Mehrheit zustande, zumeist war es die Opposition, die ein entsprechendes Verlangen stellte. In der Regel wird allerdings intensiv über die genaue Formulierung des Untersuchungsgegenstandes verhandelt.

Notwendig für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist ein Viertel der Mitglieder des Bundestags. Beschränkungen hinsichtlich der Anzahl von parallel laufenden Ausschüssen sind nicht vorgesehen. Winkelmann zufolge hat es sich aber eingependelt, dass pro Legislaturperiode zwischen einem und vier Untersuchungsausschüsse stattfinden.

Anders als in Österreich muss sich der Untersuchungsgegenstand in Deutschland nicht unbedingt auf ein vermutetes Missverhalten von Regierungsmitgliedern oder von Behörden beziehen. Zentrales Kriterium ist vielmehr das öffentliche Interesse. In diesem Sinn standen auch schon Wohnbaugesellschaften, Großgewerkschaften oder Nuklearunternehmen im Fokus eines Untersuchungsausschusses. Ebenso wäre es etwa möglich, Schmiergeldzahlungen an Abgeordnete zu untersuchen. Für den Bundestag tabu sind allerdings Themenbereiche, die in die ausschließliche Kompetenz der Länder fallen, kommunale Angelegenheiten und konkrete Gerichtsentscheidungen. Angelegenheiten der Landesverteidigung werden nicht in einem klassischen Untersuchungsausschuss, sondern im Verteidigungsausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten.

Den Vorsitz im Untersuchungsausschuss führt in der Regel die stärkste bzw. die zweitstärkste Bundestagsfraktion, wobei, wie Winkelmann festhielt, der Vorsitzende meist in irgendeiner Form unter Beschuss steht, weil entweder die Regierungs- oder die Oppositionsseite mit ihm nicht zufrieden ist. Es gibt aktuell aber keine Diskussion darüber, den Vorsitz einer unabhängigen Persönlichkeit zu übertragen. Weitere Streitpunkte sind etwa Auskunftsverweigerungen und Aktenschwärzungen von Regierungsseite, über die, kommt es zu keiner Einigung zwischen den Fraktionen, letztlich das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hätte.

Zu den weiteren deutschen Besonderheiten gehört, dass Regierungsmitglieder über den Kernbereich der "exekutiven Eigenverantwortung" keine Auskunft geben müssen. Das betrifft etwa Erwägungen im Vorfeld von Regierungsbeschlüssen. Um die Aktenvorauswahl und die Aktenaufbereitung zu erleichtern, kann vom Untersuchungsausschuss ein unabhängiger Ermittlungsbeauftragter eingesetzt werden.
     
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