Budgetausschuss analysiert die Justizbudgets 2009 und 2010
Wien (pk) - Im Unterausschuss des Budgetausschusses unterzogen die Abgeordneten die Bundesvoranschläge
2009 und 2010 für das Justizressort am 12.05. einer kritischen Überprüfung. In der Debatte ging
es aber nicht allein um budgetäre Maßnahmen wobei die Justizministerin die Sparmaßnahmen in
ihrem Ressort unter Hinweis auf die angespannte Wirtschaftslage verteidigte -, sondern auch um justizpolitische
Fragen.
So fragte Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) nach Begründungen für geplante Änderungen in der Schwurgerichtsbarkeit,
bei unterschiedlich starken Erhöhungen von Geldstrafen und bei Wertgrenzen in Mahnverfahren und Gebühren.
Mit den Änderungen in der Schwurgerichtsbarkeit würden langjährige Wünsche aufgegriffen, erfuhr
Fichtenbauer von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, die von Fichtenbauer befürchtete "Aushöhlung
der Schwurgerichtsbarkeit" würde es dadurch nicht geben. Bei den Strafgeldern sei die letzte Erhöhung
1987 vorgenommen worden, Österreich liege damit im internationalen Vergleich relativ niedrig. Die Änderungen
im Mahnverfahren etwa die Zustellung mittels RsB statt RsA kämen sowohl den BürgerInnen als auch
der Justiz zugute. Generell trat die Ministerin dafür ein, bei Gerichtsgebühren nach dem Verursacherprinzip
vorzugehen: Wer Leistungen der Justiz in Anspruch nehme, solle auch dafür zahlen; wer sich dies nicht leisten
könne, für den gebe es eine Verfahrenshilfe, Gerichtsgebühren fielen für diese Personen nicht
an.
Aus der Fraktion der Sozialdemokraten kamen Fragen zu einer Personalreduktion um 169 Personen in den nächsten
vier Jahren, zur Einbindung von Neustart in die Opferhilfe und zum Thema Jugendgerichtsbarkeit (Abgeordneter Johannes
Jarolim); dieses Thema wurde auch von G-Abgeordnetem Wolfgang Zinggl angesprochen. Weitere Fragen betrafen mögliche
Unklarheiten im Mietrecht nach dem jüngsten OGH-Urteil im Zusammenhang mit Heizthermen (Abgeordnete Ruth Becher),
das Thema Kinder- und Frauenhandel (Abgeordnete Gabriele Binder-Maier), Einsparungen bei der Justizwache (Abgeordneter
Otto Pendl), sowie das Thema Sachwalterschaft (Abgeordneter Ewald Sacher).
Die Personalreduktion werde sich im laufenden Jahr überhaupt nicht und in den kommenden vier Jahren im Promillebereich
auswirken, hielt Ministerin Bandion-Ortner fest; eine "qualitätsvolle Justiz" werde erhalten bleiben,
was auch durch massive Entlastungen erreicht werde. Die Einbindung der Bewährungshilfe/Neustart in die Opferhilfe
sei 2007 aufgegeben worden, weil man Kollisionen befürchtet habe, es gebe aber Überlegungen einer Einbeziehung.
Die Ministerin wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass Neustart über 8.000 Personen in ganz Österreich
betreue. Die Zahl der Opferschutzeinrichtungen bezifferte Bandion-Ortner mit 49. Im Mietrecht gebe es tatsächlich
Klärungs- und Handlungsbedarf, räumte die Justizministerin ein. Zum Frauenhandel erinnerte sie an eine
im Innenministerium eingerichtete Task-Force. In den Justizanstalten würde mehr Raum gebraucht; oberste Priorität
sei Sicherheit. Es gelte daher Ausschau nach Entlastungsmöglichkeiten zu halten. So sei sie im Gespräch
mit Gesundheitsminister Stöger bezüglich einer Einbeziehung von Häftlingen in die gesetzliche Krankenversicherung.
- Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) wies in diesem Zusammenhang auf eine in die gegenteilige Richtung weisende
Anfragebeantwortung durch Ministerin Bandion-Ortner hin. - Entlastung erwartet die Ministerin auch von der Justizbetreuungsagentur.
Auch im Zusammenhang mit der Sachwalterschaft verwies Bandion-Ortner auf das Verursacherprinzip, zumal nicht alle
besachwalteten Personen arm seien. Jugendgerichtsbarkeit und Strafvollzug für Jugendliche funktionierten in
Österreich, das Projekt Baumgasse stehe "nicht ganz oben auf der Prioritätenliste" und die
konkrete Form ob mit oder ohne Gericht würde diskutiert.
Seitens des BZÖ fragte Abgeordneter Ewald Stadler nach dem zu erwartenden Stellenabbau bei Richtern und Staatsanwälten,
nach zusätzlichen Planstellen für die Korruptions-Staatsanwaltschaft, er trat für eine generelle
Unterhaltsbevorschussung ein und fragte nach strengeren Strafen für Finanzberater und so genannte Finanzhaie.
Sein Fraktionskollege Herbert Scheibner wollte hören, ob es hinsichtlich Personal im Justizressort einen Ist-Soll-Vergleich
gebe und erfuhr auf seine Frage, ob die Ministerin einen Personalabbau bei der Justizwache ausschließen könne,
sie könne "gar nichts ausschließen".
Durch die Schiedsstellen sah Claudia Bandion-Ortner Entlastungspotenzial gegeben, weil dadurch manches im Vorfeld
abgehandelt werden könne. Konkrete Zahlen bezüglich Abbau bei Richtern und Staatsanwälten könne
sie nicht sagen; Entlastungen erwartete sie nicht zuletzt durch den Einsatz moderner Technologien. Die Frage des
Unterhaltsvorschusses sei eine der Grundsicherung; die staatliche Bevorschussung setze aber auf einen tatsächlich
gegebenen Anspruch auf. Die so genannten Finanzhaie fielen in den Zuständigkeitsbereich des Finanzressorts.
Bandion-Ortner warnte davor, "unsere Justiz totzujammern" im Gegenteil sei sie nach einem Bericht des
Europarats an der Spitze mit kurzen und günstigen Verfahren, beim Opferschutz und auf dem Gebiet des elektronischen
Rechtsverkehrs. Einen Soll-Ist-Vergleich gebe es, ein Personalanforderungssystem werde im Herbst vorliegen
ÖVP-Justizsprecher Heribert Donnerbauer meinte, er wolle die Debatte "zum Budget zurück führen
und verwies auf die Steigerungen in den Voranschlägen von Jahr zu Jahr; es gebe eine deutliche Steigerung
trotz wirtschaftlich angespannter Situation.
Für das Jahr 2009 sind Ausgaben in Höhe von rund 1,173 Mrd. und Einnahmen von 792,6 Mio. veranschlagt.
Für 2010 werden die Ausgaben mit 1,167 Mrd. und die Einnahmen mit 796,3 Mio. angenommen. Von den Ausgaben
entfallen 2009 rund 560 Mio. auf Personal- und rund 593 Mio. auf Sachaufwendungen. Im Jahr 2010 werden die
Personalaufwendungen mit 565 Mio. und der Sachaufwand mit rund 581 Mio. geschätzt.
Abgeordneter Donnerbauer (V) fragte nach den Einsparungen durch das Budgetbegleitgesetz, durch die erweiterten
Arbeitsmöglichkeiten für Rechtspfleger, durch das Justizentlastungspaket bzw. Entlastung im Zusammenhang
mit ausländischen Rechtsbrechern und wollte schließlich wissen, ob mit der elektronischen Fußfessel
Einsparungsmöglichkeiten verbunden sein könnten. Donnerbauers Fraktionskollegin Abgeordnete Anna Franz
fragte nach der Justizbetreuungsagentur.
Die Quantifizierung des Spareffekts einzelner Maßnahmen sei schwierig, zumal es sich oft um Umschichtungen
handle, antwortete die Justizministerin. Bezüglich der Fußfessel zeigte sie sich skeptisch: Zum einen
gebe es technische Probleme, zum anderen sei der Kosten-Nutzen-Vergleich nicht ermutigend. Die Justizbetreuungsagentur
habe die Arbeit aufgenommen, die Agentur werde sich bewähren und eventuell auch Aufgaben im Zusammenhang mit
Kindern bei Gericht übernehmen, sagte Bandion-Ortner.
Auch die Anfragen der Grünen bezogen sich auf das Thema Personaleinsparungen. Abgeordneter Albert Steinhauser
sprach von 440 fehlenden Planposten, wollte Informationen über das Einsparungspotenzial des Justizentlastungspakets
und über die Zielsetzung bei der Gerichtsgebührenerhöhung: Stünde dabei eher der Finanzeffekt
oder ein Lenkungseffekt im Vordergrund? Und sei es richtig, dass Anträge an die Opferhilfe nicht mehr möglich
seien?
Bandion-Ortner zeigte sich stolz darüber, gegenüber den ursprünglichen Sparvorhaben viel herausgeholt
zu haben: "Mehr war absolut nicht möglich!" Daher müsse man auf die Entlastung von Aufgaben
setzen. Es gehe dabei stets darum, die Qualität der Justiz zu erhalten. Bezüglich der Opferhilfe seien
Befürchtungen unangebracht; im laufenden Jahr seien sogar 10 % mehr budgetiert, sagte die Justizministerin.
Dem Abgeordneten Gerhard Köfer (S) versicherte die Ministerin, dass derzeit keine Schließungen oder
Zusammenlegungen von Bezirksgerichten geplant seien, meinte allerdings, ausschließen könne sie für
die Zukunft nichts.
Den Strafvollzug bei ausländischen Häftlingen in deren Herkunftsland bezeichnete Bandion-Ortner dem Abgeordneten
Herbert Scheibner (B) gegenüber als wesentliches Anliegen. Diese Maßnahme, die derzeit an die Zustimmung
des Betroffenen geknüpft ist, erlaube eine bessere Resozialisierung und entlaste die österreichischen
Justizanstalten. Die Ministerin erwartete für 2011 eine einheitliche Regelung in der Europäischen Union,
die dann nicht mehr auf die Zustimmung des Häftlings abstellen werde.
Das Haftentlassungspaket, das ebenfalls vom Abgeordneten Scheibner angesprochen wurde, hat, wie Bandion-Ortner
mitteilte, zu einem Sinken der Häftlingszahlen geführt, eine Evaluierung werde im kommenden September
stattfinden. Weitergehende Haftentlassungsmöglichkeiten seien derzeit nicht vorgesehen.
Die vom Abgeordneten Albert Steinhauser (G) kritisierten Budgetkürzungen bei der Bewährungshilfe begründete
die Justizministerin mit der Notwendigkeit von Einsparungen bei den Ermessensausgaben. Sie werde aber alles daran
setzen, dass die Bewährungshilfe weiter funktioniert, versicherte sie, und kündigte Gespräche mit
den Vertretern des Vereins "Neustart" an. |