Zuerst Maßnahmen gegen die Krise, dann Konsolidierung des Budgets
Wien (pk) - Gemeinsam mit den Budgetentwürfen für die Jahre 2009 und 2010 hat die Bundesregierung
dem Nationalrat im Sinne des neuen Haushaltsrechts auch Entwürfe für die Bundesfinanzrahmen in den Zeiträumen
2009 bis 2010 sowie 2010 bis 2013 vorgelegt und diese neuen Instrumente der mittelfristigen Budgetplanung und -steuerung
mit einem umfangreichen und detaillierten Strategiebericht erläutert.
Der wegen des Doppelbudgets auf 5 statt auf 4 Jahre ausgelegte Finanzrahmen fixiert verbindliche Ausgabenobergrenzen
für das gesamte Bundesbudget in jeder ihrer 5 Rubriken bis 2013 und legt auch Obergrenzen für die Untergliederungen
fest, diese sollen aber nur bis 2010 verbindlich sein. Der Bundesfinanzrahmen wird alljährlich ("rollierend")
um ein weiteres Jahr ergänzt und vom Nationalrat im Frühjahr debattiert und beschlossen.
In den Jahren 2009 und in den Folgejahren führen die Rezession und die Kosten der gegen die Krise ergriffenen
Stabilisierungsmaßnahmen zu hohen Defiziten im Bundesbudget. Die Differenz zwischen den Ausgabenobergrenzen
und den zu erwarteten Einnahmen steigt 2009 gegenüber dem Vorjahr von 9,564 Mrd. Euro auf 13,6 Mrd. Euro und
wird auch 2013 noch 12,1 Mrd. Euro ausmachen.
Auch Maastricht-Defizit und Maastricht-Verschuldung verschlechtern sich in den nächsten Jahren. Ausgehend
von der jüngsten WIFO-Prognose vom März 2009 steigt das Maastricht-Defizit des Gesamtstaates 2009 von
0,4 % auf 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts, erreicht 2010 einen Wert von 4,7 % und wird erst 2013 wieder auf 3,9
% des BIP sinken. Dieses hohe Defizit schlägt sich auch in der Entwicklung der öffentlichen Schulden
nieder: Die Staatsverschuldung steigt zwischen 2008 und 2013 von 62,5 % des BIP (2008) auf über 78 % (2013).
Budget- und wirtschaftspolitische Zielsetzungen
Mittelfristig will die Bundesregierung Zukunftsfelder wie Forschung und Entwicklung sowie Infrastruktur auf hohem
Niveau fördern und damit die Fundamente für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum festigen. Gleichzeitig
wird durch die Fortführung der Verwaltungsreform sowohl beim Personal- als auch beim Sachaufwand gespart,
um zu verhindern, dass Budgetabgänge und öffentliche Verschuldung auf eine gesamtwirtschaftlich unerwünschte
Größenordnung steigen. Die Rückführung des Defizits ist ein zentrales Anliegen der Budgetpolitik.
Konkret nützt die Bundesregierung angesichts der Krise 2009 und 2010 die gute budgetäre Ausgangslage
des Jahres 2008 in Übereinstimmung mit dem Europäischen Plan der Konjunkturbelebung vom 12. Dezember
2008 zur Absicherung des Wirtschaftswachstums und der Arbeitsplätze durch großvolumige Konjunkturpakete
und eine Entlastung aller Lohn- und EinkommensteuerzahlerInnen sowie der Familien. Auch der Kapitalmarkt wird in
Übereinstimmung mit der EU gestützt. Im Vordergrund stehen die Sicherung von Wirtschaftsstandort, Wachstumspotenzial
und Beschäftigung, insbesondere der Jugend, sowie die Rückkehr zu tragfähigen öffentlichen
Haushalten. Für die Unternehmen werden Investitionsanreize geschaffen, die Infrastruktur ausgebaut und eine
nachhaltige Umwelt-, Klimaschutz- und Landwirtschaftspolitik forciert. Wettbewerbsbeschränkungen, etwa beim
Zugang zu den freien Berufen, sollen abgebaut und die Exporte durch eine aktive Außenhandelspolitik unterstützt
werden. Österreichische Unternehmen sollen bei ihrer Internationalisierung durch Markterschließung und
Investitionen in Märkte mit hohem Wachstumspotential unterstützt werden.
In der Finanz- und Wirtschaftspolitik gilt eine 3-Säulen-Strategie: Ausgeglichener Haushalt über den
Konjunkturzyklus, Investitionen in Forschung und Entwicklung, Infrastruktur, Aus- und Weiterbildung und Hochschulausbildung,
Sicherung des Sozialsystems als Standort- und Produktivfaktor sowie Strukturreformen in der öffentlichen Verwaltung.
Betont wird das gemeinsame Ziel der Bundesregierung, die Budgetdefizite zurückzuführen und nachhaltige
Staatsfinanzen sicher zu stellen. Ausgehend von abgestimmten Vorschlägen des Rechnungshofs und des Staatsschuldenausschusses
zur Verwaltungsreform befasst sich eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers
mit dem Ziel der Budgetkonsolidierung unter folgenden Titeln: Verwaltungskosten senken (Aufgabenreform, Strukturbereinigung,
Verwaltungsverfahren), Gesundheitswesen, Schulwesen und Wissenschaft, Effizientes Förderwesen, Pensionen und
Personalpolitik. Ziel sind moderat wachsende öffentliche Ausgaben, Wirkungsorientierung und höhere Effizienz.
Dennoch erwartet die Bundesregierung einen darüber hinaus gehenden Konsolidierungsbedarf, den es zu bewältigen
gilt.
Die wirtschaftliche Entwicklung
Auch die österreichische Wirtschaft geriet im Jahr 2009 in die Rezession und wird laut WIFO-Prognose vom März
2009 real um 2,2 % sinken. Die Exporte sollen um real 7 % schrumpfen. Bei den Bruttoanlageinvestitionen wird 2009
ein Rückgang von real 5,1 % erwartet, insbesondere die Ausrüstungsinvestitionen gehen beträchtlich
zurück (-10 %). Steuerreform 2009, Teuerungsausgleich 2008, gute Lohnabschlüsse und die beiden Konjunkturpakete
setzen Impulse zur Wiederbelebung der Wirtschaft. Das WIFO geht davon aus, dass die aktiven Stabilisierungsmaßnahmen
den Wachstumsrückgang 2009 um 0,75 Prozentpunkte dämpfen. 2010 wird sich die österreichische Wirtschaft
leicht erholen und um 0,5 % wachsen.
2009 sinkt die Zahl der Beschäftigten um 38.000, jene der vorgemerkten Arbeitslosen steigt um 53.000. 2010
wird sich die Situation am Arbeitsmarkt noch nicht bessern: Die Beschäftigung wird weiter sinken und die Arbeitslosigkeit
steigen. Der Preisverfall bei Rohöl und Rohstoffen schwächt die Inflation 2009 deutlich ab und liegt
mit 0,6 % weit unter dem Niveau von 2008 und unter dem Inflationsziel der EZB (2 %). Auch 2010 wird der Preisauftrieb
mit 1,1 % gering bleiben. Das reale BIP-Wachstum soll von 2009 bis 2013 0,8 % betragen. Nach 2010 wird die Exportwirtschaft
wieder an Stärke gewinnen und auch die Investitionstätigkeit wird sich – insbesondere aufgrund der öffentlichen
Aufträge zur Stützung der Bauwirtschaft – erholen. Auch vom privaten Konsum werden positive Impulse ausgehen.
Die jährliche Inflationsrate wird von 2009 an kontinuierlich ansteigen und bis zum Ende des Prognosezeitraums
wieder nahe am EZB-Referenzwert von 2 % liegen.
Entwicklung der Ausgabenobergrenzen in den einzelnen Rubriken
Für die Rubrik 1 "Recht und Sicherheit" mit 13 Untergliederungen sind in der Periode 2009 bis 2013
jährlich Ausgaben zwischen rund 8 Mrd. Euro und 8,3 Mrd. Euro vorgesehen. Mehr Geld erhalten Verfassungsgerichtshof,
Inneres und Justiz, während die Ausgaben der übrigen Untergliederungen praktisch konstant auf dem Niveau
von 2009 bleiben oder leicht zurückgehen.
Die Ausgaben der Rubrik 2 "Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie" sind wesentlich durch die Konjunkturentwicklung
und durch den Anstieg der Arbeitslosigkeit bis 2011 auf 313.000 Personen (8,5 %) bestimmt. Die Ausgaben der Untergliederung
(UG) 20 "Arbeit" steigen von 4,9 Mrd. Euro (2008) auf 6,4 Mrd. Euro (2011) und verharren bis 2013 auf
diesem Niveau. Die Ausgaben für aktive Arbeitsmarktförderung werden auf dem Niveau von 2010 (1,1 Mrd.
Euro) fortgeschrieben. Der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Pensionsversicherung (UG 22) steigt von 7,7 Mrd. Euro
(2008) auf 9,7 Mrd. Euro (2013). Für die Familien (UG 25) sind für die kommenden Jahre weit reichende
Verbesserungen geplant. Ab 2010 stehen zur Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes, die Einführung einer
einkommensabhängigen Variante und für ein Modell zur Väterbeteiligung bei der Kinderbetreuung sowie
für Verbesserungen bei der Zuverdienstgrenze und für das kostenfreie letzte Kindergartenjahr zusätzliche
Mittel zur Verfügung.
Die Ausgaben für Bildung, Forschung, Kunst und Kultur (Rubrik 3) steigen bis 2013 auf 12,1 Mrd. Euro. Die
Untergliederung 30 "Unterricht" zeichnet sich durch eine deutliche Erhöhung der Mittel von 6,8 Mrd.
Euro (2008) auf 7,4 Mrd. Euro (2013) aus. Die Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahl auf 25 ab dem
Schuljahr 2007/2008 bis 2010/2011 ist eine der Hauptmaßnahmen im Bildungsbereich. Mit einem kontinuierlichen
Ansteigen der Ausgaben pro Schüler wird der essentiellen Bedeutung des Bildungsbereiches für eine positive
gesamtgesellschaftliche Entwicklung Rechnung getragen.
Auch die Untergliederung 31 "Wissenschaft und Forschung" zeigt signifikante Erhöhungen der Mittel
um 11 % von 3,1 Mrd. Euro (2008) auf 3,8 Mrd. Euro (2013). Die zusätzlichen Finanzmittel werden vor allem
den Universitäten und der Forschung zu Gute kommen. Von 2009 bis 2010 stehen für F&E fast 1 Mrd.
Euro zusätzlich zur Verfügung.
Die Entwicklung der Ausgaben in der Rubrik 4 "Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt" ist wegen der für
2009 und 2010 hohen budgetierten Ressourcen für die Finanzmarktstabilisierung (UG 46) verzerrt und über
die Jahre nicht vergleichbar. 2009 sind für diese Aufgabe 10,3 Mrd. Euro und 2010 0,5 Mrd. Euro budgetiert.
Ebenso sind 2009 und 2010 einmalige Zahlungsbilanzbeihilfen vorgesehen (0,4 Mrd. Euro und 1 Mrd. Euro). Ohne diese
einmaligen Ausgaben steigen die Ausgaben der Rubrik 4 von 7,7 Mrd. Euro (2009) auf 8,3 Mrd. Euro (2013). Die größte
Dynamik weist die Untergliederung 41 "Verkehr, Innovation und Technologie" auf. Diese Mittel steigen
von 2,3 Mrd. Euro (2009) auf 3,1 Mrd. Euro (2013). 2009 bis 2014 werden mehr als 20 Mrd. Euro in die Modernisierung
des Schienennetzes, der Bahnhöfe, Autobahnen und Schnellstraßen investiert, 12,2 Mrd. Euro für
den Ausbau des Schienennetzes und der Bahnhöfe sowie 8 Mrd. Euro für den Ausbau des hochrangigen Straßennetzes.
Die Finanzierung erfolgt außerbudgetär. Die notwendigen Zuschüsse an die ÖBB sind im Budget
des Verkehrsministeriums (UG 41) bereitgestellt. Die ASFINAG benötigt keine Zuschüsse.
Die Ausgaben der Untergliederung 42 "Land-, Forst- und Wasserwirtschaft" betragen jährlich 2,2 Mrd.
Euro. Ein Schwerpunkt liegt auf den Klimaschutz, Mehrausgaben sind für erneuerbare Energietechnologien und
den Zukauf von Emissionszertifikaten vorgesehen. Die Förderschienen der Siedlungswasserwirtschaft und der
Altlastensanierung werden weitergeführt.
Die Ausgaben der Rubrik 5 "Kassa und Zinsen" steigen von 8,4 Mrd. Euro (2009) auf 11,4 Mrd. Euro (2013).
Die Ursache für diesen überproportionalen Anstieg bei den Zinsen liegt im deutlichen Anstieg der Finanzschulden
des Bundes. |