Direktinvestoren halten an ihren Beteiligungen fest   

erstellt am
13. 05. 09

Kein Abverkauf trotz Krise
Wien (oenb) - Robuster als erwartet entwickelten sich im Jahr 2008 die Direktinvestitionen. Gegenüber dem Ausnahmejahr 2007 sanken die Investitionen Österreichs im Ausland nur um 20% und erreichten 19,3 Mrd Euro. Selbst im vierten Quartal wurde weiter investiert und die Kreditgewährung an Konzernfirmen ausgeweitet. Auf weniger als die Hälfte des Vorjahreswertes sanken dagegen die Direktinvestitionen des Auslands in Österreich, mit 9,3 Mrd Euro wurde aber immer noch der zweithöchste Wert aller Zeiten erreicht. Bei der Finanzierung durch Konzernkredite trat Mitte des Jahres allerdings eine Wende ein – statt weiter Kapital zuzuführen wurden die Kreditlinien in der zweiten Jahreshälfte gekürzt. Auf der Aktivseite erfolgte mehr als die Hälfte der Direktinvestitionen in die zentral-, ost- und südosteuropäischen Länder (Ukraine, Ungarn, Russland und Bulgarien), auf der Passivseite wurden Desinvestitionen aus den USA, der Schweiz, Irland und Luxemburg durch Zuflüsse aus Italien, Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden mehr als kompensiert.

Die strategischen Investitionen inländischer Investoren in ausländische Unternehmen, also die aktiven Direktinvestitionen, erreichten 2008 einen Wert von 19,7 Mrd Euro, das sind nur 20% weniger als im Ausnahmejahr 2007 und der zweithöchste jemals erzielte Wert. Zieht man von diesem Betrag den Kauf privater Liegenschaften im Ausland (136 Mio Euro) und die Aktivitäten sogenannter „Special Purpose Entities“ – ausländische Holdinggesellschaften ohne wirtschaftliche Aktivität in Österreich – ab, so bleiben 19,3 Mrd Euro an Direktinvestitionen im engeren Sinne. Davon entfielen 11,4 Mrd Euro auf den Eigenkapitalerwerb und 3,8 Mrd Euro auf reinvestierte Gewinne, während die konzerninternen Forderungen um 4,0 Mrd Euro zunahmen. Trotz der Finanzkrise hat die Investitionstätigkeit im Jahresverlauf kaum nachgelassen. Dass die österreichischen Investoren selbst im vierten Quartal die Gewährung von Krediten an ihre Töchter ausgeweitet haben, spricht dafür, dass sie an die wirtschaftliche Zukunft ihrer Beteiligungen glauben.

Die regionale Streuung der aktiven Direktinvestitionen im Jahr 2008 war besonders breit: wichtigstes Zielland war Deutschland mit Rekordinvestitionen von 2,2 Mrd Euro. Nahezu gleichauf und ebenfalls mit Rekordinvestitionen liegt die Ukraine an zweiter Stelle, gefolgt von Ungarn und Russland mit jeweils 1,4 Mrd Euro an Direktinvestitionen. Auch für die Niederlande verzeichnete die Kapitalbilanz mit 1,2 Mrd Euro einen historischen Höchstwert an Neuinvestitionen. Auf den Plätzen 6 bis 8 liegen Bulgarien, die Tschechische Republik und Rumänien mit Investitionen von 0,9 bis 1,0 Mrd Euro. Weitere Zielländer mit mehr als 500 Mio an investiertem Kapital waren Belgien, Kroatien, die Türkei, Kasachstan, Zypern und Italien. Mit einem Anteil von 90% der Investitionen in Europa und einem Anteil von 52% für die Länder Zentral-, Ost- und Südosteuropas bleiben die heimischen Investoren aber letztlich dem Investitionsmuster der letzten Jahrzehnte treu.

Neben dem im Vordergrund stehenden Finanzsektor – mit Investitionen und Desinvestitionen – sind im Berichtsjahr Immobilieninvestoren und der Telekomsektor hervorzuheben. Auch der Erwerb der ungarischen Güterbahn wurde im Jahr 2008 statistisch erfasst.

Die breite Streuung der aktiven Direktinvestitionen wird auch durch die Zahl von rund 500 einzeln gemeldeten Investitionsprojekte von mehr als 1 Mio Euro unterstrichen, während die Zahl der Großprojekte mit Eigenkapitalinvestitionen von mehr als 100 Millionen Euro gegenüber 2007 von 50 auf 20 gesunken ist.

Ausländische Unternehmenseigner investierten 2008 netto 9,3 Mrd Euro in ihre österreichischen Beteiligungen, womit die aktiven Direktinvestitionen die passiven deutlich überstiegen. Obwohl sich die passiven Direktinvestitionen gegenüber dem Ausnahmejahr 2007 auf weniger als die Hälfte gesunken sind, markiert das Ergebnis des Berichtsjahres immer noch das zweitstärkste Jahr. Marginalen Eigenkapitalabzügen von 0,4 Mrd Euro stand eine Zufuhr an Eigenkapital von 6,6 Mrd Euro gegenüber. Die vorläufigen Schätzungen für die reinvestierten Gewinne ergeben einen Kapitalzuwachs von 3,8 Mrd Euro. Reduziert hat sich das Ausmaß der Finanzierung durch konzerninterne Kredite. Während im ersten Halbjahr 2008 noch 1,5 Mrd an Krediten zugeflossen waren haben die ausländischen Muttergesellschaften im zweiten Halbjahr die Kreditlinien ihrer österreichischen Töchter um 2,2 Mrd Euro reduziert. In einem größeren Fall handelt es sich dabei um die Umwandlung von Krediten in Eigenkapital.

Das Geschehen bei den passiven Direktinvestitionen war wie immer deutlich stärker regional konzentriert als bei den aktiven Direktinvestitionen. Aus vier Ländern, nämlich den USA, Irland, der Schweiz und Luxemburg, wurden zwischen 1 und 1,5 Mrd Euro an Kapital abgezogen. Dem standen Zuflüsse aus Italien (+3,8 Mrd Euro), Großbritannien (+3,1 Mrd Euro), Deutschland (+2,8 Mrd Euro) und den Niederlanden (+2,3 Mrd Euro) gegenüber, womit der Abfluss weit übertroffen wurde.

Zum Teil handelt es sich bei diesen Vorgängen um bloße Verschiebungen im Zuge finanzieller Restrukturierungen multinationaler Konzerne, die in Österreich regionale Zentren unterhalten, zum Teil nutzten aber auch liquide Investoren die niedrigen Aktienkurse um strategische Anteile an österreichischen Unternehmen zu erwerben.
     
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