Wien (ots) - Ein Spitzenwerk von Gustav Klimt soll an seine rechtmäßigen Eigentümer restituiert
werden. Diese ehrenvolle Aufgabe kommt dem Linzer Bürgermeister, Franz Dobusch, zu, der gestern die Rückgabe
des Gemäldes "Porträt Ria Munk III" durch das Lentos Museums in Aussicht gestellt hat. Das
Bild geht an die Erben nach Aranka Munk, die im Holocaust ums Leben kam.
Aranka Munk wird von den Nachkommen ihrer Schwestern beerbt, die in Österreich, Deutschland, Belgien, England
und den USA leben. Mitglieder der Familie, die anonym bleiben wollen, in einer gemeinsamen Erklärung: "Nahezu
alle Kunstwerke aus Familienbesitz wurden während oder infolge des Krieges verloren. Obwohl mehr als sechzig
Jahre vergangen sind, ist die Rückgabe dieses Familienporträts zutiefst erfreulich. Wir danken der Stadt
Linz, sich für die Gerechtigkeit eingesetzt zu haben."
Erbenvertreter Alfred J. Noll: "Ich bin froh, dass dieses langjährige Verfahren nach mehr als drei Jahren
endlich beendet wurde. Der Stadt Linz und dem Lentos Museum ist für diese Entscheidung zu danken. Dieser Schritt
bezeugt, dass sich Linz heute der moralischen Verpflichtung bewusst ist, die aus der Geschichte dieser Stadt resultieren.
Linz empfiehlt sich mit dieser Rückgabeentscheidung nachdrücklich als Europäische Kulturhauptstadt
2009."
Basierend auf Recherchen der Kunsthistorikerin Sophie Lillie, beantragten die Munk-Erben 2006 die Rückstellung
des Bildes. Lillie: "Durch die Rückgabe dieses Gemäldes trägt das Lentos Museum dazu bei, die
Ungerechtigkeiten der Vergangenheit in der Gegenwart wiedergutzumachen. Die Geschichte dieses Bildes und seine
Besitzerin erfahren nunmehr die Anerkennung, die sie rechtmäßig verdienen."
Aranka Munk, geb. Pulitzer, gehörte einer führenden österreichisch-ungarischen Familie an, die Gustav
Klimt besonders förderte. Aranka Munks Schwester Serena Lederer gehörte die größte Privatsammlung
von Klimt-Werken, deren Mehrzahl 1945 von den Nationalsozialisten zerstört wurde.
Das nun zu restituierende Bild ist ein posthumes Porträt von Aranka Munks Tochter Ria, die sich 1911 im Alter
von 24 Jahren aufgrund einer unglücklichen Liebe das Leben nahm. Das von den Eltern in Auftrag gegebene Bild
blieb 1918, zum Zeitpunkt von Klimts Tod, unvollendet.
Rias Bildnis hing bis 1942 in der Sommervilla ihrer Mutter in Bad Aussee. Im Jahr zuvor war Aranka Munk mit ihrer
jüngeren Tochter Lola Kraus in das jüdische Ghetto von Lodz deportiert worden. Aranka Munk kam dort im
November 1941 ums Leben. Rias Schwester Lola wurde 1942 im Vernichtungslager Chelmo ermordet.
Das Porträt Ria Munk gelangte in den späten 1940er Jahren in den Besitz des Kunsthändlers Wolfgang
Gurlitt. In den frühen 1950er Jahren verkaufte Gurlitt seine Sammlung an die Stadt Linz und diente als Direktor
des Wolfgang Gurlitt Museums -das später in Lentos Museum umbenannt wurde. 1956 erwarb Linz das Bild trotz
Vermutungen, dass es sich um geraubtes Vermögen handelte. Das Gemälde gilt als eines der Hauptwerke des
Museums.
Rückstellungsversuche in der Nachkriegszeit scheiterten, da die Familie den Verbleib der aus der Villa geraubten
Gegenstände nicht nachweisen konnte. Der jetzige Anspruch wurde durch die Aussage eines Augenzeugen unterstützt,
der sich erinnert, das Gemälde als Kind in der Villa Munk gesehen zu haben.
Der Anwalt Alfred J. Noll, 49, ist anerkannter Kunstrestitutionsexperte. Bis dato zeichnete Noll für die Rückgabe
von vier Klimt-Hauptwerken aus den Beständen des Belvederes verantwortlich, darunter "Dame mit Hut und
Federboa" und "Landhaus am Attersee". Sophie Lillie, 38, ist Kunsthistorikerin mit Forschungsschwerpunkt
Privates Sammeln in Wien vor 1938. Ihr 2003 erschienenes Buch "Was einmal war" gilt als Standardwerk
zum Thema NS-Kunstraub. Noll und Lillie haben zahlreiche Restitutionsfälle erfolgreich bearbeitet, darunter
die Rückgabe des Schiele-Gemäldes "Landschaft in Krumau", das 2003 vom Lentos Museum an die
Erben nach Daisy Hellmann restituiert wurde. |