Qualitätssicherung an Universitäten sowie in der Forschung
Wien (pk) - Sein Ziel sei es, bei der Finanzierung der Universitäten eine Trennung zwischen
dem Budget für die Forschung und jenem für die Lehre herbeizuführen, betonte Bundesminister Johannes
Hahn am 07.05. im Rahmen der Beratungen des Budgetunterausschusses zum Kapitel Wissenschaft und Forschung. Dies
könnte den Wettbewerbscharakter in beiden Bereichen stärken, meinte er. Er wolle sowohl bei den Universitäten
als auch bei Forschung und Entwicklung für die langjährige Dotierung ein gleichmäßiges Budget
und somit Planungssicherheit gewährleisten und somit eine Linie der Stabilität und Nachhaltigkeit verfolgen.
Der Budgetentwurf der Bundesregierung sieht im Bereich Wissenschaft und Forschung für das Jahr 2009 Ausgaben
in der Höhe von 3,4 Mrd. € und für 2010 in der Höhe von 3,74 Mrd. € vor. Den größten
Anteil daran haben die Universitäten inklusive Klinikaufwendungen mit 2,6 Mrd. € für 2009 und 2,8 Mrd.
€ für das darauf folgende Jahr. Die zusätzlichen Mittel sollen der Stärkung der Universitäten
dienen, wie in den Budgetunterlagen betont wird. Auswirkungen auf die Ausgabenseite hat auch das Generalsanierungsprogramm,
die Hochschulraumbeschaffung und die im Zusammenhang mit Konjunktur fördernden Maßnahmen für Forschung
und Entwicklung bereit gestellten Mittel für die Modernisierung der Geräte an den Universitäten.
Durch die Übertragung des FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) vom Bundesministerium
für Verkehr, Innovation und Technologie in das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung sowie
durch das Bestreben, die Forschungsquote weiter anzuheben, ergibt sich Anhebung der Ansätze für Forschungsvorhaben.
Auch die Fachhochschulen können sich über eine Erhöhung der Fördersätze freuen. Die zusätzlichen
Mittel für die Studienförderung sollen einer besseren Treffsicherheit, der Ausweitung des Bezieherkreises
und der Erhöhung der Studienbeihilfen selbst dienen.
Den Rückgang der Budgetausgaben von 2009 gegenüber 2008 begründete der Minister mit der Tatsache,
dass ab diesem Jahr die Personalausgaben für BeamtInnen nicht mehr im Budget des Ressorts dargestellt werden.
Hahn unterstrich einmal mehr die Bedeutung der Grundlagenforschung, um ein Land der Innovation zu bleiben und nicht
zu einem Land der Immigration zu werden. Für die Grundlagenforschung würden derzeit 0,41 % des BIP ausgegeben,
das seien 17 % der gesamten Forschungsausgaben. Die Trennung zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung
würde aber zunehmend verschwimmen, was an sich richtig sei, meinte Hahn. Der Bundesminister gab zu bedenken,
dass die Festlegung einer F&E-Quote am BIP durch die Entwicklung des BIP im Zuge der derzeitigen Wirtschaftskrise
relativiert werde. Dennoch sei eine derartige Zielsetzung wichtig und er wolle den Forschungsanteil kontinuierlich
steigern. Hahn machte darauf aufmerksam, dass dieses Bewertungskriterium kein österreichisches, sondern ein
internationales sei, und informierte die Abgeordneten darüber, dass die Österreichische Akademie der
Wissenschaften sich derzeit generell und umfassend mit der Frage der Bewertung wissenschaftlicher Leistungen beschäftige.
Jedenfalls strebe man bis 2020 einen Anteil von 4 % von F&E am BIP an, informierte er.
Die Wirtschaftskrise führe auch dazu, dass sich der Anteil der Wirtschaft an den Forschungsausgaben, der derzeit
bei 68 % liegt, wieder verringern werde. Er befürchtete, der öffentlichen Hand werde es nicht gelingen,
die Bremseffekte in der Wirtschaft völlig auszugleichen. Dennoch zeichnete der Minister ein positives Bild
der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft in diesem Bereich. In den letzten Jahren sei vieles entstanden und vieles
habe sich gut entwickelt.
Die Frage nach Möglichkeiten, den Forschungsstandort Österreich noch attraktiver zu machen, beantwortete
Wissenschaftsminister Hahn mit dem Hinweis auf seine Absicht, die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Wissenschaft
weiter auszubauen und weiterhin Schwerpunkte zu setzen, da sich - Beispiel Biotechnologie oder angewandte Mathematik
- gezeigt habe, dass es leichter sei, hochkarätige Forscher nach Österreich zu bekommen, wenn man ihnen
ein spannendes Umfeld bieten könne. Wichtig sei zudem auch eine entsprechende Präsenz Österreichs
in internationalen Organisationen.
Jüngste Berufungen von Spitzenforschern etwa aus den USA und die Berufung österreichischer Professoren
an renommierte Universitäten im Ausland zeigt laut Minister Hahn, dass die Internationalisierung der österreichischen
Wissenschaft und Forschung gut vorankomme. Er hielte es für schade, wenn vorhandene Förderungsmittel
mangels Nachfrage des privaten Sektors nicht angenommen würden. In diesem Zusammenhang versprach er, deutliche
Signale an alle Adressaten auszuschicken. Generell bemühe er sich um eine Verbreiterung des F&E-Begriffs,
vor allem auch zugunsten innovationsorientierter KMU.
Den Ausstieg aus der Mitgliedschaft beim CERN begründete Hahn mit dem Hinweis, dass der CERN 70 % des Budgets
für internationale Mitgliedschaften gebunden habe und die EU in der Zwischenzeit über vielfältige
Forschungsinfrastrukturprogramme verfüge, die einer wesentlich breiteren Zahl von WissenschafterInnen Perspektiven
böten.
Einen breiten Raum in der Debatte nahm auch die Entwicklung der Universitäten ein, wobei die Arbeit für
die neuen Leistungsvereinbarungen, die ab dem Jahr 2010 gelten sollen, einen wesentlichen Aspekt darstellten. Als
Schwerpunkte für diese Leistungsvereinbarungen nannte Hahn unter anderem die Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements,
die Vereinbarkeit von Beruf und Studium, die stärkere Kooperation mit den Schulen hinsichtlich der Berufswahl,
die Umsetzung der Bologna-Architektur, die Stellung der Frau in der Wissenschaft und die Mobilität der Studierenden.
Auch die Novelle zum Universitätsgesetz 2002 diene dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Universitäten
zu erhalten und auszubauen. Vor allem sollen die Berufungs- und Habilitationsverfahren beschleunigt werden. Befristete
Dienstverhältnisse sollen in Hinkunft bis zu sechs Jahren möglich seien, was eine erhöhte Flexibilität
sicherstelle, führte Hahn aus. Auch soll eine Datenbank für wissenschaftliche Arbeiten erstellt werden.
Um eine bessere Abstimmung der Angebote in Lehre und Forschung zu erzielen, kündigte der Wissenschaftsminister
die Entwicklung eines gesamtösterreichischen Hochschulplans an. Für die Arbeiten daran rechnete Hahn
mit rund zwei Jahren. Dieser Hochschulplan soll auch Grundlage für künftige Leistungsvereinbarungen sein.
Wenn Universitäten zu privaten Einnahmequellen werden, sei dies, so der Wissenschaftsminister, ein Thema für
den Uni-Rat, der an diesem Thema arbeite und sich um klare Regelungen bemühe. Jedenfalls als einen Erfolg
bewertete es Minister Hahn, dass die Drittmitteleinnahmen der Universitäten von 2003 bis 2007 von 258 Mio.
€ auf 402 Mio. € gesteigert werden konnten.
Abermals wurde die Frage einer vierten Medizinuniversität angesprochen. Dazu stellte der Bundesminister fest,
laut aktueller Einschätzung, die auf drei umfangreichen Studien basiert, sei von einem durchschnittlichen
Bedarf von zusätzlich 1.000 Ärzten im Jahr auszugehen. Das bedeute, dass die derzeitigen 1.350 Ausbildungsplätze
für HumanmedizinerInnen und die 150 Ausbildungsplätze für ZahnmedizinerInnen ausreichend seien.
Eine angedachte, moderate Aushebung der Ausbildungsplätze für HumanmedizinerInnen um 200 Studierende
könnten die bestehenden drei Medizinuniversitäten verkraften. Sollte sich die Notwendigkeit einer weiteren
Medizinuniversität ergeben, dann stehe Linz an erster Stelle.
Grundsätzlich unterstrich Hahn den Bedarf, Verhandlungen über eine neue Festlegung des klinischen Mehraufwandes
an den Medizinuniversitäten zu führen. Es sei davon auszugehen, dass derzeit zu viel an die Spitalserhalter
gezahlt werde, merkte er an.
Minister Hahn zeigte sich zufrieden, dass die mehr als sechs Jahre dauernden Verhandlungen zum Kollektivvertrag
abgeschlossen werden konnten. Es werde in Zukunft höhere Einstiegsgehälter und eine Verflachung der Einkommenskurve
geben. Der Kollektivvertrag werde auch dazu führen, dass die MitarbeiterInnen planbare Karrierechancen vorfinden,
sagte er.
Auch für die Fachhochschulen kündigte Hahn einen weiteren Entwicklungsplan an, der 2011/2012 in Kraft
treten soll. Im Herbst würden auch die Verhandlungen zu einem neuen Fachhochschulgesetz beginnen. Derzeit
studieren an 276 Fachhochschulstudiengängen 33.600 Studierende, man rechnet mit 36.000 Studierenden im Jahr
2012. Sowohl bei der Lehrplangestaltung als auch bei organisatorischen Maßnahmen werde man auf berufstätige
Studierende Rücksicht nehmen. Ein Doktoratsstudium an Fachhochschulen sei nicht vorgesehen, betonte Hahn,
es gehe aber in erster Linie darum, die Übergänge von den Fachhochschulen zu Doktoratsstudien an den
Universitäten sicher zu stellen.
Angesprochen auf eine gemeinsame Ausbildung aller LehrerInnen, machte der Bundesminister darauf aufmerksam, dass
eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit dem Unterrichtsministerium eingesetzt worden sei, die sich vor allem mit dem
Bereich der Sekundarstufe befasst. Diese soll bei Wahrung der Schulartenvielfalt Vorschläge ausarbeiten. Dabei
gehe es darum, in gemeinsamen Lehrgängen die Stärken der Universitäten einerseits und jene der pädagogischen
Hochschulen andererseits zu nützen. In der geplanten Novelle zum Universitätsgesetz sollen Vorkehrungen
für ein achtsemestriges Bachelorstudium getroffen werden, womit man Lehramtsstudien auch in den Bologna-Prozess
eingliedern könne. Für wichtig hält es der Wissenschaftsminister, die pädagogischen Hochschulen
sukzessive an den Autonomiestatus der Universitäten heranzuführen.
In seiner Stellungnahme legte Bundesminister Hahn großen Wert darauf festzustellen, dass die Studieneingangsphase
keine Selektion darstelle, sondern Teil des Studiums sei. Er wolle den freien Hochschulzugang sicherstellen, sagte
er, aber die Studieneingangsphase soll, gekoppelt mit dem Studiencheck an den höheren Schulen zu einer Senkung
der Drop-out-Quote führen und den Studienwechsel vermindern. Der Studiencheck, ein dreistufiges Beratungsverfahren,
soll zur Reflexion über Berufs- und Studienwünsche anregen. Die Studie über die Drop-outs befinde
sich in der Endredaktion.
Was die Betreuungsrelationen betrifft, so appellierte der Minister, hier differenzierter vorzugehen. Bei 218.000
ordentlich Studierenden fielen auf jeden Professor bzw. jede Professorin 104 Studierende. Rechne man das Lehrpersonal
ein, so betrage die Zahl 18,3. Gehe man von den 151.000 "prüfungsaktiven" Studierenden aus, so liege
die Betreuungsrelation bei 73 bzw. 13 Studierenden. Diese Zahl schwanke aber wieder sehr stark unter den einzelnen
Universitäten.
Bundesminister Hahn wies auch auf das Bündel von Maßnahmen hin, um Jugendliche aus nichtakademischen
Familien an die Universitäten zu holen. Auch für Behinderte gebe es spezielle Programme, fügte er
hinzu.
Im Bereich der Studienförderung sei eine Anhebung zu verzeichnen. Der Entfall der Studiengebühren mache
157 Mio. € aus, man könne aber noch nicht sagen, wie viele der 44.000 Studenten, denen Studiengebühren
vorgeschrieben wurden, bis zum Ende der Frist im kommenden Dezember um eine Refundierung ansuchen werden. Der Aufwand
der Refundierung sei weniger groß als zunächst befürchtet, teilte der Minister mit und nannte es
einen Verhandlungserfolg, die Studienbeihilfen für die Studierenden erhalten zu haben. Probleme bei der Gewährung
des Studienzuschusses für Studierende, die wegen eines Zweitstudiums die Mindeststudienzeit überschreiten,
werde er sich anschauen, versprach der Wissenschaftsminister.
Einen Sanierungsbedarf sah der Minister bei den Studentenheimen und kündigte zum Thema "Studentisches
Wohnen" eine Enquete an.
Zur Hebung des Frauenanteils an den Universitäten setzte der Bundesminister große Hoffnungen in den
Plan, eine Quote von 40 % für Frauen in allen Universitätsgremien festzulegen. Das werde mehr bringen
als die derzeit laufenden Programme, zeigte er sich überzeugt. Grundsätzlich hätten in den letzten
Jahren die Frauen an den technisch-naturwissenschaftlichen Studienrichtungen aufgeholt. Ihr Anteil habe, wenngleich
von einem niedrigen Niveau, um 50 % zugenommen. In manchen Studienrichtungen wie Physik, Chemie und Biotechnologie
hätten Frauen bereits gleichgezogen bzw. die Männer überholt. Lediglich bei den klassisch naturwissenschaftlichen
Fächern verlaufe noch immer alles nach den alten Mustern. Die Einführung von Bachelorstudien könnte
hier eine Verbesserung bringen, weil dadurch vielen die Angst vor langen Technikstudien genommen werde.
Ein Vergleich von Akademikerquoten verschiedener Länder sei problematisch, so Hahn, weil Ausbildungen, die
in Österreich nicht zum tertiären Sektor zählten - HTL und Kindergartenpädagogik etwa - anderswo
als akademisch gelten. Als Voraussetzungen für eine Steigerung der Akademikerquote in Österreich nannte
der Minister eine größere Zahl an Maturanten und die Definition von Ausbildungen als tertiär, die
bisher nicht zum tertiären Sektor zählten.
Bundesminister Hahn beantwortete damit die zahlreichen Detailfragen der Abgeordneten Andrea Kuntzl, Elmar Mayer,
Heidrun Silhavy, Laura Rudas, Sabine Oberhauser, Elisabeth Hakel, Christine Muttonen (alle S), Beatrix Karl, Karin
Hakl, Martin Bartenstein (alle V), Walter Rosenkranz, Andreas Karlsböck, Anneliese Kitzmüller, Gerhard
Deimek, Gerhard Kurzmann (alle F), Rainer Widmann, Robert Lugar, Kurt List (alle B), Kurt Grünewald, Ruperta
Lichtenecker und Wolfgang Zinggl (alle G). |