Bozen (lpa) - Ein klares Bekenntnis zur Autonomie gab’s am 20.05. von Landeshauptmann Luis Durnwalder und
einer Abordnung der Landesregierung. Grund für das Bekenntnis ist die Verschlechterung des ethnischen Klimas
in Südtirol in den letzten Wochen. Dieser Verschlechterung will man entgegenwirken, vor allem durch den Kampf
gegen Extremismen egal auf welcher Seite.
Mit seinen Stellvertretern Hans Berger und Christian Tommasini sowie den Landesräten Florian Mussner und Richard
Theiner hat sich Landeshauptmann Durnwalder heute den Medien gestellt, um zu den zentralen Themen Stellung zu nehmen,
die in den letzten Wochen für eine Vergiftung des Klimas zwischen den Volksgruppen in Südtirol gesorgt
haben. Vorneweg gab's ein klares Bekenntnis Durnwalders: "Wir werden", so der Landeshauptmann, "auch
weiterhin auf dem Boden des Pakets arbeiten und uns für die Autonomie einsetzen, die allen in Südtirol
lebenden Sprachgruppen Vorteile bringt." Dieses Engagement brauche es nicht nur von Seiten der Landesregierung.
"Vielmehr muss jeder Einzelne fühlen, dass auch er eine Verantwortung dafür trägt, dass das
friedliche Zusammenleben in unserem Land funktioniert", so Durnwalder.
Er habe feststellen müssen, erklärte der Landeshauptmann, dass statt dieses gemeinsamen Einsatzes in
den letzten Wochen sehr häufig mit dem Feuer gespielt worden sei - vor allem von Kreisen, die im politischen
Spektrum rechtsaußen anzusiedeln sind. "Wir müssen, was den Rechtsextremismus betrifft, als Minderheit
besonders hellhörig sein, auch weil es für uns keinen Grund gibt, einer solchen Ideologie anzuhängen",
so Durnwalder. Der italienische Faschismus habe versucht, die Identität der Südtiroler auszulöschen,
der Nationalsozialismus wollte ihnen ihre Heimat nehmen. "Dies müssen wir vor allem den jungen Menschen
klar machen und klar gegen jene auftreten, die diese Regime verharmlosen oder gar verherrlichen", erklärte
der Landeshauptmann.
In seinen Ausführungen ging Durnwalder danach auf eine Reihe zentraler Streitthemen der letzten Wochen ein,
etwa auf die faschistischen Relikte in Südtirol. "Diese haben in dieser Form in unserer Zeit nichts mehr
zu suchen, sie müssen stattdessen interpretiert und erläutert werden", so der Landeshauptmann. Für
das Mussolinirelief am Sitz der Bozner Finanzämter wiederholte Durnwalder seinen Vorschlag, dieses abzuhängen
und in einem Museum auszustellen. Das Alpini-Denkmal in Bruneck solle dagegen auf einem Kasernenareal Platz finden,
bevor sich alle drei Volksgruppen damit befassen sollten, den Alpini ein Denkmal zu schaffen, das deren internationalen
Einsatz für den Frieden und den Zivilschutz unterstreiche. An Beinhäusern und Siegesdenkmal sollten schließlich
erklärende Tafeln angebracht werden. "Die jährlichen Kranzniederlegungen an diesen Orten sind zu
unterlassen, weil sie lediglich ein Zeichen dafür sind, dass der alte Geist aus manchen Köpfen noch nicht
verschwunden ist", erklärte der Landeshauptmann.
In Sachen Selbstbestimmung betonte Durnwalder, dass das Recht darauf jedem Volk zustehe. "Sie jetzt aber zu
verlangen, wäre nicht im Sinne der Autonomie", so der Landeshauptmann. Vielmehr werde man sie dann einfordern,
wenn der Staat die Vertragsbedingungen breche, auf denen der Schutz der Minderheiten in Südtirol fußt.
"Und es besteht derzeit nicht der geringste Zweifel daran, dass Italien diese Bedingungen einhält",
so Durnwalder, der sich allerdings auch die stetigen Provokationen aus Rom verbat: "Wer in Rom davon spricht,
man müsse Südtirol die Privilegien nehmen und es mit anderen Regionen gleichsetzen, der verwechselt Privilegien
und verbriefte Rechte."
Als völlig unrealistisch hat der Landeshauptmann heute auch die Forderungen nach einem eigenen Südtiroler
Olympischen Komitee abgetan. "Es gibt keinen Staat, der einer Region ein eigenes Olympisches Komitee zugesteht,
und auch das IOC würde ein solches nie anerkennen", betonte Durnwalder.
Noch einmal unterstrichen hat der Landeshauptmann heute auch seine Haltung in Sachen Landeshymne. "Wir werden
diese weiter bei den passenden Gelegenheiten spielen und singen, dazu braucht es sicher keine gesetzliche Verankerung",
so Durnwalder, der zudem betonte, dass keiner Volksgruppe eine Hymne aufoktroyiert werden dürfe. "Jeder
soll weiter die Hymne singen oder spielen, die er sich wünscht."
Für wenig zielführend hält der Landeshauptmann auch die Protestmärsche, etwa jene der Schützen.
"Selbstverständlich steht es jedem frei, seine Meinung frei zu äußern, doch nützt es
niemandem, wenn man versucht, sich mit populistischen Slogans gegenseitig zu übertrumpfen", so Durnwalder.
Man werde weder den Abbruch oder die Entschärfung der faschistischen Relikte noch die Begnadigung der Südtiroler
Attentäter erreichen, wenn man dafür auf die Straße gehe. "Solche Ziele kann man nur erreichen,
wenn man den Dialog sucht", betonte der Landeshauptmann.
Stellung genommen hat Durnwalder auch zum neuen Layout der Diplome von Südtiroler Schulen. "Es besteht
kein Zweifel, dass die neue Grafik rechtlich völlig in Ordnung ist, ob die Streichung des Staatswappens zu
diesem Zeitpunkt aber opportun war, ist eine andere Frage", so der Landeshauptmann, der vorweggenommen hat,
dass sich die Landesregierung am Montag noch einmal mit der Frage befassen werde.
Einen ganzen Katalog an Möglichkeiten, das Zusammenleben zu verbessern, hat Durnwalder ans Ende seiner Ausführungen
gestellt. So plädierte er für eine bessere Vermittlung der geschichtlichen Grundlagen unseres Landes
an den Schulen, für eine Förderung der Sprachkenntnisse ("Wir werden neue Wege suchen") und
für einen verstärkten Austausch zwischen den Sprachgruppen. Zudem begrüßte der Landeshauptmann
den Vorstoß von Innenminister Roberto Maroni, einen Runden Tisch zum Zusammenleben in Südtirol einzurichten.
"Diese Initiative ist besonders deshalb wichtig, weil es derzeit mehr denn je ein Bindeglied zwischen Südtirol
und der Regierung in Rom braucht", so Durnwalder, der allerdings auch die umgehende Einsetzung der 137er,
Sechser- und Zwölferkommission gefordert hat. "Und wir sollten darüber hinaus den Versuch wagen,
einen Runden Tisch zum Zusammenleben auch im Lande selbst einzurichten: das kann zu nichts führen, allerdings
halten wir damit zumindest den Dialog im Gange", so der Landeshauptmann.
Der italienische Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Tommasini betonte heute, dass man alles daran setzen
müsse, das Land im Rahmen der Autonomie so zu entwickeln, dass sich darin alle wohl und zuhause fühlten.
Auch er betonte die Bedeutung von Sprach- und Geschichtsunterricht. "Unser aller Einsatz muss der Isolierung
der Extremisten auf allen Seiten gelten", so Tommasini. Zur Vorsicht mit populistischen Forderungen rief auch
Landeshauptmann-Stellvertreter Hans Berger auf: "Wir müssen auf dem Boden der Tatsachen bleiben und wer
einen autonomen Staat Südtirol fordert, sollte sich bewusst sein, dass die Zeit der Fürstentümer
in Europa vorbei ist", so Berger. Zudem müsse sich jeder die tatsächliche Bedeutung Südtirols
vor Augen halten: "Man darf die Maßstäbe nicht aus den Augen verlieren und muss sich bewusst sein,
wie klein Südtirol in Europa ist." |