Gesetzesentwurf wurde mehrheitlich angenommen
Wien (pk) - "Besonders ausgebildete nichtrichterliche Bundesbedienstete", sogenannte Rechtspfleger,
können künftig nicht nur in Zivilrechtsangelegenheiten, sondern auch in Strafsachen eingesetzt werden.
Ein entsprechender Antrag der Koalitionsparteien wurde am 21.04. vom Nationalrat mit Mehrheit beschlossen.
Abgeordneter Mag. STEFAN (F) wies darauf hin, dass durch die vorgeschlagene Änderung des Artikels 87a der
Bundesverfassung die Bestimmungen über die Rechtspfleger angepasst werden sollen. Das Modell der Rechtspfleger,
die z.B. in Firmenbuch-, Grundbuch- und Insolvenzangelegenheiten sowie im Außerstreitverfahren tätig
sind, sei seiner Meinung nach eine Erfolgsgeschichte, zumal 81 % der Entscheidungen an Bezirksgerichten von ihnen
getroffen werden. Nun soll es zu einer Ausweitung des Tätigkeitsbereiches auf Strafsachen kommen, was von
der FPÖ grundsätzlich unterstützt werde, weil es sich dabei um eine alte Forderung seiner Fraktion
handle. Man hätte jedoch die Einschränkung gesetzlich festschreiben sollen, wonach die Rechtspfleger
in Strafsachen nur in untergeordneten Tätigkeiten eingesetzt werden können, nicht aber in der Rechtssprechung
selbst.
Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) erläuterte ebenso die Eckpunkte der neuen Bestimmungen bezüglich der
Rechtspfleger. Die Bedenken seitens der FPÖ halte er vorliegenden Fall für unberechtigt, da die Bundesverfassung
ausreichend garantiere, dass "nichts passieren könne. Es sei gewährleistet, dass immer ein übergeordneter
Richter zuständig sei, die Kontrolle habe, die Sache an sich ziehen und auch Weisungen erteilen könne.
Die Wortmeldung des Abgeordneten Donnerbauer könne seine Skepsis nicht ausräumen, erklärte Abgeordneter
Mag. STADLER (B). Durch den Wegfall des Begriffs "in Zivilrechtssachen" könne der Rechtspfleger
nämlich im gesamten Bereich der Justiz eingesetzt werden, argumentierte er. Wer könne garantieren, dass
als nächster Schritt dann einmal der Rechtspfleger, der nicht entsprechend ausgebildet ist, auf der Richterbank
sitze?
Auch er lehne es ab, wenn rechtsprechende Entscheidungen durch nicht-richterliches Personal gefällt werden,
bekräftigte Abgeordneter Dr. WITTMANN (S), und dies sei auch nicht die Intention des Gesetzentwurfs. Aus seiner
Sicht sei es jedoch vernünftig, wenn der Einsatzbereich der Rechtspfleger auf Strafsachen ausgedehnt wird.
Da es sich dabei um einen typischen Fall der Materiengesetzgebung handelt, soll diese Regelung nicht in der Verfassung
festgeschrieben werden.
Die Rechtspfleger hätten sich in den letzten Jahren als verlässlicher Partner der Justiz erwiesen, meinte
Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G). Einer Ausweitung des Einsatzbereiches könne er daher grundsätzlich
zustimmen. Er hoffe aber, dass die Opposition dann - wie von den Regierungsfraktionen versprochen - in der einfachgesetzlichen
Ausführung dieser Maßnahme einbezogen wird. Wer diese Regelung ernst nimmt, der müsse zudem garantieren,
dass genügend Planstellen zur Verfügung gestellt werden.
Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) verwies darauf, dass das System der Rechtspflege im Artikel 87a der Bundesverfassung
ausreichend geregelt wurde und dass es in der Vergangenheit im Bereich der Zivilgerichtsbarkeit nie ein Problem
gegeben hat. Es sei verfassungsrechtlich völlig klar, dass die Rechtssprechung als solche davon nicht berührt
sei.
Es seien sich wohl alle einig, dass die Richter von den Verwaltungstätigkeiten frei gespielt werden sollen,
meinte Abgeordneter PENDL (S). Da das System der Rechtspflege im Bereich der Zivilgerichtsbarkeit seit vielen Jahren
erfolgreich eingesetzt wird, sei für ihn eine Ausweitung auf Strafsachen nur vernünftig.
Staatssekretär Dr. OSTERMAYER dankte für die konstruktive Diskussion. Auch bei diesem Tagesordnungspunkt
gehe es im Kern um die Frage, wie die Ressourcen des Staates möglichst sparsam und effizient eingesetzt werden
können. Es sei wohl unbestritten, dass der bisherige Einsatz von Rechtspflegern sehr gut funktioniert habe.
Jetzt gehe es darum, dass Richter und Staatsanwälte von weiteren Hilfstätigkeiten entlastet werden, wobei
es natürlich nicht um die Rechtssprechung geht.
Der Gesetzesentwurf wurde – bei Feststellung der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit
– mehrheitlich angenommen. |