Budgetdefizit: Regierung kündigt Korrektur ab 2012 an
Wien (pk) - Finanzminister Josef Pröll hat dem Nationalrat kürzlich das Österreichische
Stabilitätsprogramm für die Jahre 2008 bis 2013 ( III-52 d.B.) vorgelegt und betont darin einmal mehr
den Grundsatz einer nachhaltigen Budget- und Finanzpolitik, die auf konjunkturelle Schwächen reagiert und
zugleich auf eine ausgeglichene Bilanz über den Konjunkturzyklus hinweg zielt. Ausgeglichener Haushalt über
den Konjunkturzyklus, Investitionen in F&E, Infrastruktur und Bildung, Sicherung des Sozialsystems und Strukturreformen
in der öffentlichen Verwaltung lauten die Stichworte der weiterhin gültigen 3 Säulen-Strategie der
Bundesregierung in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Um eine länger dauernde Überschreitung der Maastricht-Grenze
von 3 % für das öffentliche Defizit zu vermeiden, "wird die Regierung alle notwendigen Maßnahmen
treffen, um bis 2012 eine Korrektur vorzunehmen", heißt es im aktuellen Stabilitätsprogramm.
Österreichs mittelfristige Finanz- und Wirtschaftspolitik
Auf der Grundlage von Daten der Statistik Austria für 2008 und Prognosen des BMF und WIFO fasst die Bundesregierung
zunächst die dramatischen globalen ökonomischen Ereignisse und Entwicklungen zusammen, die dazu führten,
dass die seit 2005 dauernde Phase von BIP-Wachstumsraten knapp unter 3 % im 1. Quartal 2008 endete und trotz eines
starken ersten Halbjahres 2008 ein Wachstumseinbruch von minus 1,8 % eintrat. Vom internationalen Konjunkturabschwung
besonders schwer getroffen wurde die heimische Exportwirtschaft. Wegen Auftragsrückgängen, sinkender
Kapazitätsauslastung und verhaltener Kreditvergabe der Banken ließen die Investition deutlich nach.
Dennoch lag Österreich - wie in den vergangenen Jahren - auch 2008 wirtschaftlich besser als die Eurozone
und als der wichtigste Handelspartner Deutschland.
Nach einem merklichen Anstieg der Inflation bis Mitte 2008 mit einem Höhepunkt im Juni (3,9 %) ging die Teuerungsrate
ab Oktober deutlich zurück. Nachdem die Arbeitslosigkeit noch bis in das 3. Quartal 2008 zurückgegangen
war, drehte sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt im November 2008. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Dezember
2008 nur mehr um 0,8 %. Im Jahresdurchschnitt betrug die Arbeitslosenquote laut Eurostat 3,8 % und 5,8 % nach heimischer
Berechnungsmethode. Zur Jahreswende 2008/2009 verschlechterten sich Beschäftigung und Arbeitslosigkeit deutlich
weiter.
Die Finanzmarktkrise hatte sich im September 2008 durch die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers weiter
verschärft, die Liquidität auf den Märkten trocknete aus und der Zinsspread Österreichs gegenüber
Deutschland nahm zu, weil Investoren in unsicheren Zeiten in liquide deutsche Anleihen flüchten. Zudem sensibilisierte
die Lehman-Insolvenz die Märkte für das Engagement österreichischer Unternehmen in Zentral- und
Osteuropa, was den Spread zu Deutschland weiter erhöhte.
Nach einem Rekordhoch der Wiener Börse im Juli 2007 kam es seit Anfang 2008 zu deutlichen Kursrückgängen,
die Marktkapitalisierung sank auf das Niveau von 2004. Der ATX ging 2008 um 60 % zurück, die Umsätze
inländischer Aktien um 20 %.
2009 erleben Österreich und ein Großteil der europäischen Staaten eine Rezession. Das BIP wird
real um 2,2 % abnehmen. Besonders stark wird der Rückgang der Exporte ausfallen, die erstmals seit 1993 um
5,6 % zurückgehen werden. Bruttoanlageinvestitionen (minus 5,1 %) und Ausrüstungen (minus 10%) schrumpfen
wegen der verschärften Kreditbedingungen und der niedrigen Kapazitätsauslastung. Die notwendigen Impulse
zur Belebung der Wirtschaft kommen vom Teuerungsausgleich aus dem Jahr 2008, den beiden Konjunkturpaketen, den
guten Lohnabschlüssen für 2009 und von der Verlangsamung des Preisauftriebs. Für 2010 erwartet das
WIFO eine leichte Erholung der österreichischen Wirtschaft mit einem BIP-Wachstum von 0,5%.
Anfang April 2009 arbeiteten österreichweit 47.158 Beschäftigte kurz. Im Mai 2009 wird mit weiteren 5.180
Kurzarbeitern gerechnet. Die Arbeitslosigkeit stieg im März um 60.671 (+28,8%) auf 271.127 (AMS-Definition).
Das WIFO rechnet für 2009/10 mit einer Arbeitslosenquote (laut Eurostat) von 5% bzw. 5,8%.
Die Inflation wird sich 2009 deutlich abschwächen, mit 0,6 % deutlich unter dem Niveau von 2008 und unter
dem Inflationsziel der EZB liegen und auch 2010 gering bleiben (1,1%). Mit einer Deflation wird nicht gerechnet.
Ausblick und Strategie der Bundesregierung bis 2013
Für das reale BIP-Wachstum wird für den Durchschnitt der Jahre 2009 bis 2013 ein Wert von 0,8 % prognostiziert.
2010 sollen die Exporte wieder an Stärke gewinnen, die Investitionen sollten sich erholen. Positive Impulse
werden auch vom privaten Konsum ausgehen. Die Inflation wird von 2009 an kontinuierlich ansteigen und bis 2013
wieder nahe dem EZB-Referenzwert von nahe unter 2 % liegen. Die Arbeitslosenquote wird laut Eurostat bis 2012 auf
6,3% steigen. Für 2013 wird eine Trendumkehr erwartet. Mit einem moderaten Beschäftigungswachstum wird
ab 2012 gerechnet.
Angesichts der Konjunkturschwäche 2009 und 2010 tritt die Bundesregierung für die Absicherung des Wirtschaftswachstums
und der Arbeitsplätze ein. Großvolumige Konjunkturpakete sowie eine Entlastung der Lohn- und Einkommensteuerzahler
und der Familien beleben Kaufkraft und Nachfrage 2009 und 2010. Dazu kommt die ebenfalls mit der Europäischen
Union abgestimmte Stützung des heimischen Kapitalmarktes. Mittelfristig stehen Standortsicherung, Vollbeschäftigung
und Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit sowie Rückkehr zur Budgetdisziplin im Vordergrund.
Im Sinne des Lissabon-Prozesses der EU werden für die Unternehmen Anreize zu Investitionen geschaffen, die
Infrastruktur ausgebaut und eine nachhaltige Umwelt-, Klimaschutz- und Landwirtschaftspolitik zur Sicherung der
Lebensqualität in Österreich forciert. Bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 20 % reduziert und
die Energieeffizienz um 20 % erhöht werden und der Gesamtanteil an erneuerbaren Energien in der EU auf 20
% steigen. Einer aktiven Standortpolitik und der Sicherung des österreichischen Wachstumspotenzials dienen
der Abbau von Wettbewerbsbeschränkungen beim Zugang zu den freien Berufen, bessere Wettbewerbsregeln, eine
aktive Außenhandelspolitik sowie eine Export- und Internationalisierungsoffensive zur Markterschließung
und für Investitionen in Märkte mit hohem Wachstumspotenzial.
Die Bundesregierung erleichtert durch ihre Arbeitsmarktpolitik die Schaffung von Arbeitsplätzen und fördert
die Beschäftigungsaufnahme und die Arbeitsmarkintegration zielgruppenorientiert (Jugendliche, ältere
Arbeitnehmer, gering Qualifizierte, Wiedereinsteiger, Menschen mit Behinderung, Migranten und Sozialhilfebezieher)
weiter.
Durch weitere Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Forschung sollen die Wohlstandsgrundlagen abgesichert
und der Jugend gute Startchancen in das Berufsleben geboten werden. Dies geht vom verpflichtenden (halbtags) kostenlosen,
letzten Kindergartenjahr über weitere Reformen im Schulbereich bis hin zur Stärkung der Fachhochschulen
und Universitäten. Die Forschungsquote soll bis 2010 auf 3 % des BIP angehoben werden und bis 2020 4 % erreichen.
Die Herstellung von Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern ist ein weiterer Schwerpunkt.
Schließlich bekennt sich die Regierung zu gesunden und stabilen Staatsfinanzen als Grundlage eines funktionsfähigen
Staates. Um über den Konjunkturzyklus einen ausgeglichenen Haushalt herzustellen, sind Konsolidierungsmaßnahmen
notwendig, hält die Bundesregierung fest und verweist auf die 200 Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform
und zum Bürokratieabbau. Diese Vorschläge bearbeitet eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Bundeskanzlers
und des Vizekanzlers mit folgenden Schwerpunkten: Senkung der Verwaltungskosten, Gesundheitswesen, Schulwesen und
Wissenschaft, effizientes Förderwesen, Pensionen und Personalpolitik des Bundes. Die Umsetzung der Vorschläge
soll sich in moderat wachsenden öffentlichen Ausgaben, mehr Wirkungsorientierung und höherer Effizienz
niederschlagen. So kann sowohl das Leistungsniveau der öffentlichen Verwaltung erhöht als auch die Budgetkonsolidierung
vorangetrieben werden, heißt es im Österreichischen Stabilitätsprogramm für die Jahre 2008
bis 2013. |