Geldvermögensbildung und Finanzierung der privaten Haushalte 2008
Wien (oenb) - Die Geldvermögensbildung der privaten Haushalte betrug im Jahr 2008 18,8 Mrd Euro
(+4,2% gegenüber 2007), aufgrund der hohen negativen Preiseffekte blieb das Finanzvermögen mit rund 416
Mrd Euro auf dem Niveau des Jahresultimos 2007. Private Haushalte erhöhten im vierten Quartal 2008 noch mehr
als in den ersten drei Quartalen ihre Einlagenbestände, wobei die Ausweitung der Einlagensicherung eine nicht
unwesentliche Rolle gespielt haben dürfte. Teile der österreichischen Privatanleger trennten sich nach
der Zuspitzung der Finanzkrise von Bankanleihen, die zwischen Jänner und September 2008 noch als zweites Investitionsstandbein
gegolten hatten. Teilweise wurden verstärkt Bundesschatzscheine erworben. Diese Käufer betrachteten damit
den Staat als sicheren Hafen für ihr Finanzvermögen, während andere Privatinvestoren nach den neuerlich
dramatischen Aktienkurseinbrüchen im Oktober selektiv Aktien im größeren Umfang erwarben. Somit
wurden während der ersten Monate nach der Verschärfung der Finanzkrise im Herbst 2008 sehr unterschiedliche
Veranlagungsmuster der privaten Haushalte sichtbar.
Die privaten Haushalte steigerten ihre Sparquote von 11,7% im Jahr 2007 auf 12,4% im Jahr 2008. Dieses Niveau wurde
letztmals im Jahr 1995 erreicht. Die hohe Ersparnisbildung fand bis zum Herbst 2008 im Umfeld steigender nomineller
Einlagenzinsen im Neugeschäft, stark anwachsender Inflationsraten sowie einer geringen Arbeitslosenquote statt.
Dieses wirtschaftliche Umfeld änderte sich im vierten Quartal mit einer nachlassenden Inflationsrate, einer
bereits steigenden Arbeitslosenquote und den ersten Leitzinssenkungen im Euroraum. Ein wesentlicher Teil der Ersparnisbildung
floss 2008 in Finanzanlagen. Von der gesamten Geldvermögensbildung in Höhe von 18,8 Mrd Euro machte der
Zuwachs an Bankeinlagen 13,4 Mrd Euro und damit knapp mehr als 70% (2007: 66%) aus. Dieser hohe Zuwachs unterstreicht
den „Sicherheitsgedanken“ in der Vermögensverwaltung einer Vielzahl von Privatanlegern. Die Haushalte platzierten
ihre Gelder verstärkt in Termineinlagen (+3,2 Mrd Euro) und insbesondere in Spareinlagen (+9,0 Mrd Euro).
Nachgefragt wurden dabei vor allem Produkte mit einer Bindungsfrist von bis zu einem 1 Jahr. Die sinkende Inflation
zum Jahresende 2008 brachte trotz des nominellen Rückgangs der Zinsen im Neugeschäft eine Erhöhung
der realen Verzinsung der Einlagen.
Handelbare Wertpapiere (verzinsliche Wertpapiere, börsennotierte Aktien und Investmentzertifikate) wurden
von den privaten Investoren im Jahr 2008 per saldo um 1,3 Mrd Euro gekauft (2007: 2,1 Mrd Euro). Das entspricht
einem Anteil von nur 7% der Geldvermögensbildung. Hinter diesem Saldo verbergen sich allerdings diametral
gegensätzliche Kauf- und Verkaufsbewegungen in den einzelnen Kategorien und im Zeitverlauf, wie die nachstehende
Aufstellung skizziert:
- Private Haushalte erwarben im Jahr 2008 verzinsliche Wertpapiere in Höhe von 4,6 Mrd Euro (2007: 3,7 Mrd
Euro), wobei der bedeutendste Teil auf den Kauf von Anleiheemissionen des Bankensektors zurückzuführen
ist (2,1 Mrd Euro). Allerdings wurden nach Bekanntgabe der verstärkten Einlagensicherung sowie der anhaltenden
Unsicherheit gegenüber Banktiteln im vierten Quartal 2008 Bankanleihen um 700 Mio Euro wieder verkauft. Im
Gegenzug kauften private Anleger im vierten Quartal 2008 Bundesschatzscheine im Ausmaß von 1,1 Mrd Euro;
dies entspricht rund 70% der gesamten Investitionen in Bundesschatzscheine im Jahr 2008.
- Börsennotierte Aktien wurden von Privatinvestoren im Jahr 2008 in Höhe von 800 Mio Euro gekauft,
nachdem diese Wertpapierkategorie im Jahr 2007 im Wert von 900 Mio Euro verkauft worden war. Die größten
Kauforders kamen für Unternehmensaktien im vierten Quartal 2008 (400 Mio Euro), nachdem die Aktienkurse im
Oktober 2008 dramatisch nachgegeben hatten.
- Wie schon im Jahr 2007 wurden auch 2008 Investmentzertifikate verkauft. Von den gesamten Nettoverkäufen
im Ausmaß von 4,1 Mrd Euro entfielen auf das vierte Quartal 1,6 Mrd Euro.
Den Nettokäufen von handelbaren Wertpapieren standen hohe Bewertungsverluste gegenüber. Im Jahr 2008
ging der Marktwert um 19,3% oder 18,6 Mrd Euro1) auf 79,3 Mrd Euro zurück. Besonders stark betroffen waren
die Finanzanlagen in börsennotierten Aktien mit einem Rückgang um 56% auf 8,7 Mrd Euro. Das entspricht
dem Niveau von Anfang 2004.
Die für die langfristige Absicherung verwendeten Ansprüche aus Lebensversicherungen und gegenüber
betrieblichen Pensionskassen stiegen transaktionsbedingt im Jahr 2008 um 2,6 Mrd Euro (2007: 3,4 Mrd Euro). Negative
Kursbewegungen auf den Kapitalmärkten führten auch zu einer Verringerung des Marktwerts der Veranlagungsbestände
von Versicherungsunternehmen und Pensionskassen. Die Ansprüche privater Haushalte waren davon im geschätzten
Ausmaß von 2,3 Mrd Euro betroffen, weshalb der Vermögenswert zum Jahresultimo 2008 – auf dem Vorjahresniveau
– in Höhe von 75,6 Mrd Euro stagnierte.
Das Finanzvermögen2) der österreichischen Privatanleger erreichte zum Jahresultimo 2008 einen Marktwert
von rund 416 Mrd Euro und blieb damit trotz der zusätzlichen finanziellen Investitionen von knapp weniger
als 19 Mrd Euro auf dem Vorjahresniveau.
Die Kreditaufnahmen der privaten Haushalte betrugen im Jahr 2008 3,3 Mrd Euro und gingen damit gegenüber 2007
um rund 2,1 Mrd Euro zurück. Wohnbaukredite (vorwiegend von inländischen Banken) hatten ein Nettotransaktionsvolumen
von 4,1 Mrd Euro, während die sonstigen Kreditformen per saldo Nettotilgungen zu verzeichnen hatten. Besonders
stark war der Einbruch im vierten Quartal 2008 mit einer Nettoneuverschuldung von lediglich 450 Mio Euro.
Österreichische Kreditnehmer hatten zum Jahresultimo 2008 Schulden in Höhe von knapp 150 Mrd Euro, die
aufgrund der Neuverschuldung (3,3 Mrd Euro) und der Wechselkursanpassungen der Fremdwährungskredite in Höhe
von 4,2 Mrd Euro um 5,2% höher waren als zum Jahresultimo 2007.
|