Wirtschaft schrumpft 2009 um 3 Prozent, damit weniger als im Euroraum
– Konsum dämpft Wirtschaftsrückgang trotz deutlich steigender Arbeitslosigkeit
Wien (ba) - „Der Bank Austria Konjunkturindikator hat im April mit einem Wert von minus 2,3 Punkten
einen neuen historischen Tiefststand erreicht. Der nur noch minimale Rückgang gegenüber dem Vormonat
weist dabei auf eine bevorstehende Stabilisierung des Indikators auf niedrigem Niveau hin“, meint der stellvertretende
Chefökonom der Bank Austria Stefan Bruckbauer. Diese Ansicht wird durch erste positive Signale bei einigen
Einzelkomponenten des Indikators unterstützt. Die Stimmung in der europäischen Industrie hat sich zu
Beginn des zweiten Quartals des laufenden Jahres ein wenig verbessert. Fast in allen Märkten, insbesondere
in den großen und für die österreichische Sachgütererzeugung bedeutungsvollen Abnehmerländern
wie Deutschland, Italien und Frankreich hat sich der seit einem Jahr andauernde Trend immer pessimistischerer Geschäftserwartungen
im April erstmals umgekehrt. Auch die heimischen Industrieunternehmen blicken nicht mehr ganz so negativ in die
eigene Zukunft. „Nach dem Anstieg des Bank Austria EinkaufsManagerIndex weist mit dem aktuellen Bank Austria Konjunkturindikator
unser zweiter wichtiger Vorlaufindikator darauf hin, dass sich die konjunkturelle Talfahrt einzubremsen beginnt.
Die nochmalige Verschlechterung der Stimmung der Konsumenten macht aber deutlich, dass die heimische Wirtschaft
noch einen langen Weg bis zu einer Bodenbildung vor sich hat“, sagt Bruckbauer.
Schwarzes 1. Quartal
Nach Ansicht der Ökonomen der Bank Austria hat die heimische Wirtschaftsleistung zu Jahresbeginn 2009
einen der bislang stärksten Rückgänge überhaupt verzeichnet. Ausschlaggebend dafür waren
die negative Entwicklung der Auslandsnachfrage und der Einbruch der Investitionstätigkeit. Aufgrund der anhaltenden
internationalen Nachfrageflaute sind die österreichischen Exporte im ersten Quartal saisonbereinigt um mehr
als 7 Prozent gegenüber dem Vorquartal gesunken. Da das Minus auf der Importseite geringer war, fiel der Beitrag
der Auslandsnachfrage für die heimische Wirtschaftsleistung negativ aus. Noch stärker haben zu Jahresbeginn
jedoch die Investitionen nach unten gezogen. Während das geringe Minus im Bauwesen den Rückgang der gesamten
Anlageinvestitionen dämpfte, wurden angesichts eines zweistelligen Produktionsrückgangs in der Investitionsgüterindustrie
die Ausrüstungsinvestitionen voraussichtlich massiv zurückgefahren. „Nach dem Rückgang des BIP um
0,2 Prozent im Schlussquartal 2008 ist die heimische Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2009 regelrecht eingebrochen.
Wir gehen von einem Minus zum Vorquartal von 1,6 Prozent bzw. annualisiert von sogar 6,4 Prozent aus“, so Bank
Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Als stabilisierender Faktor hat sich nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria zu Jahresbeginn
der Konsum erwiesen. Aufgrund eines beachtlichen realen Einkommensplus, das auch maßgeblich dem starken Inflationsrückgang
zu verdanken ist, und positiver Effekte durch die Steuerreform wird der private Konsum auch in den nächsten
Monaten stabil bleiben und daher den Rückgang der Wirtschaftsleistung weiterhin mildern. „Aufgrund des starken
Beschäftigungsabbaus und vice versa des deutlichen Anstiegs der Arbeitslosenquote, die von 5,8 Prozent im
Vorjahr nach unserer Einschätzung 2010 auf sogar 9 Prozent zunehmen wird, kann der private Konsum die bisherige
Funktion als konjunktureller Stabilisator in den kommenden Monaten nur noch eingeschränkter einnehmen“, meint
Pudschedl. Insgesamt gilt, dass der Konsum zwar vorläufig hilft die Stärke des Einbruchs zu mildern,
je länger der Konjunkturrückgang jedoch dauert und damit die negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
steigen, umso größer wird das Risiko, dass auch der private Konsum die heimische Wirtschaft nicht mehr
stützen kann.
Österreich mit günstigerem Konjunkturverlauf
Die jüngsten Daten und auch der aktuelle Konjunkturindikator der Bank Austria unterstützen die
Meinung, dass die österreichische Wirtschaft derzeit von der Phase einer drastischen Talfahrt in eine Periode
eines deutlich gemilderten Abschwungs übergeht. In den kommenden Quartalen des laufenden Jahres wird die heimische
Wirtschaft dennoch schrumpfen, wenn auch mit deutlich verminderter Schärfe. Erst zum Jahreswechsel 2009/2010
kann nach erfolgter Bodenbildung mit einer beginnenden Konjunkturerholung gerechnet werden, die aufgrund der anhaltenden
Zurückhaltung der globalen Nachfrage jedoch auch mittelfristig nur bescheiden ausfallen wird.
„Für das Jahr 2009 haben wir nach dem deutlichen Einbruch zu Jahresbeginn und des nur zäh auslaufenden
Abwärtstrends unsere Annahme eines BIP-Rückgangs von 2,2 auf nunmehr 3 Prozent angehoben“, fasst Bruckbauer
die neue Prognose der Bank Austria zusammen. Der Rückgang der Wirtschaftsleistung wird in Österreich
damit jedoch erheblich geringer ausfallen als etwa in Deutschland. Anders als in Deutschland war das Wachstum in
Österreich im vergangenen Aufschwung nicht in erster Linie vom Außenhandel sondern vom Konsum und den
Investitionen getragen. In Deutschland lieferte der Konsum keinen Wachstumsbeitrag. Dies war auch auf die deutlich
schwächere Einkommensentwicklung in Deutschland zurückzuführen, wo die Arbeitnehmerentgelte mit
rund 8 Prozent seit 2003 deutlich schwächer gewachsen sind als in Österreich mit 21 Prozent. Dementsprechend,
so die Erwartung der Bank Austria Ökonomen, wird der Einbruch der Weltwirtschaft nun auch in Österreich
nicht so dramatisch auf das BIP Wachstum durchschlagen wie in Deutschland. Die Entwicklung seit Jahresbeginn scheint
dies zu bestätigen, obwohl der Export in Österreich bisher genau so stark wie in Deutschland eingebrochen
ist, verlief der Rückgang der Industrieproduktion geringer als in Deutschland. Auch der Einzelhandel konnte
sich bisher in Österreich besser als in Deutschland entwickeln. „Obwohl wir bereits sehr früh gesehen
haben, dass sich Österreich dem globalen Abschwung nicht entziehen kann, erwarten wir nun, dass Österreichs
Wirtschaft trotz des gleichen brutalen Einbruchs der Exporte wie in Deutschland nicht so stark schrumpfen wird.
Unsere Hoffung beruht dabei auf der Inlandsnachfrage, die durch eine mehr als doppelt so starke Einkommensentwicklung
im vergangenen Aufschwung im Vergleich zu Deutschland gestützt werden sollte“, so Bruckbauer. |